bestimmt angerufen.«
»Ich hab ihm deine Nummer nicht gegeben. Gleiches Spiel gilt auch beim Herausrücken der Telefonnummern meiner Ex-Freundinnen.«
»Vor allem: Freundinnen!«
»Willst du dich jetzt darüber beschweren, dass ich so ein verlässlicher und ehrenhafter Kerl bin?«
»Verlässlich? Du hast ihm bestimmt gar nicht erst Bescheid gesagt.«
»Sicher hab ich das. Er hatte nur etwas anderes vor. Nicht jeder wartet den ganzen Tag auf dich.«
»Mistkerl!« Ich stand erneut auf.
Wieder war er sofort zur Stelle mich hinunterzudrücken, doch diesmal blieb ich standhaft.
»Bitte, Francis, bleib doch noch. Es ist ein so schöner Abend. Wo wir zwei hier schon mal zusammen sind, können wir doch den Abend genießen.«
»Du bist also hier, weil Dean nicht konnte! Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Es war immerzu besetzt bei dir!« Er grinste.
»Du spinnst ja!« Ich drehte mich um und stapfte an der Bar vorbei Richtung Ausgang. Doch plötzlich blieb ich ruckartig stehen, denn ein Paar braune Augen blickten mich ruhig hinter dem Rand eines Glases an. Einen Moment lang war ich unsicher, ob er es wirklich sein könnte. Er schien es zu merken und senkte das Glas, ohne die Augen von mir zu lassen.
»Dean?!« In meinem Brustkorb hämmerte es.
Weder antwortete er noch zeigte er eine Gemütsregung.
»Dean!« Ich kam einen Schritt näher.
»Baby, was ist denn, wieso …« Shawn war mir hinterhergekommen. Seine Stimme verdüsterte sich als er sagte: »Ach, da ist ja der Kerl.«
Dean suchte in seiner Jackentasche, zog fünf Dollar hervor und legte sie auf den Tresen. Dann warf er sich seinen Mantel über und verließ das In-Lokal.
Sofort wollte ich ihm hinterherlaufen, doch Shawn hielt mich am Arm zurück. »Francis, warum willst du dem Typen hinterher? Er hat kein Interesse. Er hat dich versetzt und hält es nicht für nötig, sich zu entschuldigen. Komm, lass uns gemeinsam den Abend genießen.«
Mein Blick schickte Blitze, und meine Stimme tat es auch. »Lass mich sofort los, Shawn!«
»Verstehe einer die Weiber!«
Ich verließ im Laufschritt das Lokal und versuchte, Dean in der mit spärlichem Licht ausgeleuchteten Straße ausfindig zu machen. Tausende von Fragen rauschten in meinem Kopf, und ich hatte das Gefühl, in Ohnmacht zu fallen, wenn ich darauf keine Antworten bekam oder schlimmer noch, Dean gar nicht erst finden würde. Bestürzt über die Erkenntnis, ich hätte ihn schon wieder verloren, rief ich seinen Namen. Dann lief ich auf dem Bürgersteig an parkenden Autos entlang.
Da, ich entdeckte ihn. In einiger Entfernung wollte er gerade in einen Chevy einsteigen. »DEAN!«, schrie ich all meinen Stolz vergessend durch die Straße. Er stoppte in seiner Bewegung und blickte zu mir herüber. Nach einem kurzen Moment des Überlegens, schlug er die Tür von außen zu und wartete, bis ich heran war.
Etwas außer Atem sagte ich: »Was ist los? Was ist passiert? Wieso läufst du davon? Wieso bist du nicht erschienen?«
»Ich werde dir zwei der Fragen beantworten. Für den Rest habe ich keine Veranlassung.«
»Veranlassung? Was ist los, warum bist du so sauer?«
»Ist das schon die erste Frage?«
Ich verschränkte die Arme. »Was soll das? Stehe ich hier nun vor einem Mann oder einem schmollenden Kleinkind?«
Eine Weile hielt er meinen Blick gefangen, ehe er fragte: »Was läuft hier eigentlich? Du und dein angeblicher Ex mit dem du nichts mehr zu tun haben wolltest? Welche Rolle spiele ich in diesem Strategiespiel? Bin ich vielleicht der, mit dem man nur die Schuhe kauft?«
»Wie bitte, ich verstehe deine Fragen nicht! Du bist doch derjenige gewesen, der mich versetzt hat! Du hattest doch angeblich keine Zeit, mich zu sehen. Mir ist soeben natürlich schlagartig klar geworden, warum du keine Zeit hattest: Du musstest an dieser Bar sitzen! Und dann wunderst du dich, dass ich auf andere Männer treffe?«
»Okay, ganz von vorne«, Dean stützte sich mit einer Hand an seinem Auto ab. »Ich habe dich versetzt?«
»Ja, heute. Ich hatte mich mit dir verabredet.«
»Wie bitte? Das wüsste ich aber!«
»Ich habe Shawn gebeten, dass er mir deine Telefonnummer gibt. Aber die wollte er nicht rausrücken und hat das Date persönlich mit dir klarmachen wollen.«
Dean lachte auf. »Da hat dich der gute Shawn aber ganz schön hinters Licht geführt! Mich hat niemand angerufen. Außerdem: Wie kannst du nur deinen angeblichen Ex-Freund fragen, ob …«
»Hallo, ihr Hübschen. Ich wollte mich nur erkundigen, ob alles seinen richtigen Gang geht«, sagte Shawn, der nun von hinten herangekommen war und mir freundschaftlich eine Hand auf die Schulter legte. Ich schlug sie weg.
»Geh weg! Du störst!«, zischte ich.
»Hey, Baby, was ist los mit dir? Jetzt plötzlich störe ich? Aber eine Woche nach der Party, als ich dich von hinten gevögelt und dir deine Muschi geleckt habe, hat es dich auch nicht gestört.«
Deans Blick ruhte noch kurz auf Shawn, ehe er in meine Augen sah. Die Röte schoss mir ins Gesicht. Dean öffnete die Autotür und meinte: »Ich denke, es ist alles gesagt. Es gab kein Treffen. Dein Lover hat dich für sich beansprucht, und du hast keine Einwände.« Die Tür knallte ins Schloss und der Motor sprang an. Ich wich sprachlos zur Seite.
Dean fuhr an uns vorbei, ohne mich anzusehen. Shawn winkte.
***
Machtspiele - 8. Kapitel
»Und, was hast du dann gemacht?«, wollte Ryan wissen.
Mir liefen die Tränen über die Wangen und ich antwortete weinerlich. »Ich habe ihn angeschrien, wie Shawn so etwas hatte sagen können. Doch er lachte nur und meinte, ob es denn nicht stimmen würde, dass ich mich so willig von ihm habe vögeln lassen.« Ich schluchzte und fuhr fort: »Oh, Ryan, ich habe alles kaputt gemacht.«
»Ach, Herzchen …« Ich hörte, wie Ryan nach Worten suchte und was er fand, verpackte er nicht. »Wieso hast du es denn überhaupt mit Shawn getrieben? Ich dachte, du wärst durch mit dem Kerl, der solche widerwärtigen Dinge über dich erzählt.«
»Ja, ja, bin ich auch. Aber es ist irgendwie passiert. Ich weiß auch nicht. Er war plötzlich da und es war schön und gut und … Ach, ich Idiot! Was soll ich bloß tun?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich befürchte, du kannst nicht mehr viel tun. Warum sollte Dean an dir Interesse bekommen, wenn du dich nicht von deinem Ex lösen kannst. Süße, dein Leben wird ohne Dean auch weitergehen.«
Ich schnäuzte mir die Nase und Ryan beschwerte sich, dass es so laut war.
»Ist Dean erkältet?«, fragte Ryan mich unvermittelt.
Ich lachte kurz auf. »Wie bitte? Ob er erkältet ist? Wie kommst du denn darauf?«
»Na, durch dein Geschnäuze.«
»Nein, ich glaube nicht. Also, genau wissen tue ich es nicht. Warum fragst du das?«
»Und wie heißt Dean mit Nachnamen?«, fragte Ryan.
»Keine Ahnung.«
»Hm …«
»Warum, was denkst du denn?«
»Wie sieht er aus?«
»Er ist groß, gut aussehend, markantes Gesicht, braune Augen, braune kurze Haare …« Ich schilderte Ryan Deans Aussehen in sämtlichen Einzelheiten und verlor mich so sehr und lange im Detail, dass ich am Ende dachte, er wäre vielleicht schon eingeschlafen. »Ryan?«, fragte ich.
»Ja?«