Kim Shatner

VögelBar 1 | Erotischer Roman


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wusste, dass sie sie irgendwann kennenlernen musste. Ganz einfach, weil sie von ihr fasziniert war. Die Fantasie dieser Frau, ihr Charme, ihr Feingefühl, ihre gewählte Ausdrucksweise ... LaTigresse hatte eindeutig Klasse, und sie kam bestimmt aus besseren Kreisen.

      Paula war von Natur aus ein vorsichtiger und zurückhaltender Mensch. Es hatte einige Zeit gedauert, ehe sie den inneren Zwang empfand, ihr Misstrauen zu überwinden und der geheimnisvollen Chat-Partnerin, die sie nur als LaTigresse kannte, ihre E-Mail-Adresse preiszugeben.

      Aber heute würde sie es tun.

      Eric, ihr Mann, lag bereits seit Stunden im Bett und schlief fest. Sie konnte sein Schnarchen sogar durch die beiden Türen hören, die ihr kleines Arbeitszimmer vom Schlafzimmer trennten.

      Sie schenkte sich ein weiteres Glas Rotwein ein und bemühte sich um einen klaren Gedanken. Aber es ging nicht, sie war zu erregt. Dann fasste sie sich ein Herz ...

      Sie warf ihr langes dunkles Haar in den Nacken, presste die Lippen aufeinander, dann ließ sie LaTigresse eine geheime Nachricht zukommen, die von den anderen Chattern nicht mitgelesen werden konnte.

      »Ich möchte dich gern persönlich kennenlernen«, schrieb sie.

      Sekunden später kam die Antwort: »Ich dich auch.«

      Paula musste lächeln. Sie hatten bereits festgestellt, dass sie auch in London wohnte.

      Erst kam ein Smilie, dann die Antwort von LaTigresse: »Okay, dann komm bitte sofort vorbei!!!« Und wieder ein Smilie, weil natürlich nicht ernst gemeint.

      Paula zögerte mit der Antwort. »Sofort geht leider nicht. Aber wann hättest du denn mal Zeit, Süße?«

      Sie setzte dieses »Süße« hinzu, obwohl sie es gar nicht wollte. Aber es floss irgendwie automatisch aus ihren Fingern. Sie gab dem Wein die Schuld. Ihr Herz schlug jetzt bis zum Hals.

      »Sag du!«, lautete die Antwort.

      »Ich gebe dir meine private E-Mail-Adresse, dann können wir alles Weitere besprechen, okay?« Und sie gab sie ihr.

      »Okay, notiert. Schreibe dir sofort. Bis gleich.«

      »Bis gleich.«

      Paula sah, wie LaTigresse den Chat verließ. Daraufhin verließ sie den Chat ebenfalls. Puuuh, Paula, was tust du da?

      Jetzt gab es kein Zurück mehr.

      Etwas benommen ging sie zum Klo, um Pipi zu machen.

      Nachdem sie zu ihrem Computer zurückgekehrt war, rief sie ihren E-Mail-Account auf. Im Posteingang lag eine Nachricht von LaTigresse!

      »Hallo Babyface, find ich ja total geil, dass du dir endlich ein Herz gefasst hast. Ich hatte die Hoffnung nämlich nie aufgegeben, dich auch mal privat kennenzulernen.«

      Paula wurde von einer geheimnisvollen Erregung erfasst. Der Text schien vor ihren Augen zu verschwimmen. Stopp!, sagte eine innere Stimme, du weißt so gut wie nichts über diese Frau. Du weißt ja noch nicht mal, wie alt sie ist, geschweige denn wie sie aussieht ... Sie hatte zwar das Gefühl, mit einer Gleichaltrigen zu chatten, aber dieses Gefühl konnte genauso gut trügen. Sie drückte auf »Antworten«, dann schrieb sie:

      »Hallo LaTigresse, ja, ich bin auch ganz stolz auf meinen Mut. Ich habe lange vor diesem Schritt zurückgeschreckt, aber du gehst mir einfach nicht aus dem Kopf. Die Sachen, die du schreibst, erregen mich sehr. Du musst wissen, dass das, was wir hier tun, für mich absolutes Neuland ist. Im Chat klinge ich vielleicht mutig, aber ich bin es nicht wirklich. In Wirklichkeit bin ich ein ängstlicher Mensch. Aber ich bin auch sehr neugierig auf das, was mich mit dir erwartet. Wie alt bist du denn? Ich bin 31. Bis gleich, Paula.«

      Sie unterschrieb die Mail mit ihrem wahren Vornamen.

      Die Antwort kam Sekunden später.

      »Hallo Paula, ich bin 33 Jahre alt. Ich hab dir mal ein aktuelles Foto von mir beigefügt, damit du weißt, wie ich aussehe. Schick mir bitte auch ein Foto von dir. Bin gaaaaaaanz neugierig. Liebe Grüße, Sandy.«

      Als Paula das angehängte Foto im jpg-Format öffnete, war sie sehr angetan. Sandy war nicht nur schön, sie war aufregend. Sie schloss die Augen und sah, wie diese Frau sie auf den Mund küsste und sie überall berührte, und sie wusste sofort, dass dieses Bild sie in ihre nächste Masturbation begleiten würde.

      Dann schrieb sie schnell zurück: »Ja, du gefällst mir sehr. Anbei auch ein Foto von mir. Sei mir bitte nicht böse, wenn ich dich auf morgen vertröste. Ich bin echt müde und muss morgen früh raus. Liebe Grüße, Paula.«

      Als sie ihren Computer herunterfuhr, war sie ganz durcheinander. Auf dem Weg ins Badezimmer versuchte sie sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass es ja nicht zwangsläufig zum Sex mit Sandy kommen musste, obwohl sie wusste, dass es genau darauf hinauslief.

      Bevor sie zu Bett ging, masturbierte sie heftig, und sie wusste, dass sich in ihrem Leben gerade etwas geändert hatte. Etwas Grundsätzliches.

      Den ganzen nächsten Tag fieberte sie den späten Abendstunden entgegen, wenn Eric bereits schlafen würde und sie sich nach Herzenslust Sandy öffnen konnte.

       Kapitel 16

      Paula hatte das Gefühl, dass in ihrem ganzen Freundes- und Bekanntenkreis die gleiche Unsicherheit und Verwirrung herrschte, wie in ihrem eigenen Leben, aber sie konnten mit niemandem darüber sprechen. Sie fühlte schon seit längerem so eine Art Umbruch, so etwas wie eine Zeitenwende, konnte ihr Gefühl aber nicht in Worte kleiden. Sie hatte Hilfe in esoterischen Zeitschriften gesucht, aber schnell erkannt, dass das nicht wirklich ihre Welt war. Sie hatte unbewusst einen neuen Weg eingeschlagen, aber wohin die Reise ging, wusste sie nicht. Sie wusste nur, dass sie ihr altes Leben so nicht weiterführen wollte. Die erste Frau, die wirklich zu spüren schien, dass sie sich in einem Umbruch befand und ihre alte Haut abstreifen wollte, war LaTigresse. Paula suchte nur deshalb ihre Nähe, weil sie instinktiv ahnte, dass sie ihr den Übergang in eine neue, reichere Erotik eröffnen würde.

      Das Wetter war wunderschön, die Sonne schien, und es war nicht zu heiß. Die beiden Frauen hatten sich auf einen Waldspaziergang geeinigt.

      Als sie sich nun zum ersten Mal gegenüberstanden, wussten sie beide sofort, dass es eine schicksalhafte Begegnung war. Sie spürten eine Art von Vertrauen, das sie selbst am meisten überraschte.

      »Die Kunst besteht darin, zu tun, worauf man Lust hat, und es nicht allzu ernst zu nehmen«, sagte Sandy nach einer Weile. »Und rechtzeitig aufzuwachen.«

      »Ich weiß aber nicht, worauf ich Lust habe«, antwortete Paula. »Ich weiß nur, dass ich etwas Neues erleben muss, sonst werde ich verrückt.«

      Sandy musste schmunzeln. »Es gibt viele Frauen, die nicht wissen, was sie wollen. Und wenn sie es wissen, teilen sie es ihren Partnern nicht mit. Wir sollten also zuerst mal herausfinden, was du wirklich willst.«

      »Hilfst du mir dabei?«

      »Ich werde mir die größte Mühe geben.«

      Nach einer halben Stunde war Paula bereit, Sandy in ihre Wohnung zu begleiten. Sie zitterte am ganzen Körper, als Sandy sie im Schlafzimmer in den Arm nahm und küsste. Sandys Lippen waren weich, und Paula fühlte sich in ihrer Gegenwart sofort geborgen. Diese Frau war sehr erfahren, und sie hatte die Führung übernommen, was Paula nur recht war. Willig ließ sie sich von ihr die Träger ihres Kleides über die Schultern streifen.

      Als sie sich, nur noch mit einem Slip bekleidet, gegenüberstanden, wurde Sandy von der vernichtenden Schönheit dieses Frauenkörpers sehr stark erregt. Sie dachte an Marc, den es wahrscheinlich umhauen würde, wenn er sie jetzt so sähe. Dann nahm sie Paula an die Hand und zog sie auf ihr großes Bett.

      »Ich bin keine echte Lesbe«, sagte Sandy, »aber ich werde sehr liebevoll zu dir sein.«

      »Ich bin auch keine Lesbe, aber ich weiß, dass ich das, was wir hier tun, tun muss.«

      Sie machten keine großen Sachen miteinander, sie küssten und streichelten sich und genossen die Wärme