Alexandra Gehring

Unmoralische Auszeit | Erotischer SM-Roman


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Elena. Du fährst hin und siehst dir das Ehepaar an. Allein schon das birgt doch einen Kitzel in sich.«

      Elena hatte von ihrer Freundin keine andere Antwort erwartet.

      Selina sagte: »Die Entscheidung allerdings, ob du dir ein solches Abenteuer moralisch, seelisch und psychisch überhaupt zutraust, liegt allein bei dir. Das ist einfach zu persönlich. Das ist kein Spiel. Das geht schon tief unter die Haut. Du musst es wollen. Deine Instinkte, deine sexuellen Sehnsüchte, alles muss einfach passen. Aber wem sage ich das.«

      Angeregt unterhielten sie sich noch viele Minuten.

      »Aus den Altersangaben folgere ich, dass das Ehepaar viel Erfahrung auf diesem Gebiet hat«, sagte Elena. »Das erzeugt eine Neugierde bei mir. Ich kann das nicht leugnen.«

      Selina spürte, dass es Elena ernst war, dass sie sich eingehend mit dem Angebot auseinandergesetzt hatte. Sie glaubte, ihre Freundin zu kennen. Zeitlich würde es absolut passen. Sollte Elena allen Ernstes diesen Weg gehen? Das Leben hält zwar immer Überraschungen bereit, aber hier ging es um viel mehr … Um Moral, Anstand und um eine ganz bestimmte sexuelle Neigung.

      Jetzt nahm Selina die Chipstüte in die Hand und griff nochmals beherzt zu. Kauend sagte sie: »Wenn du das Angebot zum persönlichen Kennenlernen annimmst, dann fahr ohne jegliche Erwartungen zu dem Treffen, lass dich einfach überraschen. Natürlich muss mindestens eine Empathie für diese Frau und ihren Mann deinerseits vorhanden sein.« Sie nahm nochmals Chips. »Eines ist allerdings klar: Das Paar hat dich in einem SM-Portal angeschrieben. Die wollen dich nicht nur zum Kaffeekochen oder Bettenmachen. Ihrem Alter entsprechend, verfügen sie über Erfahrung, die du in diesem Bereich sicherlich noch nicht hast. Aus dem Anschreiben ist das eindeutig zu entnehmen … Genau das wollen sie. Maso ist nicht nur Augenverbinden oder Händefesseln, da klatscht schon mal ein Rohrstock knallhart auf deinen Arsch. SM ist ungemein facettenreich. Da kann es schon heftig zur Sache gehen. In einem Gespräch werden sie dir ihre Wünsche und Vorstellungen von Angesicht zu Angesicht sicher mitteilen. Versuch einfach, alles offen zu halten. Lass uns jetzt zusammen nochmals über SM reden und uns einige Filmchen im Internet ansehen. Vielleicht erledigt sich dann schon alles.«

      Selina tippte ihre Idee in Google ein und sagte währenddessen: »Du musst dir einfach vollkommen im Klaren sein, auf was du dich da einlässt. Steh bitte mal auf, ich muss dich einfach kurz in den Arm nehmen. Das wühlt mich alles richtig auf.«

      Beide umarmten sich, drückten sich innig.

      Elena schenkte beiden etwas Cola nach, dann sahen sie sich angeregt die Videos an, unterhielten sich offen über das Gesehene. Elena musste zugeben, manches erregte sie mehr, als sie zugeben wollte, und ließ ein Kribbeln durch ihren Körper ziehen, anderes törnte sie aber total ab.

      Skullfuck, Gagging, Spanking, Atemkontrolle, Bastonade, Tunnelspiele, Dirty Talk, Figging oder Rimming waren einige der Begriffe, von denen Elena nur wenige geläufig waren. Ihre bisherigen sexuellen Beziehungen hatten sie erfüllt und befriedigt. Auch mit Alex hatte sie ihren Spaß gehabt, auch wenn der letzte Kick dabei fehlte. In den Filmchen ging es deutlich zur Sache. Es ging knallhart um Sex, um Lust, um das Aufbrechen von Tabus.

      Etwas ernüchtert, aufgrund ihres Wissensstandes über diese sexuellen Spielarten, lehnte sich Elena nachdenklich zurück. Selina schaute ihre Freundin mit ernstem Gesicht an und nahm nochmals einen kräftigen Schluck aus ihrem Glas.

      »Also mich macht das richtig geil!«, sagte Selina. »Schon der Gedanke, was da auf dich zukommt, ist so verrückt. Halt mich ja ständig auf dem Laufenden. Mann oh Mann! Wenn das keine spannenden Zeiten sind!«

      »Jetzt mach aber mal langsam. Erst, wenn sie mir bestätigen, dass sie eine, wie in dem Video gesehen, Novizin suchen, eine Anfängerin in Sachen SM, denke ich weiter darüber nach. Das ist alles hochspannend, aber noch verrückter ist, dass ich mich tatsächlich darauf einlasse und es nicht ablehne. Ich kenne mich ja selbst nicht mehr.«

       Der Besuch

      Während der Fahrt im ICE in die dreihundert Kilometer entfernte Stadt am Rhein, hatte Elena Zeit, ihre Gedanken, ihre Erwartungen und ihre Ängste nochmals zu reflektieren.

      Was waren ihre bisherigen Erfahrungen? In verspielter Form hatte sie schon einmal die Augen verbunden gehabt und ein paar feste Schläge mit der Hand auf ihren Allerwertesten bekommen. Auch ihre Titten, ihre Nippel wurden schon heftiger benutzt und ab und an mit Klammern versehen. Auch einen Sack hatte man ihr über den Kopf gestülpt, sie so einem Teil ihrer Sinne beraubt. Alles aber spielte sich innerhalb des normalen Sex’ ab. Es ging um Lust, um Ficken, nicht primär um Sado- oder Maso-Spielchen, geschweige denn, um eine Session mit klaren Ansagen, oder gar mit völlig Fremden.

      Mehrfach hatte sich Elena hinterfragt, ob sie sich devot oder unterwürfig hingeben könnte? Sie war eine starke, selbstbewusste, mitten im Leben stehende Frau. War der Wunsch nach rangenommen werden ein deutliches Zeichen, sich sexuell benutzen zu lassen, sich mitnehmen zu lassen auf eine Reise ins Nirwana? War das eine schlummernde Sehnsucht in ihr, oder spielte sie sich gerade selbst etwas vor?

      Da war noch vieles im Unklaren, aber ein Teil würde sich in den nächsten Stunden bei ihrem »Vorstellungsgespräch« klären. So oder so!

      Mitreisende hier im Zug hatten sicherlich andere Sorgen. Schmunzelnd schaute Elena aus dem Zugfenster, blickte in die vorbeifliegende Landschaft. Allein wenn sie nur an die kommenden Gespräche dachte, ging ein Schauer durch ihren Körper. Sie änderte ihre Sitzposition. Das Ziel dieser Fahrt hatte es in sich. Sie war tatsächlich auf dem Weg zu diesem Ehepaar. Ihr wurde ein zeitlich begrenzter Job als Au Pair Mädchen angeboten. Diese Definition gefiel ihr. Unter diesem Oberbegriff würde sie es ihren Eltern verkaufen, das stand für sie fest.

      In ihrer Tasche vibrierte das Handy. Selina wünschte ihr nochmals alles Liebe und Gute in der Fremde. Schmunzelnd nahm es Elena zur Kenntnis. Sie war nicht allein. Das war einfach ein gutes Gefühl. Ihre Freundin dachte an sie, drückte ihr die Daumen.

      Der Zug verlangsamte die Fahrt.

      ***

      Als Elena auf den Bahnsteig trat, spürte sie eine deutlich hochkommende Nervosität und Anspannung. Es hätte sie auch gewundert. In wenigen Minuten würde sie immerhin mehr über ihren Weg in naher Zukunft erfahren. Ihr erster Blick ging auf die Bahnhofsuhr. Der Zug hatte nur wenige Minuten Verspätung. Elena schaute sich um und lief dann in Richtung Bahnhofskiosk, dem vereinbarten Treffpunkt. Hier sollte sie abgeholt werden.

      Nochmals wuschelte sie sich durch ihr Haar, richtete den Kragen ihrer weißen Bluse und fixierte gespannt die umstehenden Frauen.

      Jemand tippte ihr auf die Schulter. »Elena?«

      Leicht erschrocken drehte sie sich um und nickte.

      »Ich bin Christina!« Die Frau streckte ihr freundlich lächelnd die Hand entgegen. »Ich freue mich, dass Sie gekommen sind und dass Sie unser Angebot interessiert. Willkommen hier bei uns!«

      Elena erwiderte die herzliche Begrüßung. Sofort löste sich ihre Anspannung. Vor ihr stand eine Frau, dezent, aber perfekt gestylt und geschminkt. Ihre schulterlangen, schwarzen Haare hatte sie mit rötlichen Strähnchen aufgepeppt. Ein ausgesprochen hübsches freundliches Gesicht mit lebendig leuchtenden Augen sah ihr entgegen. Eine interessante Frau. In ihrem dunkelblauen, eleganten Kostüm ordnete man sie sofort der Oberschicht zu. Diese Frau hatte Esprit. Elena hatte diesen Ausdruck noch nie gebraucht, aber hier schien er ihr absolut angebracht. Im Profil hatte Christina ihr Alter mit Mitte vierzig angegeben. Wenn der erste Eindruck eine so gewichtige Aussage über eine Person zulässt, dann war hier alles stimmig. Erleichtert atmete Elena durch.

      »Kommen Sie, mein Wagen steht auf dem Parkplatz gleich hier gegenüber. Gestatten Sie mir ein aufrichtiges Kompliment. Ich bin wirklich positiv überrascht. Sie sind eine bezaubernde junge Frau, und ich sage das nicht nur so dahin.«

      »Danke!«, mehr fiel Elena dazu nicht ein. Etwas verlegen machte sie dieses Kompliment schon. Wichtig war etwas anderes: Beide konnten miteinander. Die Chemie passte. Das stand schon jetzt für Elena fest.

      ***

      Der dunkelblaue