Ich fürchte, Mister Rander, im Moment ist da nichts für uns zu holen.“
„Was ich noch nicht einmal bedaure“, antwortete Mike Rander, „ich hatte schon Sorge, diese beiden Gangster Mel und Hank hätten mir ein Verfahren wegen Kidnapping angehängt. Immerhin hielten wir sie hier im Bungalow fest.“
„Davon weiß ich nichts, will ich auch nichts wissen, solange diese beiden Gauner den Mund halten“, meinte Sheriff Anderson großzügig. „Bleibt der Mord an Ben Lovell! Glauben Sie wirklich, daß er auf das Konto dieses Fielding kommt?
„Schwer zu sagen.“ Rander massierte sich das Kinn. Josuah Parker erschien mit dem Kaffee und servierte ihn formvollendet. Assistent Ball sah interessiert, fast hochachtungsvoll zu. Solch eine vollendete Zeremonie des Servierens hatte er wohl bisher noch nie erlebt.
„Halten Sie Fielding für schuldig?“ fragte Sheriff Anderson weiter.
„Halters hat immerhin mehr oder weniger deutlich zugegeben, daß er für Fielding arbeitet, daß Fielding also hinter den verlangten einhunderttausend Dollar steht. Kennen Sie Fielding, Sheriff?“
„Ball, jetzt sind Sie dran.“ Sheriff Anderson wandte sich an seinen Mitarbeiter. Ball räusperte sich und kam zum Thema.
„Larry Fielding ist ein, sagen wir, berüchtigter Bursche hier an der Küste“, berichtete Ball sachlich und präzise. „Wovon er lebt, wissen wir nicht. Er hat aber stets Geld und spielt den großen Mann. Wieso er ausgerechnet an Helen Manners geraten ist, bleibt mir vorerst ein Rätsel. Die ,schöne Helena‘ hätte sich einen besseren Mann aussuchen können.“
„Schöne Helena. Diesen Ausdruck habe ich schon mal gehört. Waren Sie es nicht, Parker?“
„In der Tat, Sir. Mister Halters sprach davon. In der Art und Weise, wie er diese Umschreibung zitierte, dürfte dieser Titel nicht nur eine Anerkennung enthalten haben.“
„Kennen Sie Miss Manners näher?“ Rander sah Ball aufmerksam an.
„Sie ist sehr eigenwillig und spielt in der Gesellschaft eine Rolle“, gab Ball zurück, „für die Eingeweihten war es wie eine kalte Dusche, als sie sich mit Fielding verlobte!“
„Können Sie das näher erläutern, Ball?“
„Nun, Miss Manners war mit jungen Leuten aus der ersten Gesellschaft liiert. Geld wäre zu Geld gekommen. Manners hat ja, was er will. Aber Fielding ist doch ein Nichts! Ich glaube, Helen Manners lernte ihn auf einer Party kennen!“
„Bleibt die Frage, wieso Fielding den Vater seiner Verlobten mit der Entführung Helens erpressen will. Immer vorausgesetzt, daß Halters und Fielding unter einer Decke stecken.“
„Das wäre zu erklären“, sagte Sheriff Anderson nachdenklich, „Fielding braucht Geld … Der alte Manners wird nichts herausgerückt haben. Also versucht Fielding, auf dem Umweg über dieses drohende Kidnapping an Geld zu kommen.“
„Wäre möglich“, meinte Anwalt Rander und nickte langsam, „Herbert Manners hängt an seiner Tochter, wie?“
„Und ob … Er vergöttert sie. Das ist allgemein bekannt.“
„Warum läßt er dann die geplante Heirat mit Fielding zu. Er muß doch wissen, was mit diesem Burschen los ist!“
„Ist anzunehmen.“ Sheriff Anderson zündete sich eine Zigarette an und trank von seinem Kaffee, „das ist der Punkt, über den ich nicht wegkomme!“
„Vielleicht, Sir, wenn ich mir diesen Hinweis gestatten darf, kann Mister Manners es sich nicht leisten, gegen diese geplante Verbindung anzugehen.“ Parker stand dienstbereit seitlich neben der Tür. Er sprach gemessen, würdevoll und barock wie immer.
„Wie meinen Sie?“ erkundigte sich Ball, der Parkers Ausdrucksweise natürlich nicht kannte.
„Vielleicht besitzt Fielding irgendeine Handhabe gegen Herbert Manners“, erläuterte Rander lächelnd, „er kann damit Manners zwingen, der geplanten Heirat zuzustimmen.“
„Das wäre eine Möglichkeit“, sagte Sheriff Anderson und nickte heftig, „und Helen spielt mit, um ihren Vater nicht in Schwierigkeiten zu bringen.“
„Klingt logisch“, pflichtete Ball seinem Chef bei. „Nur, wenn Fielding Manners unter Druck setzen kann, warum zapft er ihm dann nicht direkt das benötigte Geld ab. Wäre doch ein Aufwaschen?“
„Ein Einwand, der zieht, finden Sie nicht auch.“ Anderson sah Parker und Rander fragend an.
„Vielleicht weiß er, daß Manners in diesem Punkt nicht mitspielen würde.“ Rander suchte, nach weiteren Gründen. „Vielleicht will Fielding auch den Schein waren. Vielleicht will er sich bei dieser Schönen Helena nicht völlig unbeliebt machen. Man müßte Fielding mal ordentlich in die Zange nehmen, Sheriff! In diesem Zusammenhang eine Frage: Wann ist Jeff Halters vernehmungsfähig?“
„In den nächsten zwei, drei Tagen bestimmt nicht. Ich habe bereits mit dem Arzt gesprochen. Aber auch danach ist es fraglich, ob er reden wird. Er weiß, daß es dabei um seinen Kopf geht. Eine Arbeitsgemeinschaft mit Fielding zum Zweck eines Kidnapping wird er niemals zugeben. Auch dann nicht, wenn Fielding tatsächlich auf ihn geschossen hat.“
„Richtig“, bestätigte Mike Rander, „solch ein Geständnis kann er sich nicht leisten. Und was ist mit Fielding?“
„Ein abgebrühter Bursche“, schaltete Ball sich ein, „freiwillig wird der niemals reden. Er hält sich nach wie vor in seiner Wohnung und bei den Manners’ auf, habe ich bereits feststellen lassen. Er gibt sich harmlos und gelassen.“
„Vielleicht scheucht ihn dieser Mann mit der Hüftverletzung auf“, warf Sheriff Anderson ein, „wenn man nur wüßte, wer dieser Mann ist. Eines steht fest, er arbeitet gegen Halters. Und damit ja wohl auch gegen Fieldings Interesse!“
„Dieser Mann ist leider verschwunden“, sagte Mike Rander halb ärgerlich, halb elegisch, „wir wissen nur, daß er bei Helen Manners war und von Fielding angeschossen wurde!“
„Es dürfte sich, wenn ich mich in aller gebotenen Bescheidenheit einschalten darf, um den Vertreter einer zweiten Gruppe handeln, die an einer Entführung von Miss Manners interessiert ist.“ Parker war die Würde und Gemessenheit selbst.
„Eine zweite Kidnapperbande?“ Ball schnappte nach Luft. Dieser Gedanke schien ihm noch nicht gekommen zu sein.
„Könnte sein“, sagte Sheriff Anderson vorsichtig, „aber diesen Mann werden wir bestimmt niemals Wiedersehen. Er weiß doch inzwischen, daß wir Miss Manners abschirmen. Ausgeschlossen, daß dieser ,schönen Helena‘ jetzt noch etwas passieren wird. Dafür wird schon Fielding sorgen. Ich wette, er läßt die goldene Gans nicht einen Moment lang aus den Augen!“
*
Parker inspizierte nach dem Weggang der beiden Behördenvertreter das frisch angelieferte Mietboot.
Es handelte sich um einen großen, starken Inborder, der zwei gut eingerichtete Kabinen auf wies. Weiterhin gab es an Bord eine kleine Pantry, in der Speisen angerichtet werden konnten. Frischwassertanks, ein kleiner Vorratsraum und ein bequemes Sonnendeck hinter dem Ruder und Motorstand vervollständigten die Einrichtung.
„Ich frage mich nur, was wir mit diesem Schlachtschiff anstellen wollen“, sagte Rander amüsiert. Er hatte Parker hinaus ans Boot begleitet und saß jetzt auf dem Sonnendeck in einem bequemen Korbsessel. „Aber ich sage Ihnen gleich, Parker, ich habe nichts dagegen, wenn wir ein paar nette Urlaubstage einschieben. Im Moment können wir doch nur warten. Die Ratten haben sich in ihre Löcher zurückgezogen. So schnell werden die sich nicht mehr blicken lassen.“
„Leider, Sir. Man müßte diese Ratten dazu bringen, freiwillig ihre Verstecke zu verlassen.“
„Das schaffen wir nicht, Parker. Machen wir uns nichts vor. Mel und Hank sind längst untergetaucht. Halters ist durch seine Verletzung handlungsunfähig. Und Fielding wird sich hüten, vorerst etwas zu unternehmen.“
„In