totes Zeug. Das Ego ist ein Friedhof; es sammelt Leichen, tote Knochen.
Oder es lebt in der Zukunft. Wieder dasselbe: Die Zukunft ist noch nicht – sie ist Einbildung, Phantasie, ein Traum. Damit kann das Ego auch leben, ganz leicht. Unwirklichkeiten passen bestens zusammen, elegant zusammen. Man bringe irgendetwas Existenzielles, und das Ego verschwindet.
Darum bestehe ich so sehr darauf, in der Gegenwart zu sein, hier-jetzt zu sein. Einfach nur in diesem Moment … Wenn du intelligent bist, ist es nicht nötig, über das, was ich hier sage, nachzudenken; es ist dir einfach jetzt, genau in diesem Moment einsichtig! Wo ist das Ego? Es ist Stille da, und es ist keine Vergangenheit da, und es ist keine Zukunft da, nur dieser Moment … und dieser bellende Hund. Dieser Moment, – und schon bist du nicht. Lass diesen Moment da sein – und du bist nicht da. Da ist nur eine ungeheure Stille, da ist nur eine tiefe Stille, drinnen wie draußen. Und dann brauchst du dich nicht erst hinzugeben, weil du weißt, du bist nicht. Zu wissen, dass du nicht bist, bedeutet Hingabe.
Es geht nicht darum, dich mir hinzugeben. Es geht nicht darum, dich Gott hinzugeben. Es geht überhaupt nicht ums Hingeben! Hingabe ist eine Einsicht, eine Erkenntnis, nämlich dass „Ich nicht bin“. Du siehst: „Ich bin nicht, ich bin ein Nichts, eine Leere“, und die Hingabe wächst. Die Blüte der Hingabe wächst am Baum der Leere. Sie kann keine Absichten haben.
Das Ego hat Absichten. Das Ego lechzt nach der Zukunft. Es kann sogar nach dem Leben im Jenseits lechzen, es kann nach dem Paradies lechzen, es kann nach dem Nirvana lechzen. Es ist egal, wonach es lechzt – es besteht nur aus Lechzen, es besteht nur aus dem Begehren, es besteht nur aus dem Projizieren in die Zukunft. Sieh es! Sieh hinein! Ich sage nicht: Denke darüber nach. Wenn du darüber nachdenkst, verfehlst du es. Denken heißt wieder Vergangenheit und Zukunft. Wirf einen Blick hinein – Avalokita! – sieh hinein. Das englische Wort look kommt aus derselben Wurzel wie Avalokita. Sieh hinein, und tu es gleich jetzt. Sag dir nicht: „Okay, ich will heimgehen und es tun.“ Dann ist wieder das Ego da, die Absicht dazwischengekommen, die Zukunft eingetreten. Wann immer die Zeit auftritt, stürzt du in die Unwirklichkeit des Getrenntseins. Fühle es, lass es da sein, genau in diesem Moment. Und dann siehst du plötzlich: Du bist, und du bist nicht irgendwohin unterwegs, und du kommst nicht irgendwoher. Du bist schon immer hier gewesen.
Hier ist die einzige Zeit, der einzige Raum. Jetzt ist die einzige Existenz. In diesem Jetzt liegt die Hingabe.
„Hinter meinem Hingeben steckt eine Absicht“, sagst du. „Ich gebe mich hin um Freiheit zu gewinnen.“
Aber du bist frei! Du bist nie unfrei gewesen. Du bist frei, aber wieder taucht dasselbe Problem auf: Du möchtest frei sein, aber du verstehst nicht, dass du nur frei sein kannst, wenn du frei von dir selbst bist – eine andere Freiheit gibt es nicht. Wenn du über Freiheit nur nachdenkst, stellst du es dir so vor, als wärst du dann da – und frei. Du wirst nicht da sein, Freiheit wird da sein. Freiheit heißt Freiheit vom Selbst, nicht Freiheit des Selbst. Im selben Moment, da das Gefängnis verschwindet, verschwindet auch der Gefangene. Denn der Gefangene ist das Gefängnis! Im selben Moment, da du aus dem Gefängnis entkommst, bist auch du nicht. Da ist nur purer Himmel, purer Raum. Dieser pure Raum wird Nirvana, Moksha, Befreiung genannt.
Versuche lieber zu verstehen, statt etwas erreichen zu wollen: Ich gebe mich hin, um Freiheit zu gewinnen. Dann benutzt du die Hingabe als Mittel; und in Wirklichkeit ist die Hingabe das Ziel, der Endzweck. Wenn ich sage, die Hingabe ist das Ziel, meine ich damit nicht, dass die Hingabe irgendwo in der Zukunft vollbracht werden müsse. Ich sage damit, dass die Hingabe kein Mittel ist, sondern ein Zweck in sich. Nicht, dass die Hingabe Freiheit brächte – Hingabe ist Freiheit! Es sind Synonyme, beides bedeutet die gleiche Sache. Du schaust aus zwei verschiedenen Blickwinkeln auf die gleiche Sache.
… es ist also gar keine wirkliche Hingabe.
Es ist weder wirkliche noch unwirkliche. Sie ist überhaupt keine Hingabe. Sie ist noch nicht einmal unwirklich.
Ich beobachte es, aber das Problem ist: Ich bin es immer selbst, der beobachtet. Daher ist jede Erkenntnis, die aus diesem Beobachten kommt, eine Stärkung des Egos. Ich fühle mich vom Ego ausgetrickst.
Wer ist dieses Ich, von dem du da redest, und das sich vom Ego ausgetrickst fühlt? Doch nur das Ego selbst! Das Ego ist dergestalt, dass es sich in Fragmente aufsplittern kann, in Teile, und dann geht das Spiel los. Du bist der Jagende und du bist der Gejagte. Es ist wie ein Hund, der seinen eigenen Schwanz zu packen versucht und immer wieder danach springt. Und ihr schaut zu und seht das Absurde daran, aber nur ihr seht das Absurde, der Hund kann es nicht sehen. Je mehr er merkt, dass es schwierig ist, den Schwanz zu packen, desto verrückter wird er, desto mehr springt er. Und je schneller und größer der Sprung, desto schnellere und größere Sprünge macht auch der Schwanz. Und der Hund hat keine Ahnung, was da vor sich geht, und er kann doch sonst alles so toll zu fassen kriegen! Und es ist doch nur ein gewöhnlicher Schwanz, trotzdem kann er ihn nicht zu fassen kriegen?!
Genau dasselbe passiert mit dir. Es ist das Ich, das da zupacken will, und das sowohl der Fänger als auch das Gefangene ist. Sieh das Lächerliche daran, und in diesem bloßen Sehen sei frei davon. Hier braucht nicht das Geringste getan zu werden – nicht das geringste, sage ich. Denn ihr seid bereits das, was ihr werden möchtet. Ihr seid Buddhas, ihr seid nie etwas anderes gewesen. Sehen genügt.
Und wenn du sagst: Ich beobachte es, ist es wieder das Ich. Im Beobachten setzt sich das Ich wiederum fort, denn dieses Beobachten ist wieder ein Tun. Es erfordert Anstrengung: Du bist mit dem Beobachten beschäftigt – wer also beobachtet?
Entspanne dich! In der Entspannung – wenn es nichts zu beobachten gibt und keinen, der beobachtet, wenn du nicht in eine Dualität gespalten bist – ja, dann taucht eine andere Art von Zeugesein auf. Es ist kein Beobachten; es ist einfach passive Bewusstheit; passiv, sage ich – merkt es euch. Es hat nichts Aggressives in sich. Beobachten ist sehr aggressiv: Anstrengung ist nötig, man muss sich anspannen. Aber sei unverkrampft, entspannt. Sei einfach da. In dieser Bewusstheit, wenn du einfach nur da bist, wenn du da sitzt ohne etwas zu tun … der Frühling kommt, und das Gras wächst von allein.
Das ist der ganze buddhistische Ansatz: dass alles, was du tust, den Macher erzeugt und verstärkt – selbst das Beobachten, selbst das Denken, selbst das Sich-hingeben. Was immer du tust – es wird die Falle erzeugen. Nichts braucht von dir aus getan zu werden. Sei einfach … und lass die Dinge geschehen. Versuche nicht einzugreifen, versuche nicht zu manipulieren. Lass die Brise wehen, lass die Sonnenstrahlen kommen, lass das Leben tanzen und lass den Tod kommen und lass auch ihn seinen Tanz in dich hineintanzen.
Das heißt für mich Sannyas: Es ist nicht etwas, das du tust; wenn du alles Tun fallen lässt und die Absurdität allen Tuns siehst … Wer bist du, dass du tust?
Du bist nur eine Welle in diesem Ozean. Den einen Tag bist du, den ändern Tag wirst du verschwinden; der Ozean besteht weiter. Warum solltest du dir Gedanken machen? – du kommst, du verschwindest. Aber dazwischen, in diesem kurzen Intervall, wirst du so sorgenvoll und verspannt und lädst dir allen möglichen Ballast auf die Schultern und schleppst Felsbrocken auf dem Herzen – ohne jeglichen Grund!
Ihr seid in genau diesem Augenblick frei! Ich erkläre euch in genau diesem Augenblick für erleuchtet. Aber ihr vertraut mir nicht. Ihr sagt: „Schon recht, Osho, aber sag uns doch nur, wie wir erleuchtet werden können!“
Dieses Werden, dieses Erreichen, dieses Wünschen stürzt sich auf jedes Objekt, das ihr nur finden könnt. Mal ist es Geld, mal ist es Gott. Mal ist es Macht, mal ist es Meditation – aber gleich welches Objekt, ihr fangt an, danach zu greifen. Nicht-Zupacken, das ist die Art, das wirkliche Leben zu leben, das wahre Leben – Nicht-Zupacken, Nicht-Besitzen.
Lass also alles geschehen. Lass das Leben sich ereignen, und die Freude ist da, der Jubel ist da – weil es dann keine Frustration gibt, nimmermehr. Weil du von vornherein mit nichts gerechnet hattest und weil dann alles, was kommt, gut ist. Dann gibt es kein Scheitern, kein Gelingen. Dieses Spiel von Scheitern und Gelingen ist weggefallen. Morgens kommt die Sonne und weckt dich auf, und abends kommt der Mond und singt dir ein Wiegenlied, und du gehst schlafen. Es kommt Hunger, und du isst … und so weiter und so fort.