würde ich Mathias knutschen. Das ist einer dieser Augenblicke, in denen ich wieder weiß, warum ich diesen Mann liebe. Mathias ist manchmal recht feinfühlig, vor allem dann, wenn man es nicht erwartet. Jetzt jedenfalls spürt er ganz genau, dass Karin und ich ein wenig Zeit für uns benötigen. Ich nicke ihm dankbar zu. »Das wäre toll! Danke!« Ich geleite Karin ins Wohnzimmer. Wir schweigen beide, während die Kinder laut johlen und sich auf einen tollen Film freuen. Ich zerbreche mir den Kopf darüber, wie ich ein unverfängliches Gespräch mit ihr beginnen könnte, doch mir fällt partout nichts ein. Am liebsten würde ich ihr all meine Fragen entgegen schleudern. Doch das wäre unklug, solange Mathias noch im Haus ist. Ich beschränke mich darauf Gläser aus dem Schrank zu holen und sie auf den Tisch zu stellen. Dann öffne ich den Weißwein und befülle die Gläser. Wir lächeln uns unsicher an, bevor ich in den Hausflur fliehe und mich von den Kindern und Mathias verabschiede. Als die Haustür hinter ihnen zufällt, hole ich zittrig tief Luft, bevor ich mich wieder zu Karin geselle. Ich setze mich an das andere Ende des Sofas und hebe mein Glas. »Zum Wohl!«; wünsche ich und nehme einen großen Schluck. Karin erwidert die Geste, weicht aber meinem Blick aus. Ich schweige. Irgendwann wird Karin schon zu sprechen anfangen. Ich kann deutlich in ihrem Gesicht sehen, wie sie mit sich kämpft und plötzlich platzt es aus mir heraus: »Ich habe euch gestern gesehen.«
Erschrocken starrt mich Karin an. Ihre Augen sind weit aufgerissen. Ganz offensichtlich hatte sie mit allem gerechnet, nur nicht damit. Fast tut sie mir leid, doch irgendwie bin ich im Moment nicht dazu aufgelegt, es ihr leichter zu machen. Dafür sitzt der Stachel der Enttäuschung zu tief. Erregt stehe ich auf und gehe auf und ab. Karin knetet ihre Hände im Schoß und sieht nicht auf. »Ich wusste, dass das nicht gut ausgehen kann«, murmelt sie so leise, dass ich sie kaum verstehen kann. Ich sinke auf einen Sessel. »Warum ausgerechnet er?«, will ich wissen. Karin zuckt mit den Schultern. »Es hat sich so ergeben. Es stand kein Plan dahinter.«
Obwohl sich in mir alles dagegen sträubt, glaube ich ihr. Ich nehme einen großen Schluck Wein und lehne mich zurück. Karin spricht es nicht aus und doch bin ich mir bewusst, dass ich weder dir noch Karin vorschreiben kann, mit wem ihr euch einlasst. Und doch sieht Karin jetzt durchaus schuldbewusst aus. Ich seufze. »Es tut mir leid! Ihr seid mir beide keine Rechenschaft schuldig. Aber…« Ich stocke.
»Aber es tat weh«, vollendet meine Freundin den Satz. »Das verstehe ich.«
Aufgewühlt stehe ich auf und schaue aus dem Fenster. »Nein, das kannst du nicht verstehen. Nicht wirklich. Ich wollte wirklich treu sein. Keine Affären mehr haben«, versuche ich zu erklären. Ich drehe mich zu Karin um. Sie sieht mich mit schräg gelegtem Kopf interessiert an.
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