Das Publikum lachte; es hatte erraten, was Kelly gesagt haben musste, und freute sich darüber.
Als Pat wieder in seine Ecke kam, um dort auf den Schlag des Gongs zu warten, wandte er sich zu Stubener und fragte:
»Warum ist er böse auf mich?«
»Das ist er gar nicht«, antwortete Stubener. »Das ist seine Art, er will versuchen, Sie einzuschüchtern. Das ist nur Großmäuligkeit.«
»Aber das ist doch kein Boxen«, meinte Pat, und Stubener, der einen schnellen Blick auf ihn warf, bemerkte, dass seine blauen Augen so mild wie immer waren.
»Aber passen Sie auf!« warnte er Pat, als der Gong zur ersten Runde ertönte. »Er wird wie ein Menschenfresser auf Sie losgehen.«
Und wie ein Menschenfresser ging Kelly auf ihn los, schoss in wilder Wut durch den Ring.
Pat, der in seiner leichten Art nur zwei Schritte vorwärts gemacht hatte, berechnete die Schnelligkeit des anderen, tanzte seitwärts und landete einen rechten Kinnhaken. Dann blieb er stehen und wartete neugierig, was da kommen würde.
Der Kampf war aus. Kelly war wie ein vor die Stirn geschlagener Ochse auf den Boden gegangen und lag da, ohne sich zu rühren. Der Schiedsrichter beugte sich über ihn und zählte mit lauter Stimme die zehn Sekunden aus.
Als Kellys Sekundanten nach Ablauf der zehn Sekunden in den Ring sprangen, um ihn fortzutragen, kam Pat ihnen zuvor. Er las das große, schlaffe menschliche Bündel auf und trug es in die Ecke des Ringes, wo er es auf den Stuhl setzte und den Sekundanten zu weiterer Behandlung überließ.
Nach einer halben Minute hob Kelly den Kopf und öffnete die Augen. Er sah sich verwirrt im Saal um, dann wandte er sich zu dem einen seiner Sekundanten.
»Was ist geschehen?« fragte er heiser. »Ist das Dach über mir eingestürzt?«
IV
Im Allgemeinen herrschte die Ansicht, Pat habe lediglich durch einen Zufall gesiegt, aber trotzdem verschaffte der Sieg über Kelly ihm doch einen Kampf mit Rufe Mason.
Dieser Kampf wurde drei Wochen später vom Sierra-Klub in Dreamland Rink arrangiert, aber das Publikum bekam nicht zu sehen, was geschah.
Rufe Mason war ein Schwergewichtler, der in gewissen Kreisen seiner Tüchtigkeit wegen einen guten Ruf genoss. Als der Gong das Zeichen zum Beginn der ersten Runde gegeben hatte, trafen sich die beiden in der Mitte des Ringes. Keiner von ihnen griff an, keiner schlug zu, sie umschlichen sich mit gebeugten Armen einander so nahe, dass ihre Handschuhe sich fast berührten.
Dann geschah es und so schnell, dass kaum einer von hundert Zuschauern es sah. Rufe Mason machte mit der Rechten eine Finte. Es war augenscheinlich nicht einmal eine richtige Finte, nur ein Versuch, einen Ausfall vorzutäuschen.
In diesem Augenblick landete Pat seinen Schlag. Sie waren so dicht aneinander, dass ein freier Raum von kaum zwanzig Zentimetern vorhanden war, und es war ein Haken mit dem linken Vorderarm, von einer Schulterdrehung begleitet.
Der Schlag traf Rufe Masons Kinn, und das erstaunte Publikum sah, wie die Beine des Mannes nachgaben und er auf der Stelle, wo er stand, zusammenbrach. Der Schiedsrichter hatte genug gesehen und begann gleich zu zählen, und wieder trug Pat den Gegner an seinen Platz. Als Rufe Mason zehn Minuten später imstande war, den Ring zu verlassen, mussten seine Sekundanten ihn stützen, seine Knie waren noch schlaff und seine Augen matt.
»Kein Wunder«, sagte er später zu seinen Sekundanten, »dass Zuchthaus-Kelly glaubte, das Dach wäre über ihm eingestürzt.«
Nachdem Pat auch Klempner-Collins in der zwölften Sekunde der ersten Runde eines Matches von fünfzehn Runden k. o. geschlagen hatte, sah Stubener sich genötigt, mit Pat Glendon zu reden.
»Wissen Sie, wie die Leute Sie nennen?« fragte er. Pat schüttelte den Kopf.
»Den Einschlag-Glendon.«
Pat lächelte höflich. Es interessierte ihn durchaus nicht, wie die Leute ihn nannten. Er wusste, dass er eine gewisse Arbeit zu leisten hatte, ehe er in seine Berge zurückkehren konnte, und er tat diese Arbeit, ohne sich weiter aufzuregen, das war alles.
»Das geht nicht«, fuhr der Manager fort und schüttelte bedeutungsvoll den Kopf. »Sie können die Leute nicht immer gleich k. o. schlagen. Sie müssen ihnen mehr Zeit lassen.«
»Bin ich denn nicht hier, um zu kämpfen?« fragte Pat überrascht.
Wieder schüttelte Stubener den Kopf.
»Die Sache ist so, Pat, Sie wollen doch als guter und großmütiger Boxer gelten. Bringen Sie nicht alle anderen Boxer gegen sich auf. Und es ist auch nicht anständig gegen das Publikum. Das will was sehen für sein Geld. Und es endet noch damit, dass Sie keinen finden, der gegen Sie antreten will. Sie kriegen es ja alle mit der Angst. Und Zehn-Sekunden-Kämpfe ziehen nicht. Bitte, sagen Sie selbst: Würden Sie einen Dollar oder gar fünf bezahlen, um einen Kampf zu sehen, der nicht mehr als zehn Sekunden dauert?«
Pat sah es ein und versprach, dem Publikum etwas für sein Geld zu geben, wenn er es auch nicht begriff; er persönlich ging lieber fischen, als dass er sich einen Boxkampf von hundert Runden ansah.
Aber bei alledem kam Pat in Wirklichkeit nicht weiter. Die ansässigen Sportsleute lachten, wenn sein Name genannt wurde. Dann fielen ihnen komische Kämpfe ein, wie der mit Zuchthaus-Kelly, der geglaubt hatte, dass das Dach über ihm zusammenstürzte. Niemand ahnte etwas von Pats Können, denn nie hatte man ihn wirklich kämpfen sehen. Wie stand es mit seiner Atemtechnik, seiner Ausdauer, seinem Standvermögen gegen scharfe Angriffe von längerer Dauer? Bisher hatte er nur gezeigt, dass er Zufallschancen auszunutzen verstand und ein unglaubliches Glück hatte.
So standen die Dinge, als der vierte Match arrangiert wurde, und zwar gegen Pete Sosso, einen Portugiesen aus Butchertown, der namentlich durch die erstaunlichen Tricks bekannt geworden war, die er im Ring anwandte.
Pat trainierte nicht für diesen Kampf, vielmehr machte er in aller Eile eine traurige Reise in die Berge, um seinen Vater zu begraben. Der alte Pat war sich längst darüber klar, wie es mit seinem Herzen stand, und jetzt hatte es plötzlich aufgehört zu schlagen.
Der junge Pat kam im letzten Augenblick nach San Franzisko zurück. Er vertauschte nur schnell die Reisekleidung mit der Boxhose, und trotzdem mussten die Zuschauer zehn Minuten warten.
»Denken Sie daran, ihm eine Chance zu geben«, ermahnte ihn Stubener, als Pat durch die Seile in den Ring kletterte. »Spielen Sie mit ihm, aber so, dass