ließ. Aber er erzählte es Stubener, welcher sagte:
»Das war nur Scherz, Pat. Man hat Sie aufziehen wollen.« Er bemerkte, dass die blauen Augen funkelten. »Vielleicht auch Schlimmeres! Wenn Sie die Sache ernst genommen hätten, würden die Zeitungen einen guten Sensationsstoff gehabt haben, und Sie wären erledigt gewesen. Aber ich bezweifle, dass es Ernst war. So etwas kommt heutzutage nicht mehr vor. Es ist eine Sage, die aus der Frühzeit des Boxsports auf uns überkommen ist. Damals wurde viel im Sport geschoben. Heute aber würde sich kein Boxer oder Manager von Ruf auf so etwas einlassen.« Und während Stubener so sprach, wusste er ganz genau, dass der kommende Kampf mit Henderson nicht weniger als zwölf Runden – wegen der Filmaufnahmen und nicht mehr als vierzehn dauern durfte. Und er wusste auch, dass Henderson sich verpflichtet hatte, nicht mehr als vierzehn Runden durchzuhalten, und dass große Einsätze darauf gewettet waren.
Glendon, der sonst nie derartige Angebote erhalten hatte, schlug sich die Geschichte aus dem Sinn und ging aus, um den Nachmittag mit der Aufnahme von Farbenfotografien zu verbringen. Die Kamera war seine neueste Liebhaberei. Da er keine Bilder malen konnte, suchte er Ersatz dafür im Fotografieren. Unter seinem Gepäck befand sich ein kleiner Koffer voller einschlägiger Bücher, und er verbrachte viele Stunden, um sich mit den verschiedenen Prozessen bekannt zu machen.
Nie hatte ein Boxer gelebt, der der Boxwelt so fremd war wie er. Weil er so wenig Berührungspunkte mit den Leuten hatte, mit denen er kämpfen sollte, galt er bald für tückisch und ungesellig, und hiernach bildeten sich die Zeitungen ihre Meinung von ihm, die weniger eine Übertreibung als eine völlige Verkennung war. In aller Kürze charakterisierte man ihn als ein stumpfsinniges Tier mit den Muskeln eines Stiers, und ein unreifer Sportreferent, der ihn gar nicht kannte, taufte ihn »Höllenbiest«.
Der Name blieb an ihm haften. Die ganze Sportwelt übernahm ihn, und bald las man nichts mehr über ihn, ohne dass die Bezeichnung »Höllenbiest« an seinen Namen geheftet war. Man fand sie sogar oft ohne weitere Bezeichnung in den Überschriften der Artikel und Unterschriften von Bildern. Die ganze Welt wusste, wer dieses Biest war. – Das veranlasste ihn, sich noch mehr als bisher in sich selbst zurückzuziehen, und entwickelte gleichzeitig in ihm ein bitteres Vorurteil gegen alle Zeitungsschreiber.
Was das Boxen selbst betraf, so wurde sein anfangs schwaches Interesse allmählich größer. Die Männer, mit denen er jetzt kämpfte, waren alles eher als Anfänger, und die Siege wurden ihm nicht mehr so leicht gemacht. Es waren auserwählte Männer, erfahrene Generäle des Ringes, gegen die er jetzt antreten musste, und jeder Kampf gab ihm Probleme zu lösen. Bei manchen Gelegenheiten war es ihm nicht möglich, den Gegner in der vorausbestimmten Runde zu Boden zu bringen. So erging es ihm zum Beispiel mit dem gigantischen Deutschen Sulzberger. Der Versuch, ihn, wie beabsichtigt, in der achtzehnten Runde zu fällen, misslang, in der neunzehnten war es dieselbe Geschichte, und erst in der zwanzigsten glückte es ihm, den unbändigen Widerstand seines Gegners zu brechen und den Kampf zur Entscheidung zu bringen. Glendons wachsende Freude am Sport brachte es mit sich, dass er eifriger und anhaltender trainierte. Er vergeudete die Zeit nicht, jagte viel in den Bergen und war tatsächlich immer in Form. Er hatte nicht das Pech seines Vaters in seiner Laufbahn, brach sich nie einen Knochen, ja, verletzte sich nicht einmal einen Knöchel. Und eines bemerkte Stubener mit stiller Freude: Sein junger Boxer sprach nicht mehr davon, für immer in seine Berge zurückzukehren, sobald er Jim Hanford die Weltmeisterschaft entrissen hätte.
VI
Er näherte sich schnell dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Der Weltmeister hatte öffentlich verkündet, gegen Glendon anzutreten, sobald dieser die drei oder vier Anwärter auf die Meisterschaft, die noch zwischen ihnen standen, besiegt hätte.
In sechs Monaten glückte es Pat, Kid McGrat und Jack McBridge zu erledigen, und so blieben nur noch Nat Powers und Tom Cannam übrig.
Ein gewisses junges Mädchen aus der guten Gesellschaft aber war aus Abenteuerlust Journalistin geworden. Stubener hatte seine Einwilligung dazu gegeben, dass die Dame Pat in ihrer Eigenschaft als Reporterin interviewte.
Sie unterzeichnete ihre Aufsätze immer mit ihrem wirklichen Namen, Maud Sangster. Die Sangsters waren eine bekannte reiche Familie. Ihr Begründer, der alte Jacob Sangster, hatte sein Bündel geschnürt, als Knecht auf Farmen im Westen gearbeitet und ein unerschöpfliches Boraxlager in Nevada entdeckt, das er anfangs mit Mauleselgespannen bearbeitete, bis er schließlich eine Eisenbahn baute, um den Transport selbst zu besorgen. In der Folge hatte er auf Hunderten und Tausenden von Quadratmeilen in Kalifornien, Oregon und Washington Borax abgebaut und den Verdienst eingesteckt.
Später hatte er mit seinen Geschäften Politik verbunden, Politiker, Richter und Maschinen gekauft und war Leiter eines großen industriellen Konzerns geworden. Und dann starb er, reich an Ehren und Pessimismus, und hinterließ seinen Namen den Geschichtsschreibern der Zukunft zum Beschmutzen und ein paar hundert Millionen seinen Söhnen zum Streiten.
Die folgenden Prozesse und industriellen und politischen Kämpfe verärgerten und belustigten ganz Kalifornien ein Menschenalter hindurch und endeten mit tödlichem Hass zwischen den vier Söhnen.
Der jüngste von ihnen, Theodore, machte plötzlich, im besten Mannesalter, eine Wandlung durch. Er verkaufte seine Landsitze und seine Rennställe und stürzte sich in einen Kampf gegen alle Korruption in dem Staat, in dem er geboren war. Und er traf die meisten Millionäre dieses Staates bei seinem Versuch, sich von der Schande zu befreien, die der alte Jacob Sangster begründet hatte.
Maud Sangster war die älteste Tochter Theodores. Das Geschlecht der Sangster erzeugte durchweg kampflustige Männer und schöne Frauen. Maud bildete keine Ausnahme. Dazu musste sie etwas von der alten Abenteuerlust der Sangsters geerbt haben, denn als sie erwachsen war, tat sie vieles, was eine Dame in ihrer Stellung sich nicht hätte leisten dürfen. Obgleich sie eine glänzende Partie war, blieb sie unverheiratet. Sie hatte sich in Europa aufgehalten, ohne einen adligen Gatten heimzuführen, und hatte unter ihren Landsleuten zahlreiche Körbe ausgeteilt. Sie liebte den Freiluftsport, hatte die Tennismeisterschaft von Kalifornien gewonnen und die Zeitschriften der besseren Kreise durch unpassende Artikel in Atem gehalten. Sie war in einem Rennboot von San Mateo nach Santa Cruz gesegelt und hatte einmal Aufsehen erregt, weil sie