Sharon Garlough Brown

Unterwegs mit dir


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er bedeutete.

      „Sie beginnen die Reise mit einem wundervollen Geschenk, Meg, wenn Sie schon wissen, dass Sie nicht so viel wissen, und wenn Sie bereits erkannt haben, wie verzweifelt Sie Gott brauchen. Demut ist immer der Ausgangspunkt für diejenigen, die Gott näherkommen wollen.“

      Meg blickte auf und begegnete Katherines mitfühlendem Blick. „Natürlich gibt es auch die Art der inneren Armut, die lähmt“, fuhr Katherine langsam fort, „die höhnt, dass man nicht gut genug ist, egal wie sehr man sich bemüht. Diese Art der Selbstdemütigung hindert uns daran, uns so zu sehen, wie Gott uns sieht.“ Sie hielt inne. „Vielleicht wird Ihre Reise Sie vom einen zum anderen führen.“

      Meg schüttelte den Kopf. „Ich glaube, ich verstehe nicht so ganz, was Sie meinen.“ Es gab so vieles, was sie nicht verstand. Wie konnte es sein, dass sie sich mit 46 immer noch wie ein Kind fühlte? Das Alter hatte sich angesch­lichen, als sie gerade nicht aufgepasst hatte.

      Katherine lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. „Vor vielen Jahren, als ich noch Berufsanfängerin war“, erzählte sie, „hatte ich einen Traum, den ich nie vergessen habe. In dem Traum bewarb ich mich für einen Job bei der Polizei – ausgerechnet! Der Polizeibeamte war sehr unfreundlich und grunzte, wenn ich den Job haben wollte, müsste ich dreihundert Pfund heben können.“

      Meg lachte laut auf.

      „Ich weiß. Sehen Sie mich nur an!“ Katherine lachte und deutete auf ihre mageren Arme. „Also erklärte ich ihm, dass ich schon lange keinen Sport mehr gemacht hätte. Und er runzelte die Stirn und brummte: ‚Nun, das ist aber die Voraussetzung für den Job, meine Dame. Ist das ein Problem für Sie?‘ Ich blickte ihm in die Augen und erwiderte: ‚Nein, das ist kein Problem für mich, weil Jesus es für mich tun wird.‘ Daraufhin brachte er mich zu einem riesigen Apparat mit Gewichten – das Ding war wirklich monströs! – und schnallte mich an. Anfangs konnte ich mich kaum rühren, doch dann plötzlich drückte ich riesige Gewichte hoch über meinen Kopf, immer und immer wieder.“

      Meg grinste, als Katherine die Bewegung demonstrierte. Mit funkelnden Augen fuhr Katherine fort. „Leider wachte ich auf, bevor ich erfuhr, ob ich den Job bekommen hatte. Aber ich wusste, dass der Traum eine wichtige Bedeutung hatte, darum bat ich den Heiligen Geist, mir zu helfen, ihn zu verstehen. Und während ich betete, hatte ich ganz stark das Gefühl, dass Gott zu mir sagte: ‚Kitty, das ist Demut. So sollst du leben: in dem Wissen, dass du aus dir heraus nicht die Kraft hast, aber in vollem Vertrauen darauf, dass du durch mich alles schaffen kannst.‘“ Sie hielt inne. „Ergibt das einen Sinn?“

      Meg sprach langsam. „Ich denke schon. Mein Pastor sagt oft, dass wir nur noch nach oben schauen können, wenn wir mit unseren eigenen Mitteln am Ende sind.“

      „Genau.“ Katherine faltete die Hände. „Als Jesus von den ‚Ar­men im Geiste‘ sprach, meinte er vermutlich die Menschen, die absolut hilflos und in allen ihren Bedürfnissen vollkommen von Gott abhängig sind. Diese Art von Schwäche ist ein Segen, Meg. Es ist ein Geschenk, sagen zu können: ‚Ich kann das nicht, aber Gott kann es!‘“ Katherine blickte Meg eindringlich an. „Eigentlich ist dies eines meiner Lieblingsgebete. Beim Einatmen sage ich die Worte: ‚Ich kann es nicht‘ und beim Ausatmen: ‚Aber du kannst, Herr‘. Und das immer und immer wieder, den ganzen Tag. Diese einfachen Worte helfen mir, voller Hoffnung und Glauben weiterzugehen, wenn der Weg schwierig wird. Und manchmal ist er sehr schwierig, nicht?“

      Meg schwieg und lauschte auf den Rhythmus ihres eigenen Atems. Konnte man wirklich so beten? So … beständig? So einfach … Ihre Ängste waren für sie wie das Atmen – ständig und regelmäßig und ihr so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie sie kaum noch bemerkte. Könnte Gebet so für sie werden? Könnte das Bewusstsein der Gegenwart und Macht Gottes für sie tatsächlich wie die Luft zum Atmen für sie werden?

      „In den vergangenen Jahren habe ich eigentlich immer nur gesagt: ‚Ich kann nicht‘.“ Megs Stimme war kaum lauter als ein Flüstern. „Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch anders kann.“

      Katherine lächelte sie ermutigend an. „Bei geist­lichen Übungen geht es darum, neue Gewohnheiten zu formen“, erwiderte sie. „Wenn Sie den Teil mit dem ‚Ich kann nicht‘ schon so gut beherrschen, können Sie jetzt ja anfangen, den zweiten Teil einzuüben: ‚Aber du kannst.‘ Gottes Gnade ist so groß, dass unsere Schwächen wunderbare Gelegenheiten für den Heiligen Geist werden, in uns zu wirken. Unsere Ängste, unsere Versuchungen, sogar unsere Sünden können uns näher zu Gott bringen.“

      Meg dachte einen Augenblick nach. „Meine Ängste hätten mich heute beinahe davon abgehalten, hierher zu kommen“, murmelte sie schließlich.

      Katherine blickte sie wissend an. „Und doch hat Gott Ihnen den Mut geschenkt zu kommen – und nicht wieder wegzulaufen.“ Meg spürte, wie sie errötete. „Ich zweifle nicht daran, dass Gott Ihnen alles geben wird, was Sie brauchen, um dem Weg in die Freiheit zu folgen, Meg. Er wird an Ihrer Seite gehen.“

      Meg schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. „Danke“, hauchte sie.

      Katherine drückte ihre Hand und erhob sich. „Gott segne Sie, Meg. Wir sehen uns beim nächsten Mal.“

      

      Meg verließ das Gebäude durch die Tür zum Innenhof und ging über den von Bäumen gesäumten Weg zum Labyrinth. Als sie es erreichte, war sie überrascht, Hannah auf der Bank bei den Rosensträuchern sitzen zu sehen. Ihr erster Impuls war, sich unbemerkt zurückzuziehen, doch es war bereits zu spät; Hannah blickte auf und winkte. Das Klappern ihrer Absätze hatte sie verraten.

      „Entschuldigung“, sagte Meg und deutete auf Hannahs Notizbuch. „Ich wollte Sie nicht stören.“

      „Ich bin sowieso fast fertig“, erwiderte Hannah. Sie rutschte ein Stück zur Seite, damit Meg Platz hatte. Meg wischte einige rosa Blütenblätter von der Sitzfläche. „Ich habe mir nur schnell ein paar Dinge aufgeschrieben, bevor ich sie wieder vergesse. Wollten Sie durch das Labyrinth gehen?“

      „Nein, das hebe ich mir für das nächste Mal auf. Ich wollte es mir nur noch einmal anschauen.“

      Sie saßen eine Weile nebeneinander und lauschten auf den Wind, der durch die Bäume strich, bis das Knurren von Hannahs Magen auf einmal die fried­liche Stille durchbrach. Hannah lachte. „Ich hätte daran denken sollen, etwas zu essen mitzubringen“, sagte sie. „Ich muss irgendwo noch schnell einen Happen zu mir nehmen, bevor ich zum See zurückfahre. Kennen Sie vielleicht ein Lokal in der Nähe, wo ich schnell eine Suppe oder ein Sandwich bekomme?“

      Meg nannte das erste Lokal, das ihr in den Sinn kam. „Das Corner Nook. Dort gibt es hausgemachte Suppen und Brote.“

      „Perfekt! Finde ich dahin? Einen Stadtplan habe ich nämlich auch nicht eingepackt. Ich habe mir nur die Wegbeschreibung vom Ferienhaus hierher ausgedruckt.“ Hannah lächelte. „Keine sehr gut vorbereitete Pilgerin, nicht?“

      Meg deutete auf ihre hohen Absätze. „Willkommen im Club.“

      „Na ja, jetzt wissen wir auf jeden Fall beide, was uns das nächste Mal erwartet, nicht?“, bemerkte Hannah, während sie ihr Notizbuch wegsteckte. „Also, in welche Richtung muss ich fahren?“

      „Eigentlich liegt das Lokal auf meinem Heimweg. Wie wäre es, wenn Sie mir hinterherfahren würden?“

      Hannah antwortete nicht sofort, und Meg fragte sich, warum sie zögerte. Sie schien nachzudenken. „Vielleicht haben Sie ja schon Essenspläne“, sagte Hannah schließlich, „aber wenn nicht, würde ich mich freuen, wenn Sie sich mir anschließen würden.“

      Während sie in Hannahs dunkle und erschöpfte Augen blickte, trug Meg, die Gefällige, den Sieg über Meg, die Trauernde, davon. Warum sollten sie beide allein zu Mittag essen?

      

      Im Restaurant war das leise Summen angeregter Gespräche zu hören, als sich Meg und Hannah an einem Ecktisch in der Nähe des Kamins niederließen.

      „Hey! Sie habe ich ja lange nicht mehr gesehen“, begrüßte die Kellnerin