ist, dann ist er zu weit vom Markt entfernt. Ich glaube nicht, dass es dort eine Eisenbahnverbindung gibt.«
»Warten Sie, bis wir nach dem Pajaro-Tal kommen«, sagte er, als sie Gilroy passiert hatten und sich lärmend Sargent näherten. »Ich werde Ihnen zeigen, was aus dem Boden gemacht werden kann – und zwar nicht von Leuten, die landwirtschaftliche Hochschulen besucht haben, sondern von Ausländern ohne die geringste Vorbildung, Leuten, wie die großmächtigen Amerikaner sie immer verspotteten. Jetzt will ich es Ihnen zeigen. Es ist etwas vom Merkwürdigsten, was man im Staate sehen kann.«
Bei Sargent verließ er sie einen Augenblick, um einige Geschäfte zu erledigen.
»O je, das ist doch anders, als zu marschieren!« sagte Billy. »Es ist noch früh am Tage, und wenn er uns absetzt, sind wir noch frisch und können gut ein paar Meilen zu Fuß laufen. Aber deshalb glaube ich doch, dass ich bei Pferden bleiben werde, wenn wir erst festen Boden unter den Füßen und uns ein bisschen zurückgelegt haben. Pferde sind das Beste für mich.«
»So eine Maschine ist nur gut, wenn man schnell irgendwohin fahren muss«, gab Saxon zu. »Selbstverständlich, wenn wir reich würden, sehr reich –«
»Weißt du, Saxon«, fiel Billy ihr ins Wort, als wäre ihm gerade etwas eingefallen. »Eines habe ich doch gelernt. Ich habe keine Angst mehr, dass ich der Arbeit auf dem Lande nicht gewachsen wäre. Anfangs hatte ich sie, wenn ich dir auch nichts davon erzählte. Aber ich hatte eine Todesangst, als wir bei San Leandro abstiegen. Und jetzt habe ich schon zwei Angebote – von Frau Mortimer und von Benson – für wirklich gute feste Arbeit. Ja, man kann schon Arbeit auf dem Lande kriegen.«
»Nun«, berichtigte Saxon mit einem stolzen kleinen Lächeln, »das stimmt doch nicht ganz. Nur gute Leute bekommen Arbeit auf dem Lande. Die großen Bauern nehmen wohl niemand aus Wohltätigkeit.«
»Nein, natürlich nicht! Zu ihrem Vergnügen betreiben sie ja auch keine Landwirtschaft«, lachte er.
»Und sie sind ganz versessen auf dich. Das kommt, weil du ein guter Mann bist. Das können sie mit einem halben Auge sehen, und – denk nur an all die Vagabunden, die wir unterwegs treffen, und die Arbeit suchen! Nicht einer von ihnen konnte sich mit dir vergleichen. Ich habe sie alle gemustert. Sie sind schwach – schwach im Körper und im Kopfe – schwach in jeder Beziehung.«
»Ja, es ist eine elende Gesellschaft«, pflichtete Billy ihr bescheiden bei.
»Es ist nicht die richtige Jahreszeit, um sich das Pajaro-Tal anzusehen«, sagte Benson, als er wieder neben Saxon saß und Sargent hinter ihnen lag. »Deshalb ist es aber doch sehenswert, welche Jahreszeit es auch sein mag. Denken Sie nur – zwölftausend Morgen mit Apfelbäumen bepflanzt. Wissen Sie, wie man das Pajaro-Tal nennt? Das neue Dalmatien. Wir werden herausgedrängt. Wir Yankees bildeten uns ein, die stärkere Macht zu sein. Ja, und dann kamen die Dalmatiner und zeigten, dass sie noch smarter waren. Es waren die elendesten Auswanderer – arm wie Kirchenmäuse. Zuerst arbeiteten sie in der Obsternte als Tagelöhner. Dann begannen sie in aller Friedlichkeit das Obst von den Bäumen zu kaufen. Je mehr Geld sie verdienten, desto größere Geschäfte machten sie. Bald pachteten sie die Obstgärten auf längere Zeit. Und jetzt beginnen sie selbst, Boden zu kaufen. Es dauert nicht lange, so gehört ihnen das ganze Tal, und der letzte Amerikaner ist verschwunden.«
»Ja gewiss – wir Yankees sind smart! Ja, sehen Sie, als die ersten zerlumpten Slaven ihre Geschäfte mit uns machten, verdienten sie nicht mehr als zwei- bis dreitausend lumpige Prozente. Und jetzt sind sie mit hundert Prozent zufrieden. Es ist ein reines Unglück, wenn ihre Einnahmen auf fünfundzwanzig oder fünfzig Prozent fallen.«
»Ganz wie in San Leandro«, sagte Saxon. »Die ursprünglichen Besitzer des Bodens sind fast alle verschwunden. Das macht die intensive Wirtschaft.« Sie fand selbst, dass das sehr fein klang. »Es kommt nicht darauf an, möglichst viele Morgen zu haben, sondern, möglichst viel herauszuholen.«
»Ja, darauf kommt es an«, antwortete Benson und nickte nachdrücklich mit dem Kopfe. »Da sind massenhaft Leute wie Luke Scurich, der das Geschäft in großem Stil betreibt. Mehrere von ihnen sind schon eine Viertelmillion schwer. Zehn weiß ich allein, die durchschnittlich hundertundfünfzigtausend Dollar schwer sind. Sie haben den Griff mit Äpfeln. Das ist beinahe eine Gabe. Sie kennen ihre Bäume ungefähr ebenso, wie Ihr Mann Pferde kennt. Für sie ist jeder Baum so individuell, wie für mich ein Pferd. Sie kennen jeden Baum, seine ganze Geschichte, alles was diesem Baum je begegnet ist, jede kleinste Eigenart, die er hat. Ihr Finger ruht auf seinem Puls. Sie können sagen, ob er sich heute ebenso gut befindet wie gestern. Und wenn er das nicht tut, dann wissen sie, warum, und können gleich etwas dagegen tun. Sie können einem Baum, der in Blüte steht, ansehen, wie viel Pfund Äpfel er tragen wird – und nicht nur das – sie können sagen, von welcher Güte die Äpfel sein werden. Ja, sie kennen sogar jeden einzelnen Apfel und pflücken ihn mit Sorgfalt und Liebe, damit er nicht beschädigt wird, und sie packen ihn in Kisten und schicken ihn weg, immer mit derselben Sorgfalt und Liebe, und wenn die Äpfel auf den Markt kommen, dann sind sie weder angestoßen noch faul und werden mit den höchsten Preisen bezahlt.«
»Ja, das ist mehr als intensiver Bodenbau. Diese Slaven vom adriatischen Meer verstehen sich auf Geschäfte. Nicht nur, dass sie Äpfel züchten können – sie können auch Äpfel verkaufen. Kein Markt? Nun, wenn schon! Dann schafft man eben einen Markt. So fangen sie es an, während Leute unseres Schlages das Obst in großen Haufen unter den Bäumen verfaulen lassen. Da ist zum Beispiel Peter Mengol! Alljährlich reist er nach England und nimmt hundert Waggons gelbe Newton Pippins mit. Ja, die lieben Dalmatiner haben gerade jetzt Pajaro-Äpfel auf den südafrikanischen Markt geworfen und verdienen mächtig daran.«
»Aber, was tun sie denn mit all dem Geld?« fragte Saxon.
»Sie kaufen natürlich die Amerikaner im Pajaro-Tal aus – wie sie schon angefangen haben.«
»Und dann?« fragte sie.
Benson warf ihr einen hastigen Blick zu.
»Dann kaufen sie die Amerikaner im nächsten Tal aus. Und die Amerikaner brauchen Geld, und von der nächsten Generation an beginnen sie in den Städten zu verfaulen, wie Sie und Ihr Mann verfault wären, wenn Sie nicht herausgekommen wären.«
Saxon konnte einen leisen Schauder nicht unterdrücken. Wie Mary verfault war, dachte sie, wie Bert und alle anderen verfault waren, wie Tom und alle anderen verfaulten.
»Ja, es ist ein großes Land«, fuhr Benson fort. »Aber wir sind kein großes Volk. Kipling hat recht – andere haben uns zu unserm Haus herausgedrängt, und jetzt sitzen