sich neben mich in einen zweiten Sessel. Distanz halten. Gut!
Ich war baff über den perfekten Schnitt seines Anzuges, der selbst jetzt noch ohne Falten saß. McLeod war etwas über mittelgroß und schlank. Offensichtlich fehlte ihm sogar der für Männer seines Alters so typische Bauchansatz. Sein Haar legte sich in beinahe konzentrischen silbernen Wellen um seinen Kopf und seine Lippen waren ausdrucksstark und markant, ohne zu voll zu wirken.
»Sie wundern sich vielleicht über den Zeitpunkt unseres Gespräches …«, begann McLeod.
Er wird über mich herfallen, dachte ich. Genau, deswegen hat er mich herbestellt. »Nein … Ja … Nein.« Wie blöd kann man sein?
Seine Brauen wanderten nach oben und wieder herab. »Sie sind genau das, was ich gesucht habe. Ein Wink des Schicksals war Ihre Bewerbung. Nur weiß ich nicht, ob Sie den Job wollen. Sherry?«
Was für eine Stelle war das? Fachfrau für Grenzdebilität?
Ohne meine Antwort abzuwarten, schenkte er in ein winziges, fragiles Glas ein und reichte mir den Drink.
Ich leerte ihn auf einen Zug. Eigentlich mag ich gar keinen Alkohol, aber in dieser Situation war ich etwas überfordert. Der Sherry brannte und ich mochte den Nachgeschmack nicht. »Als Sekretärin?«, schaffte ich zu fragen.
»Dazu reichen Ihre diesbezüglichen Noten nicht.«
Das ließ an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. »Putzfrau?« Der Sherry machte mich etwas übermütig.
Er lachte, warm und trocken und irgendwie sexy. »Dazu sind die Noten zu gut. Nein, ich habe etwas anderes, für das ich eine Mitarbeiterin suche …« Er setzte sich noch etwas gerader hin und sah mich durchdringend an. Die Dunkelheit umhüllte uns. Es war eine seltsame Situation, in der ich nicht wusste, ob ich mich wohl oder bedroht fühlen sollte.
Jedenfalls wurde ich träge. Der Sherry setzte mir zu.
»Wenn Sie es nicht möchten, stehen Sie auf und dieses Gespräch hat nie stattgefunden.«
Der plötzliche Ernst in seiner Stimme irritierte mich. Das klang nach einem Mafia-Gespräch. Oh, mein Gott! Der suchte einen Kurier für Drogen oder Schwarzgeld, oder beides …
»Lassen Sie mich erklären …«, begann McLeod. Seine Hand ruhte plötzlich auf meinem nackten Knie. Ich hielt die Luft an. Jetzt konnte ich den Rock nicht mehr hinunterziehen. Zu spät!
»Ich habe sehr oft Klienten, die ich ausführe. Ins Londoner Nachtleben. In Restaurants …« Er legte den Kopf etwas schräg, um mein Gesicht besser zu sehen.
»Die Herren kommen meistens ohne Begleitung …« Fortwährend warf er kleine Satzsteine ins Wasser und beobachtete, was geschah, während sie fielen.
Ich wusste, was er meinte. Er suchte eine Nutte – eine Hure. Und ich hatte mich ja auch passend gekleidet. Aber das hatte er nicht wissen können, als er mich eingeladen hatte … Besaß ich etwa so eine Ausstrahlung?
»Warum rufen Sie keinen Escort-Service an?« Ich kannte den Begriff aus dem Fernsehen …
Er presste die Lippen aufeinander. Sein silberfarbenes Haar glitzerte richtiggehend im Licht der kleinen Wandlampe hinter uns. »Ich will keine professionellen Nutten. Ich will eine nette, junge Frau, die den Herren die Zeit vertreibt.«
»Ich sehe ziemlich durchschnittlich aus. Und … ähm, üppig dazu.«
»Sie haben einen schönen Busen und sexy Kurven.«
Das ließ ebenfalls nichts an Deutlichkeit vermissen. Eins musste man ihm lassen: Er neigte keineswegs dazu, um den heißen Brei zu reden!
Ich leerte den zweiten Sherry. Oder war es der dritte? Wie konnte er das mit meinen Kurven wissen? Er hatte mich doch gar nicht nackt gesehen! Die Bluse! Die verbarg echt wenig!
»Müsste ich mit den Klienten schlafen?«, wollte ich wissen.
Er schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Wenn Sie einen attraktiv finden, können Sie das natürlich tun. So wie mit irgendeinem anderen Mann auch. Sie mögen doch Männer?«
Was sagt man denn da drauf? Meinte er es in erotischer Hinsicht oder allgemein? Da konnte man durchaus zu unterschiedlichen Antworten kommen …
»Ja, klar. Schon.« Ich begann, mich von außen zu betrachten. Was redete ich da eigentlich? War das der Sherry, die Dunkelheit im Zimmer oder seine Stimme, die mich dazu brachten, mich wie eine Schlampe aufzuführen?
Ich war ein einfaches Mädchen vom Land. Die Liebhaber, die ich bis jetzt gehabt hatte, konnte man locker an einer Hand abzählen. Auch wenn ich deswegen ein ganz klein wenig betrübter war, als ich es bei meiner Erziehung und Herkunft hätte sein dürfen.
Der Anwalt - Teil 2
Da saß ich nun, angeschickert, mit einem vornehmen Herrn in den »besten Jahren« und quatschte Mist. In diesem Moment hätte ich aufstehen sollen und gehen. Einfach so. »Dankeschön« sagen, und das war’s. Aus! Vorbei!
Aber konnte ich das wirklich noch? Was sollte ich nur tun? Er saß so dicht bei mir, dass ich seinen Atem und den Duft, der ihn umgab, wahrnahm. Eine Mischung aus Zigarettenrauch, Sherry und Rasierwasser. Vielleicht einen Hauch Duschgel vom Morgen. Ich beobachtete die Bewegungen seiner Lippen, während er sprach, betrachtete seinen Adamsapfel, der sich langsam auf und ab bewegte und dabei die winzigen Stoppeln mitnahm, die aus den Poren traten.
Wie sonor seine Stimme in meinem Ohr hallte. Eine Stimme, bei der man die Augen schließen und nur noch lauschen will. Verdammt! Der Kerl war sexy. Und ich hatte Lust auf ihn!
Sein Finger glitt plötzlich an meinem Ausschnitt entlang nach unten in Richtung meiner Halbkugeln. Seine Lippen sprachen so dicht an meinen Wangen, dass es mir lauter winzige Schauer über den Rücken trieb. Mir war heiß. Verfluchter Sherry! Warum machte niemand ein Fenster auf? Sein Atem berührte meine Haut. Seine Finger, manikürt, lagen an der schwarzen Spitze. Meine Nippel rieben am Stoff und ich verlor langsam den Überblick. Ich war kurz davor, ihn anzuflehen, meine Brüste zu berühren.
»Sie sind eine wirklich attraktive Frau.«
Ich schluckte hart. Oh Gott, war ich leicht rumzukriegen!
»Sie sind einfach … sinnlich. Das ist genau, was ich gesucht habe.« Er machte eine Bewegung nach vorne, gerade so weit, dass seine Unterlippe meine Wange berührte. Es war ein halber Kuss. Eine getarnte, scheinbar zufällige Berührung. Mir wurde noch heißer.
Mit geübten Fingern öffnete er den obersten Knopf meiner Bluse. Ich japste. Der Sherry stieg mir massiv in den Kopf. Ich sah ein paar kleine Schweißtropfen auf seinen breiten Nasenflügeln, dann wanderten meine Blicke wieder hinab zu dem wunderbar gezeichneten Amorbogen seiner Lippen.
Ich beugte mich vor, so, als würde ich nach dem Glas greifen. Tatsächlich aber wollte ich ihm nur einen weiteren Blick auf meine Brüste gewähren, vielleicht sogar dafür sorgen, dass er sie berührte. Ich wollte wissen, wie weit ein solcher Mann bereit war, zu gehen. Sehr weit – das hätte ich erkannt, wäre ich nicht so benebelt gewesen.
»Sie müssen mit keinem ins Bett, den Sie nicht wollen«, raunte er.
Meine Kehle war trocken. Da half nur ein weiterer Sherry.
Seine Stimme war wie eine Vibration um mich herum, die beständig schwerer zu werden schien.
Ich sehnte mich nach frischer Luft und ich sehnte mich nach … Ich wollte meinen Slip loswerden. Meine Schenkel rieben gegeneinander. Der String war unangenehm. Ich wollte nicht sexy aussehen und auch nicht, als sei ich leichte Beute.
»Wie viel bezahlen Sie?«, war alles, was mir einfiel. Sollte das etwa eine Verteidigung sein? War diese Frage die Barriere, die ich gegen seine gierigen Augen aufstellte?
Es musste echt viel sein, was er zu bieten hatte, sonst würde ich auf der Stelle gehen. Das nahm ich mir zumindest vor. Ein paar Pfund für eine kleine Schlampe – und ich wäre draußen.
»Fünfhundert.«