Alexandra Gehring

Die Abrichtung 3 | Erotischer SM-Roman


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      ***

      Auf der Rückfahrt war sie tief entspannt, konnte einfach wieder frei durchatmen. Der Druck in ihrer Brust, ihrer Seele, hatte sich gelöst. Trotzdem, es musste sich etwas ändern. Sie brauchte das Gespräch mit ihrer Freundin. Gedankenversunken steckte sie sich zwei Pfefferminzbonbons zwischen die Lippen.

      Auf dem Handy hatte sie einen Anruf. Sari hatte auf die Mailbox gesprochen. Ein neuer Brief, weitere Fotos.

       KontaktAufnahme

      Eine Stunde später saß Sari bei Ina in deren Wohnung. Lorenz hatte heute seinen Skat-Abend.

      »Jetzt muss ich gleich etwas loswerden«, platzte Ina heraus.

      Sari spürte, wie erregt ihre Freundin war.

      »Der angestaute Ärger, die Wut über Gott und die Welt, über Lorenz im Besonderen, alles kam zusammen. Da habe ich es getan. Der angestaute Frust musste raus!« Die Sätze sprudelten nur so aus ihr heraus. »Statt Schuhkauf, statt Kino, statt Thermalbad bin ich ins Elsass gefahren, habe im Glory-Hole Schwänze abgemolken. Ja, ich habe die Männer bedient. Und weißt du was … es war genau die richtige Therapie. Ich konnte dieses ständige Nachdenken, diese Gedanken, die sich immer im Kreis drehten, endlich loswerden. Es geht um mich! Verdammt noch mal, wann werde ich das endlich mal begreifen.« Sie legte ihren Kopf zurück und wuschelte mit beiden Händen mehrfach durch ihre kurzen Haare.

      Sari schaute sie mit ernstem Gesicht an. Da hatte sich schon einiges aufgestaut. Schweigend saßen sich beide für einen Moment gegenüber.

      »Entschuldige, ich wurde etwas laut«, sagte Ina. »Aber mit wem soll ich sonst darüber sprechen? Es gibt nichts Schlimmeres, als alles in sich hineinzufressen. Lorenz versteht nicht einmal im Ansatz, wie ich mich fühle. Alles prallt an ihm ab.« Ina presste ihre Lippen zusammen, fuhr sich erneut durch ihre Haare. »Natürlich bringt mir diese Frustreaktion mit den Schwänzen kein neues Seelenglück. So ganz bescheuert bin ich nun auch noch nicht, oder vielleicht doch? Eines aber habe ich mir vorgenommen: Ich werde ab sofort mit offenen Augen durch die Gegend laufen – wenn du verstehst, was ich meine.« Ina schaute auf ihre Hände, hob dann ihren Kopf und blickte Sari an.

      Diese antwortete: »So oder so! Du wirst das hinbekommen. Ich kann zuhören, ich kann verstehen … Aber helfen kannst du nur dir selbst. So sind nun einmal die Spielregeln des Lebens.«

      Ina nickte Sari mit leicht feuchten Augen zu.

      »Ich habe dir noch gar nichts angeboten. Was soll es sein?«, fragte Ina.

      »Ein Glas Wasser, bitte.«

      Ina stand auf, holte zwei Gläser und eine Flasche Wasser. »Aber jetzt zu dem Grund deines Besuchs. Schluss jetzt mit meinem Gejammer. Entschuldige! Was gibt es also Neues von unserem Starfotografen?«

      »Ich wünsche dir, dass du und Lorenz das wieder hinbekommt. Ich kann deinen derzeitigen Frust verstehen. Überstürze nichts, aber kommt ihr beide nicht mehr klar, dann musst du auch die Konsequenzen daraus ziehen. Das Haus hier hast du geerbt. Du bist finanziell unabhängig. Geh den Weg, den du für richtig empfindest.«

      Ina hob ihre Handfläche an und Sari klatschte ab.

      »Jetzt zu meinem Problem. Schau dir die Fotos an.« Sie reichte Ina die Bilder. »Wir auf der Liege im Ruheraum der gemischten Sauna. Absolutes Handyverbot. Der Kerl ist ganz schön dreist. Du im kalten Abkühlbad. Und hier eine Vergrößerung deiner Muschi mit Tattoo.«

      Ina besah sich die Fotos und legte sie dann zurück auf den Tisch. »Wir haben ihn wahrscheinlich unbewusst gesehen, schon ein komisches Gefühl.«

      »Denk mal darüber nach!«, sagte Sari. »Du hast gerade gesagt, wir haben ihn vielleicht unbewusst gesehen. Würde ich ihn also kennen, wäre er niemals dieses Risiko eingegangen und hätte sich im Umfeld von mir aufgehalten. Wenn uns das im Augenblick auch nicht weiterbringt, so ist es doch eine weitere wichtige Erkenntnis. Visuell kenne ich ihn nicht! Meine Gedankenspiele, es könnte einer meiner SM-Freunde sein, haben sich damit mehr oder weniger erledigt.« Sari schaute Ina mit hochgezogenen Augenbrauen und großen Augen an. Dann sagte sie: »Ist doch schon mal gut so! Die Ungewissheit hätte mich beim Besuch der Villa schon etwas befangen gemacht. So ist es mir um einiges lieber. Aber in erster Linie bin ich wegen dieses Schreibens zu dir gekommen.« Sari entfaltete ein Blatt Papier. »Der Zettel steckte unter dem Scheibenwischer meines Autos, als ich vom Einkaufen zurückkam.«

      Sari gab ihn Ina zu lesen.

      »Er will dich im Restaurant des XL-Möbelcenters treffen«, sagte Ina mit gekräuselter Stirn. »Wie verrückt ist das denn! Das Restaurant im fünften Stock des Centers ist während der ganzen Öffnungszeit sehr gut frequentiert. Und da will er dich treffen? Das sieht jetzt wieder nach einem Bekannten aus, der ein Spielchen mit dir betreibt. So nach dem Motto: ›Überraschung, da bin ich!‹ … Ich kann mich aber auch total täuschen. Hast du Sven darüber informiert?«

      Sari verzog ihr Gesicht.

      »Ich sehe schon … Also nein! So langsam solltest du ihn einweihen, Sari. Informierst du ihn nicht, wird er dir das mit Sicherheit einmal vorwerfen. Ein Treffen mit einem Unbekannten hat eine andere Gewichtung als ein paar Fotos, die du per Brief bekommen hast. Überlege dir das bitte. Jetzt wird es also ernst. Willst du wirklich hingehen?«

      »Wenn ich mich nicht täusche, ist das immer noch ein Vorgeplänkel. Es wird nichts Dramatisches passieren. Er will nur sehen, ob ich den Termin wahrnehme, ob ich seine Anweisungen ernst nehme. Nenne es naiv, aber ich will und möchte mir Klarheit verschaffen. Mir passiert schon nichts. Ich gehe zunächst auf alles ein und werde dort sein, wie er es sich wünscht. Wenn du als Beobachterin mitkommst, wäre das natürlich eine große Hilfe und Beruhigung für mich. Er kennt dich ja von den Fotos. Wir machen einen Treffpunkt im Küchencenter aus, das sich auch im fünften Stockwerk befindet. Sollte es zu lange dauern, kommst du in das Lokal. Ansonsten finde ich dich bei den Küchen in kürzester Zeit.«

      Ina nahm dieses Treffen nicht so locker wie ihre Freundin, aber sie würde selbstverständlich dabei sein und Sari zur Seite stehen.

      Wenn sich der Spinner schon die Zeit nahm, um Sari ab und an zu observieren, machte er das nicht nur aus einer Laune heraus. Es steckte mehr dahinter. Eine Lösung hatte Ina allerdings auch nicht. Sari hatte sich entschlossen. Jetzt musste und wollte sie ihr so weit wie möglich beistehen.

       KleiderSuche

      Zwei Tage später war Ina bei Sari zu Besuch. Sie redeten erneut über das Treffen mit dem Erpresser.

      Doch irgendwann ging Sari zu ihrem Schreibtisch, schaltete den Computer ein und seufzte. »Komm Ina, es reicht. Ein anderes, schöneres Thema, bitte. Wir reden später noch einmal über dieses Treffen. Ich finde es aber schon jetzt lieb von dir, Wache zu stehen. Also, lass uns mal meine Bekleidung für die Gala im Schloss aussuchen. So kommen wir auf andere Gedanken. Guck mal, wie findest du das hier?«

      Sari saß neben Ina vor dem Computer und zeigte auf eines der Modelle. »Ich finde den Schnitt, die Länge und die Farben passend für mich. Was meinst du? Sieht doch geil aus. Sag doch endlich«, wurde Sari ungeduldig.

      Beide Frauen waren aufgedreht und hatten richtig Spaß dabei, aus dem breiten Angebot das für Sari perfekte Outfit für diesen besonderen Anlass auszusuchen.

      »Dieses Charleston-Fransen-Kleid ist einem Original aus dem Jahr 1930 nachempfunden. Die langen Fransen am unteren Saum, die verspielten Träger, das dezente Grau, das könnte es sein. Also ich finde das Kleid klasse.« Sari war sich sicher.

      Aber sie war nicht allein mit ihrer Meinung. Ina nickte, zeigte mit ihrem Finger aber auf ein anderes Kleid und tippte es an. »Das ist es!« Sie sagte es ohne jeglichen Zweifel. »Was für ein geiles Kleid! Schau dir das an!«

      Sari öffnete das Foto in Monitorgröße und schaute das von einem Model getragene Kleid einige Zeit an, um sich dann strahlend an Ina zu wenden. »Eindeutig! Du hast recht. Wenn ich dich nicht hätte! Das ist es! Perfekt!«

      Schon bot Ina ihre offene Handfläche an und Sari klatschte sie krachend