und seinen Einfluß konnte er gefördert werden.
»Sie haben eine interessante Waffe in der Hand, Graf«, sagte Mr. Smith bedeutungsvoll. »Habe ich recht mit der Vermutung, daß Sie die Kunstschätze dieses Hauses nur in Furcht um Ihr Leben betrachtet haben?«
»Durchaus nicht.« Poltavo ließ die Pistole in seine Tasche gleiten. »Ich war nur kurz vorher damit beschäftigt, mich im Pistolenschießen zu üben. Hier unten befindet sich ein wunderbarer Schießstand. Wirklich eine interessante Sache. Sie sollten ihn sich auch einmal ansehen.«
Dr. Fall wandte keinen Blick von dem Gesicht seines früheren Gefangenen, und Poltavo las eine fast unmerkliche Zustimmung in den dunklen Augen.
»Unter gewöhnlichen Umständen würde ich mir nicht die Mühe machen, Ihren Schießstand anzusehen«, entgegnete Mr. Smith lächelnd, »weil ich weiß, daß Sie nicht die Wahrheit sagen, Graf Poltavo. Ich bin sogar überzeugt, daß Sie äußerst dankbar für unser Kommen sein sollten. Aber jetzt erscheint es mir vielleicht doch ratsam, mich einmal da unten umzusehen. Dieser Teil des Hauses hat sich bis jetzt meiner Beobachtung entzogen.«
Dr. Fall zuckte die Achseln.
»Es ist ja in Wirklichkeit kein Schießstand, aber da die bewohnten Räume so weit entfernt liegen, benützen wir den Platz manchmal zu diesem Zweck. Ich habe nicht das geringste dagegen einzuwenden, wenn Sie ihn einmal besichtigen wollen.«
Mr. Smith trat in den Fahrstuhl, der im Dunkel lag, da Poltavo die beiden elektrischen Lampen zerschlagen hatte.
»Ich werde allein hinunterfahren«, erklärte er.
Dr. Fall schloß die Tür, und der Lift glitt nach unten.
Sie warteten eine Weile oben. Dr. Fall konnte von seinem Platz aus die Tür unten schließen und den Lift wieder heraufbringen. Dies hatte ja Poltavo soeben an sich selbst erfahren. Aber in diesem Fall unterließ es der Arzt, irgend etwas an dem Mechanismus vorzunehmen. Nach einigen Minuten kam der Fahrstuhl wieder nach oben, und Mr. Smith trat heraus.
»Ich danke Ihnen, ich habe alles gesehen«, sagte er mit einem bedeutsamen Blick auf Poltavo. »Dies ist wirklich ein außergewöhnliches Haus, Dr. Fall.«
»Es steht Ihnen jederzeit frei, es zu besichtigen«, erwiderte Dr. Fall mit einem düsteren Lächeln.
Mr. Smith spielte abwesend mit der elektrischen Taschenlampe, die er noch in der Hand hielt, und steckte sie dann in die Tasche. Er grüßte durch ein Kopfnicken und ging quer durch die Eingangshalle. Aber plötzlich drehte er sich um und wandte sich noch einmal an Poltavo.
»Als Sie hier in die Falle gegangen waren und glaubten, daß es Ihnen schwer werden würde, wieder herauszukommen, waren Sie so vorsichtig, eine Botschaft aufzuschreiben, die Ihren Befreiern einen Fingerzeig geben sollte. Diese Botschaft hat nun ihren Zweck erfüllt«, sagte er lächelnd, als er die Bestürzung in Poltavos Gesicht sah. »Sie täten gut, Ihren Freund zu bitten, daß er sie entfernt.«
Er nickte den beiden noch einmal zu und verließ das Haus. Die drei Beamten folgten ihm.
»Was meinte Mr. Smith?« fragte Dr. Fall schnell.
»Ich – ich«, stammelte Poltavo verlegen, »ich schrieb nur ein paar Worte an die Wand der Kabine – nichts Belastendes für Sie, mein lieber Doktor, nur eine Zeile, die besagte, daß ich dort unten gefangengehalten würde.«
Der Arzt eilte fluchend in den Fahrstuhl. Er steckte ein Streichholz an, um die Schrift Poltavos zu lesen. Glücklicherweise war nichts darin enthalten, was das große Geheimnis des Hauses verriet, aber es war gerade genug, um den Argwohn der Polizei, besonders dieses unermüdlichen Detektivs, zu wecken.
»Sie haben uns in böse Verlegenheit gebracht«, sagte er streng zu Poltavo. »Nehmen Sie sich in acht, daß Sie uns nicht weiter kompromittieren. Einmal vergeben wir Ihnen, aber wenn wir uns ein zweites Mal über Sie zu beklagen haben, wird es schlimme Folgen für Sie haben.«
12
Die entfernte Kirchturmuhr von Little Bradley hatte gerade ein Uhr geschlagen, als Mr. Smith aus dem Schatten der Hecke an der Ostseite des »geheimnisvollen Hauses« hinaustrat und langsam auf die Straße zuging. Zwei Männer, die sich dort im Dunkeln niedergeduckt hatten, erhoben sich schweigend und gingen ihm entgegen.
»Ich glaube, ich habe eine Stelle gefunden«, sagte Mr. Smith leise. »Es sind tatsächlich elektrische Alarmsignale oben auf den Mauern angebracht und elektrische Drähte durch alle Hecken gezogen. Aber man kann die Alarmsignale an einer Stelle umgehen.«
Er führte die anderen den Weg zurück zu dem Platz, von dem er soeben gekommen war.
»Sehen Sie, hier ist es«, erklärte er.
Er berührte einen äußerst dünnen Draht mit dem Finger.
Einer seiner beiden Begleiter ließ das Licht seiner elektrischen Lampe darauf fallen.
»Ich kann den Strom an dieser Stelle ablenken«, sagte er dann und zog einen langen Draht aus der Tasche. Zwei Minuten später konnten sie dank seiner schnellen Arbeit sicher die Mauer übersteigen und kamen geräuschlos auf der anderen Seite auf den Boden.
»Wir müssen vorsichtig sein, daß wir dem Wachtposten nicht in die Arme laufen«, flüsterte Mr. Smith. »Er ist auf seinem Rundgang um das Haus. Ich glaube auch, daß über dem Rasen Alarmdrähte gespannt sind.«
Er befestigte einen Aufsatz auf seiner elektrischen Lampe und untersuchte den Boden sorgfältig, als er vorwärtsging. Der Aufsatz war so angebracht, daß das Licht nur auf die Stelle des Bodens fiel, die er jeweils betrachtete.
»Sehen Sie, hier läuft schon ein Draht«, sagte er plötzlich.
Die drei stiegen vorsichtig über den fast unsichtbaren Draht, der nur einige Zoll vom Boden entfernt war und in regelmäßigen Abständen durch aufrechtstehende Isolierglocken getragen wurde.
»Jeden Abend nach Sonnenuntergang legen sie diese Drähte. Ich habe sie dabei beobachtet«, erklärte Mr. Smith. »In der Nähe des Hauses befindet sich noch ein zweiter.«
Sie fanden auch diesen und stiegen behutsam darüber.
»Hinlegen!« flüsterte der Detektiv plötzlich.
Die drei Leute legten sich flach zu Boden.
Mr. Ela konnte im ersten Augenblick nicht erkennen, um was es sich handelte, aber plötzlich sah er eine Gestalt, die sich langsam vorwärtsbewegte. Es war der Wachtposten, der zwischen ihnen und dem Hause vorbeischritt. Selbst bei dem schwachen Licht konnte Ela das Gewehr über der Schulter des Mannes sehen. Sie warteten in atemloser Spannung, bis er um die nächste Ecke verschwunden war, dann eilten sie über den Rasen, der sie noch von dem Hause trennte. Mr. Smith trug einen Leinenbeutel bei sich, griff jetzt hinein und zog ein Kaninchen daraus hervor, das heftig zappelte.
»Mein kleiner Freund«, sagte er leise, »du mußt dich opfern.«
Er stieg die Stufen zu der Eingangshalle hinauf. Der Stahlvorhang hing vor der Haustür, er reichte beinahe bis zu der Stahlmatte herunter, auf der man sich die Füße reinigte. Jetzt ließ Smith das Kaninchen frei. Das erschrockene Tier machte erst einen vergeblichen Versuch, nach rückwärts auf den Rasen zu entkommen, hüpfte dann aber langsam, fast zögernd, auf die Tür zu, und als Mr. Smith es durch eine Handbewegung aufscheuchte, berührte es mit dem Kopf den Stahlvorhang, um nach dort zu entfliehen. In diesem Augenblick fuhren blaue elektrische Funken aus den Drähten, und das unglückliche Tier rollte zusammengekrümmt an Mr. Smith vorbei auf den geschotterten Weg. Der Detektiv stieg eilig hinunter und nahm es auf – es war tot. Er bemerkte, daß die Kopfhaare versengt waren.
»Meine Vermutung war richtig«, sagte er leise. »Es ist ein elektrischer Schutzvorhang. Jeder, der ihn bei dem Versuch, in das Haus zu kommen, berührt, büßt es mit dem Tode.