Adalbert Stifter

Die wichtigsten Werke von Adalbert Stifter


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errungen hat, so hat ein anderer Mann in der Zeit vor unsern Tagen seine Söhne ausgesendet, daß sie sich ihren Lebensunterhalt suchen, und sie haben Königskronen gefunden, die furchtbar sind, und die noch furchtbarer werden können. Es ist der Mann Tankred gewesen, der in dem Lande Normandie gehauset hat. Er ist auch nur ein edler Mann gewesen, und sein Geschlecht hat einiges Ansehen gehabt. Er hat die edle Jungfrau Moriella geheiratet, und sie hat ihm Töchter und fünf Söhne geboren. Und da sie gestorben war, hat er die edle Jungfrau Fresenda geheiratet, und sie hat ihm Töchter und sieben Söhne geboren. Und sie hat die Töchter und die Söhne erzogen. Und die Jünglinge waren in allen Tugenden der Männer und Ritter geübt. Da sagte der Vater: Wenn meine Habe unter euch geteilt wird, so hat jeder wenig, wenn sie aber einer bekömmt, so kann er sein Geschlecht in Ansehen fortführen, und wenn die übrigen sich Ruhm und Habe erwerben, so könnt ihr alle bedeutsam sein. Da gingen drei Söhne, Wilhelm, Drogo und Humfried, nach Italien, und verdingten sich dem Fürsten von Capua. Als der Fürst kargte, gingen sie in den Dienst des Fürsten von Salerno. Derselbe übergab sie dem griechischen Kaiser Michael, und sie schlugen mit den Männern der Normandie, die nach gekommen waren, für ihn ein sizilisches und sarazenisches Heer auf der Insel Sizilien. Die Griechen aber betrogen sie um die Beute, und waren arglistig, und die Männer mußten nach Italien fliehen. Dort errannten sie im Sturme die Stadt Malfi, machten aus ihr eine Veste, und sie sollte gemeinschaftliches Eigentum sein, und was man erobern würde, sollte geteilt werden. Wilhelm wurde als Haupt erkannt. Er führte sie gegen die Griechen, welche bestrebt waren, die Eindringlinge aus dem Lande zu werfen, und besiegte die Griechen. Aber er starb. Da wurde Drogo das Haupt, und es kamen wieder sieben Söhne Tankreds zu ihm. Weil die Griechen nicht zu siegen vermochten, und auch durch Geschenke die Fremden nicht aus dem Lande bringen konnten, dachten sie auf Hinterlist. Drogo wurde, als er in die Kirche von Montello ging, ermordet, viele seiner Leute wurden getötet, und es sollten an diesem Tage alle Normannen ermordet werden. Aber an Drogos Stelle trat Humfried, er rief die Seinigen zusammen, sie erstürmten Montello, töteten die Verräter, und befestigten ihre Macht. Nun wies sie der Heilige Vater Leo aus dem Lande, und befahl, daß sie aus Italien weichen sollten. Sie gehorchten nicht. Und so zog er mit den Leuten des Fürsten von Benevent, mit Griechen, und selbst mit Deutschen gegen sie. Allein sie siegten, und nahmen den Heiligen Vater gefangen. Sie bezeugten ihm große Ehrerbietung, und er belehnte sie mit dem, was sie hatten, und was sie in dem untern Italien erwerben würden. Als Drogo starb, kam der nächste der Söhne Tankreds, Robert Guiskard, an seine Stelle. Sie sagen, daß Robert sehr schöne rote Wangen und blaue Augen und blonde Haare gehabt hatte. Aber die Männer gehorchten dem Haupte nicht mehr. Sie zerstreuten sich in Fehdefahrten, und wohnten auf Burgen. Robert baute sich ein Schloß, und mußte sich dahin Lebensmittel stehlen, er mußte einen falschen Leichenzug in ein Kloster führen, um von den Mönchen durch Schreck Geld und Nahrung zu erpressen, und er trug einen reichen Mann gegen sein Schloß, um Lösegeld zu erzwingen. Da kam nun auch der jüngste der Söhne Tankreds, Roger, nach Apulien. Er war schön und blond wie sein Bruder, aber größer. Zuerst war er mit seinem Bruder Robert vereinigt. Aber sie zerfielen dann, und bekriegten sich. Roger erhielt von einem Bruder eine Burg zum Geschenke, und er mußte Wegelagerung treiben, und stahl in der Nacht mit seinem Knechte Pferde. Die Brüder versöhnten sich wieder, und da sie versöhnt waren, bezwang Robert Länder in Apulien, und Roger machte Raubzüge nach Sizilien, und behielt die Stadt Messina in seiner Gewalt. Sie entzweiten sich dann wieder, und kämpften gegen einander. Da rettete Roger einmal seinen Bruder aus der Gefangenschaft und von dem Tode, und nun blieben sie vereint durch die Zeit ihres Lebens, und halfen einer dem andern. Roger besiegte die Sarazenen in Sizilien, dann kam Robert zu ihm, und sie durchzogen die Insel. Dann gingen beide nach Apulien, bezwangen Städte durch Hunger, durch Sturm oder durch Schreck, und dann eroberten sie wieder Palermo, und dann die letzten Teile von Apulien. Roger wurde als Fürst von Sizilien und Robert als Fürst von Apulien anerkannt. Robert rüstete darauf ein Heer gegen den griechischen Kaiser Alexius, schiffte nach Griechenland, besiegte den Kaiser in mehreren Schlachten, und war daran, das ganze Reich zu bezwingen. Da ward ihm zu Hause Empörung erregt, und der Heilige Vater Gregor der Siebente rief ihn zu Hilfe, weil er in der Engelsburg von dem Kaiser Heinrich belagert wurde. Robert ließ seinen Sohn Boemund in Griechenland, ging heim, schlug die Empörer, zog mit seinem Bruder nach Rom, und befreite den Heiligen Vater. Boemund besiegte in der Zeit die Griechen in drei Schlachten. Robert machte nun den zweiten Zug gegen sie; allein da starb er. Seine Söhne haderten, und endlich erlosch seine Nachkommenschaft gänzlich. Und da auch Roger gestorben, und da ihm sein Sohn desselben Namens Roger gefolgt war, kam alle Herrschaft in Sizilien und Apulien an diesen zweiten Roger. Er wurde dann König und vor zwölf Jahren in der heiligen Weihnachtzeit von dem Gegenpapste Anaklet durch einen Kardinal in der erzbischöflichen Kirche in Palermo gesalbt. Der im Himmel selige Kaiser Lothar hat wohl nach seinem Krönungszuge nach Rom das ganze Land Italien erobert, und Roger auf Sizilien zurückgedrängt, und den Heiligen Vater Innozenz auf seinen Stuhl nach Rom geführt; aber da Lothar nach Deutschland zurück gezogen, und auf dem Wege gestorben war, eroberte Roger wieder alle Länder des untern Italien, und wurde von dem Heiligen Vater Innozenz als König von Apulien, Calabrien, Capua und Sizilien erkannt. Und da steht er nun, der Enkel des Mannes Tankred, als ein gewaltiger Herrscher da, bereit, alles zu nehmen, und sei es so viel, als eines Menschen Haupt zu denken vermag. Und wie sind die Sachen indessen in dem oberen Italien gediehen? Wenn man mit Worten den Kaiser nennt, so achtet in Taten niemand sein, die Begierden herrschen, und Venedig kämpft mit Ravenna, Florenz und Pisa mit Lucca und Siena, Verona und Vicenza mit Padua und Treviso, Bologna mit Modena, und die Herren in dem Lande sind dabei, der Markgraf von Tuszien steht zu den Florentinern, der Graf Guido zu den Feinden derselben, und es erheben sich Räuberhorden, die den Freund und den Feind plündern, und Bischöfe und Äbte anfallen. Und hat nicht der Abt von Clugny, der auch von Räubern ergriffen worden war, an den König Roger geschrieben: Oh, wenn nur das arme Land deinen Befehlen unterworfen würde? Und sind nicht diese Worte bekannt gemacht worden? Wenn nicht ein deutscher König zu retten kommt, so wird Roger das Land ergreifen, es mit einem Arme halten, und mit dem andern über die Alpen langen, und alles zu verschlingen streben, oder alles wird zerfallen.«

      »So ist es, hochehrwürdiger Bruder Regimbert«, sagte Zdik, »das Erhobene wird gedemütigt, das Kleine wird erhoben. So stark wie dieser Roger, Robert, Boemund, Wilhelm und Drogo, so sind noch andere auf dieser Welt, und wer weiß, ob nicht der deutsche König und römische Kaiser schon unter uns wandelt, der die Rettung bringt.«

      »Konrad wird jetzt auf seinen Römerzug gehen«, sagte Regimbert, »auch preisen viele den Knaben Friedrich.«

      »Was ist alles vor den Augen Gottes«, antwortete Zdik, »Geschlechter steigen in die Grube, andere breiten sich aus, Reiche vergehen, und werden. Bei uns sind Männer von dem Herzogstuhle in das Elend gegangen, andere von dem Pfluge zur Herrschaft, Städte und Stämme haben geboten, und sind dahin. Aber Gott wirkt durch die Menschen Wunder, welche leuchten von dem Aufgange bis zu dem Untergange, und welche nicht vergessen werden, wenn wir sie auch durch Unreinheit des Herzens verlieren.«

      »Du sagst es, Bruder Zdik«, antwortete Regimbert, »das ist die Befreiung des Heiligen Landes von der Schmach der Entweihung durch den Eifer gebrechlicher Menschen. Das ist das Wunder, das vor unserer Zeit geschehen ist, und das nicht vergessen werden kann. Es ist mein Gebet beim Tage, meine Betrachtung in der Nacht, und mein Traum in dem Schlafe, daß ich einmal in das Land gelange. Ich erzähle mir, und wiederhole mir, wie es sich wundervoll zugetragen hat. Da ist ein Mann mit einem kleinen Körper, mit schwachen Gliedern, mit geschwärzten Wangen, und mit nackten Füßen, der Einsiedler Peter, zu dem Heiligen Vater Urban gekommen. Er hat erzählt, wie er nach Jerusalem gegangen ist, und wie ihn die Leute gepflegt haben, und wie ihm vornehme Frauen die Füße gewaschen haben; denn es hat sich ausgebreitet, daß die Pilgerungen zum Seelenheile dienen, damit man sich von Schuld löse, oder frömmer werde, oder Überbleibsel hole, die ewigen Segen bringen, und viele Menschen sind nach Jerusalem gewandelt, und immer mehrere, um des Heiles teilhaftig zu werden. Und je mehr Menschen nach Jerusalem gezogen sind, desto mehr Ungläubige sind aus dem Lande Asien heraus gezogen, und haben alles erobert bis an das Meer, und sind den Pilgern zum Schrecken und zur Gefahr geworden, und haben Zins begehrt, wenn man die heiligen Stätten betreten wollte. Aber die Pilger duldeten den Schrecken und die Gefahr, und leisteten den Zins. Siegfried, der Erzbischof von Mainz, Otto, der Bischof von Regensburg, Günther, der Bischof von Bamberg, Wilhelm, der Bischof von Utrecht, die