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Die großen Western Staffel 4


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hinweg. Das Pferd trottete durch die Senke und kam herauf.

      Cal erhob sich und sah in Richtung Farm. Dort schimmerten Lichtpunkte im Dunst.

      »Ich muß Dad finden«, murmelte er. »Warum kommt er nicht?«

      Was sich auf den Feldern tat, konnte er nicht erkennen. So sah er auch nicht die vier Mann zu Pferde, die sich abseits der Farm zusammenrotteten und dann absaßen. Jeder zog ein Gewehr aus dem Scabbard.

      Und Cal konnte natürlich nicht hören, was Nolan Fury raunte: »Schießt auf alles, was sich bewegt. Wir machen hier nur ein kleines Feuerwerk, verstanden? Dann hauen wir ab. Zum Fluß zurück. Dort warten wir auf Talco und Harris. Klar?«

      Sie schlichen geduckt durch das Baumwollfeld. Stimmen drangen durch die Dämmerung. Die Männer vom Aufgebot klapperten mit blechernen Eßgeschirren und holten sich die Suppe, die Arlene Rooster im Haus ausgab.

      Für die Wild Angels war das genau der richtige Moment. In diesen Minuten dachte wohl niemand an einen Überfall.

      Arlene Rooster verteilte mit aufmunternden Worten die Suppe. Immer wieder sah sie sich dabei nach Rosanna um. Die stumme Mexikanerin war schon eine ganze Zeitlang nicht mehr im Haus. Schließlich stieß Arlene Rooster die Kelle in den großen Topf und ging hinaus, rief nach Rosanna und fragte die Männer.

      »Ja, ich hab’ die Kleine gesehen«, sagte einer der Männer. »Da war es aber noch hell. Sie ging zum Corral da hinten.«

      »Seht doch mal nach«, bat die Farmersfrau besorgt. »Sie kennt sich hier nicht aus.«

      Wenig später wußte sie es. Eins der Pferde fehlte. Rosanna hatte es heimlich am Zügel davongezogen und war weggeritten.

      »Mein Gott, sie sucht Rooster! In Cottonfield ist er nicht. Dann wird er in Sundance Corral sein! Das ist ein Zwei-Tage-Ritt!«

      »Wir holen sie nicht mehr ein, Ma’am. Es ist sinnlos.«

      Arlene Rooster war der Verzweiflung nahe. Jetzt auch das noch! Immer neue Sorgen und Ängste stürmten auf sie ein. Dennoch ging sie ganz ruhig zurück ins Haus. Schweigend ließ sie sich auf der einfachen Couch nieder.

      Die drei Farmhelfer blieben bei ihr. Einer fragte, ob er nach Cal sehen sollte. Da nickte sie nur.

      Cal wollte zurück.

      Er zog die Sattelgurte an und zog sich aufs Pferd.

      In diesen Sekunden geschah alles blitzschnell.

      Der rotblonde Harris und der bleichgesichtige Talco hatten sich durch die Senke herangeschlichen. Sie waren vorsichtig dem nach oben trottenden Pferd gefolgt. Zunächst hatten sie Cal gar nicht entdecken können. Erst in diesem Moment, als er in den Sattel stieg, kam er aus dem Bodendunst hervor.

      Sie hatten ihn dunkel vor sich.

      Jeder hob den Colt an.

      Jetzt mußten sie handeln, wenn sie ihn nicht entwischen lassen wollten. Anfangs hatten sie vorgehabt, ihn totzuschlagen, aufzuhängen oder mit Messern umzubringen. Lautlos.

      Der Dunst unter den Eichen gab kein gutes Schußlicht her. Sie mußten genau zielen. Das war auf die Schnelle schon fast unmöglich.

      Da raste plötzlich hinter ihnen ein Pferd heran. Im Sattel saß eine zierliche Gestalt. Sie peitschte das Pferd vorwärts, an Talco und Harris vorbei –?und rammte mit ihrem Pferd Cals Tier! Er flog beinahe aus dem Sattel. Schüsse krachten, Mündungsfeuer stießen aus Hüfthöhe schräg empor, Blei streifte heiß Cals Kopf.

      Er stürzte.

      Sein Pferd richtete sich auf, wieherte. Die Reiterin sprang vom Pferd –?gerade rechtzeitig. Harris und Talco feuerten auch auf sie. Geduckt huschte sie durch die Dämmerung, verschwand hinter einer Eiche.

      Cal rollte in die Senke zurück. Die Taschen seiner langen Jacke schlugen wie Beutel um seinen Körper. Sekundenlang war er noch benommen, lag im nebelfeuchten Gras, hörte die Schüsse wie dumpfe Trommellaute.

      »Da unten ist er!« schrie Talco.

      Sie warfen sich herum und kamen herunter. Beide hielten die rauchenden Colts, wollten schießen.

      Da zerrte er die schweren Whitneyville Walker Colts aus den Taschen und machte sie feuerbereit. Da schlug dicht vor ihm eine Kugel in den Boden. Dreck flog ihm ins Gesicht. Er rollte sich zur Seite, hob die schweren Eisen an und jagte zum ersten Mal Blei aus den Läufen. Die beiden Handkanonen dröhnten und spuckten den Halunken den Tod entgegen.

      Noch wahrend Talco und Harris stolpernd starben, drückten sie ab und jagten Kugeln aus den Colts. Eine Kugel streifte Cals Schulter. Er ruckte hoch, kniete und feuerte wie in einem Anfall. Immer wieder. Bis die Whitneyville Walker Colts leergeschossen waren.

      Caleb Roosters Gesicht war nicht zu erkennen. Es glühte eigenartig, und die braunen Augen hatten einen nahezu wölfischen Ausdruck.

      Mit einem Ruck kam er auf die Beine, stand gebeugt vor den Toten und wollte abdrücken, doch die Waffen blieben stumm.

      Stumm wie Rosanna, die nun vor ihm stand und ihn mit ihren großen dunklen Augen entsetzt ansah.

      Auch in der Nähe des Farmhauses fielen jetzt Schüsse.

      Er hörte das nicht, starrte auf die Toten und atmete heftig.

      Caleb, Sohn von Lobo Rooster, hatte zum ersten Mal getötet. Dieser Moment hatte sein Leben verändert. Die Colts hatten ihn zum Herrn über Leben und Tod gemacht. Das Revolverblut kochte.

      Fern hinter den Baumwollfeldern verstummten jetzt die Schüsse. Reiter jagten davon und verschwanden in der Dämmerung. Gerade rechtzeitig, denn beinahe schlagartig wurde es mondhell.

      Rosanna wagte sich an Cal heran, berührte ihn am Ärmel. Er zuckte zusammen, fand wie aus tiefster Versunkenheit zurück.

      »Rosanna!« flüsterte er. »Was machst du denn hier? Ich –« Er verstummte, sah noch einmal auf die jungen leblosen Burschen, sagte dann: »Du hast mir das Leben gerettet, Rosanna. Die Kerle hätten mich glattweg vom Pferd geschossen.«

      Er verstaute die Colts in den Jackentaschen, zerrte die Gurte von den Toten und hob ihre Colts auf.

      »Sag nichts meiner Mutter, Rosanna. Sonst –« Tief atmete er ein. »Ich Narr. Tut mir leid, Rosanna. Ich hatte vergessen, daß du stumm bist. Komm, wir reiten zurück. Und wir tun so, als wär’ nichts geschehen. Jedenfalls müssen wir weg von hier.«

      Sie zeigte auf seine Streifwunden. Da begriff er, daß er nichts verheimlichen und verharmlosen konnte.

      Im Trab ritten sie zur Farm zurück.

      Dort war wieder Ruhe eingekehrt. Einige Männer waren von den Schüssen aus dem Hinterhalt verwundet worden. Sie ließen sich gerade von Arlene Rooster und ihren Farmhelfern verbinden.

      Die Banditen hatten entkommen können. Unverletzt. Sie waren zum Fluß davongeritten.

      Als Cal vom Pferd stieg, kam die Farmersfrau heran. Sie sah in Cal noch immer ihren Sohn und konnte sich nicht daran gewöhnen, daß sie seine Tante und nicht die Mutter war.

      »Du bist verletzt, Cal«, sagte sie bedrückt und blieb vor ihm stehen. »Was war da los unter den Eichen? Als dort die Schüsse fielen, krachte es plötzlich auch hier.«

      »Nicht so wichtig, Mam. Da waren zwei Banditen. Sie hatten versucht, mich umzulegen. Rosanna ist rechtzeitig hinzugekommen und hat die Halunken abgelenkt.«

      »Du hast sie erschossen, Cal. Ich sehe es dir an. Du hast dich verändert.«

      »Ja, ich hab’ sie umgelegt. Sonst hätte es wieder ein Rooster-Begräbnis gegeben!«

      Er wandte sich ab und ging ins Haus, ließ sich verarzten.

      Vier Männer vom Aufgebot holten die beiden Toten unter den Eichen hervor und brachten sie auf die Farm. Sie legten die Leichen im fahlen Mondschein hinter dem Stall nieder. Der Anblick der zerschossenen Körper entsetzte keinen der Männer mehr.

      Die