trinke den Cocktail, der unwahrscheinlich viel Alkohol enthält, zu schnell. Aber irgendwie fühle ich mich unter den Blicken der Typen hinter mir gar nicht wohl. Die erregende Stimmung, die ich gerade noch in den Waschräumen empfunden habe, ist wie weggewischt und jetzt ärgere ich mich, diesen Fetzen überhaupt angezogen zu haben. Bin ich denn total verrückt geworden?
Ich kann die Männer im Spiegel vor mir beobachten, wie sie scherzend zu mir schauen. Jetzt stehen zwei von ihnen auf und kommen auf mich zu. Ich will schnell die Bar verlassen und krame in meiner Handtasche, um das Geld für den Drink auf den Tresen zu legen. Aber leider zu spät. Der eine stellt sich rechts von mir an die Bar, der andere quetscht sich auf der anderen Seite zwischen die Barhocker.
»So allein?«
»Das kann man in einer voll besetzten Bar wohl nicht behaupten«, antworte ich reserviert, drehe mich erst gar nicht um und starre weiter geradeaus auf das Regal mit den Flaschen vor dem Spiegel. Ich hoffe, sie haben verstanden und verschwinden wieder.
»Für 20 Piepen, Bunny, kannst du mir einen blasen.« Dabei zieht er einen Geldschein aus seiner Hosentasche und wedelt damit vor meinem Gesicht herum.
Ich ziehe scharf die Luft ein und verziehe angeekelt das Gesicht. Das darf doch nicht wahr sein. Mal ganz abgesehen davon, dass ich diesen widerlichen Typen nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter, wenn ich mir vorstelle, ihn mit meinem Mund an einer Stelle zu berühren, die in mir nur einen Würgereiz hervorruft. Ich kenne die Preise in der Branche nicht, aber für lumpige 20 Dollar kann er nicht mal erwarten, dass ich es ihm mit der Hand besorge, geschweige denn, meine Lippen um seinen Schwanz lege. Allein der abgestandene Zigarettengeruch, der ihn umgibt und der ihm bei jedem Wort aus dem Mund schleicht, vermischt mit Schweiß, der an seinem Körper klebt, und den Ausdünstungen des Alkohols, ekelt mich an. Jetzt legt er seine große, raue Hand auf meine Schulter und lässt seine Finger über meine nackte Haut wandern. Unter der Gänsehaut, die sich sofort ausbreitet, zucke ich angewidert zusammen.
Jetzt reicht es!
4 – Jay
Ash steht lässig an den alten Büroschrank gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und den Blick fast gelangweilt auf Wyatt gerichtet. Eine Haltung, die er oft einnimmt, und die seine dunkle Seite herauskehren und sein Gegenüber verunsichern soll.
Ich beuge mich auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch des Clubbesitzers leicht vor, die Hände locker gefaltet, und höre den Ausführungen meines Freundes Wyatt zu, der die Eckpunkte des Vertrages gerade noch einmal für alle zusammenfasst.
Ich bin äußerst zufrieden, was die Vertragsverhandlungen anbelangt. Wir konnten den Clubbesitzer um 20 Prozent im Preis drücken, dafür haben wir uns damit einverstanden erklärt, das Personal komplett zu übernehmen, sofern es unseren Anforderungen entspricht. Jetzt muss nur noch der Vertrag unterschrieben werden und ab morgen wird der Club geschlossen und die Renovierungsarbeiten können beginnen.
Dark Angels, ein perfekter Name für einen Club, von dem bald die ganze Stadt sprechen wird. Seit Jahren haben wir drei den Traum, einen Nachtclub mitten im Herzen von Boston zu eröffnen. Bei meiner Tätigkeit als Inhaber und Geschäftsführer einer Immobiliengesellschaft war es unmöglich, dieses Unternehmen allein zu bestreiten. Am Tag bin ich der smarte Immobilienmakler, aber abends werde ich den Geschäftsanzug gegen legere Kleidung eintauschen und zum gefürchteten Bad Boy mutieren. Ein Unternehmen, das mir schon lange unter den Nägeln brennt.
Mit meinen Freunden Ash und Wyatt ist das kein Problem. Ash ist immer noch gelegentlich als Personenschützer für den CIA tätig, wenn er nicht seinem Beruf nachgeht und als Pilot rund um die Welt jettet. Als ehemaliger Navy Seal wird er es nie lassen können, die Gefahr zu suchen. Wyatt ist ein angesehener Arzt am Massachusetts General Hospital, der sich schon längst mit einer eigenen Praxis hätte selbstständig machen können. Wir sind alle drei erfolgreich in unserem Job, jeder auf seine Weise, und doch teilen wir eine Leidenschaft, über die viele die Nase rümpfen. Wir lieben es, wenn Frauen sich uns unterwerfen.
Sobald wir aus unserem Arbeitsdress schlüpfen und in unsere geheime Welt eintauchen, ist nichts wie vorher. Vergessen ist der smarte CEO, vergessen auch der angesehene, ruhige und einfühlsame Arzt, ganz zu schweigen von Ash, der bei seinem Job – wenn er wieder mal einen Auftrag übernimmt – bereits seine Dominanz gegenüber seinem Schützling zeigt.
Die Tür öffnet sich und Cole, der Barkeeper, betritt den Raum. Wir sind uns noch nicht offiziell vorgestellt worden und doch kenne ich jeden einzelnen Mitarbeiter. Er schaut misstrauisch von mir zu seinem Chef, der hinter dem Schreibtisch sitzt. Ich weiß genau, was er denkt!
»Cole, komm doch bitte kurz rein«, bittet sein Chef. Cole schließt leise die Tür hinter sich und tritt in den Raum. »Ich möchte dir die neuen Inhaber des Clubs vorstellen: Mister Ash Ross, Mister Jay Edwards und Dr. Wyatt Jackson«, stellt er uns vor. »Und das ist mein bester Mann hinter der Bar, Cole Harper.« Dabei steht er hinter seinem Schreibtisch auf, geht auf Cole zu und nickt zustimmend, als wollte er seine Worte damit noch unterstreichen.
»Ich mache nur meinen Job, Chef«, wiegelt Cole das Komplement ab. Dann nimmt er in der Ecke auf dem Ohrensessel Platz, bevor ich das Wort an ihn richte und ihn mit den Vertragsverhandlungen bekannt mache. Endlich erhellt ein Lächeln Coles Gesicht.
»Es wird keine Entlassungen geben?«
Ich schüttle den Kopf. »Nein.«
»Das sind ja mal gute Nachrichten. Wir haben schon damit gerechnet, dass Sie die komplette Mannschaft austauschen werden. Die meisten von uns haben Familien, die sie ernähren müssen, und sind auf den Job angewiesen. Wenn Sie nichts dagegen haben, sag ich dem Team, dass sie sich keine Gedanken mehr machen müssen. Denen geht der Arsch ganz schön auf Grundeis.«
Sofort wird Coles Miene ernst, als er den Fauxpas mit seiner Wortwahl bemerkt. Doch ich lächle ihn an und auch Ash kann sich ein verhaltenes Grinsen nur schwer verkneifen, während er sich auf die Lippen beißt und den Kopf senkt.
»Selbstverständlich«, beruhige ich ihn.
Cole wirkt sofort erleichtert.
»Alles Weitere besprechen wir morgen, Cole«, verspreche ich ihm, bevor ich fortfahre. »Der Club wird einige Zeit geschlossen und komplett renoviert, aber machen Sie sich keine Gedanken, das Gehalt wird selbstverständlich weiterbezahlt. Sehen Sie es als bezahlten Urlaub an«, zwinkere ich ihm zu.
»Vielen Dank, das ist wirklich großzügig. Ich muss dann mal wieder raus ...« Dabei deutet Cole zum Clubraum.
Auch ich erhebe mich von meinem Platz und betrete mit Ash und Wyatt den Club, nachdem wir uns von dem alten Besitzer verabschiedet haben.
»Ich finde, wir sollten das Personal so schnell wie möglich kennenlernen«, beschließt Wyatt.
»Das wird die Leute freuen«, bestätigt uns Cole, während er vorangeht.
Er ruft kurz die Mannschaft zusammen, die aus vier Bedienungen und drei Küchenhilfen besteht, und wir ziehen uns mit dem Team in eine ruhige Ecke zurück. Nach kurzer Zeit zeichnet sich ein entspanntes Lächeln auf den Gesichtern der Mitarbeiter ab, bis plötzlich Justin, einer der Servicekräfte, ein betrübtes Gesicht macht und zur Bar zeigt, an der eine junge Frau in einem extrem gewagten Kleid sitzt und scheinbar von zwei Typen belagert wird.
»Cole, was sind das für Typen bei Sunday?«, bemerkt er.
»Scheiße, ich habe Sunday ganz vergessen!«
Die Crew aus der Küche geht zurück an die Arbeit und auch die anderen Mitarbeiter flüchten schnell zu ihrem Job, da sie von allen Seiten gerufen werden.
»Was ist da los?«, mischt sich jetzt auch Ash ein, als er die junge Frau an der Theke betrachtet, die von zwei jungen Männern massiv bedrängt wird.
Dagegen erlebe ich gerade ein Déjà-vu:; Die junge Frau an der Bar ist keine andere als mein Goodgirl von heute Morgen. Zufall oder Fügung? Vielleicht auch einfach nur ein verdammter Glücksfall. Sofort ist mein Beschützerinstinkt wieder geweckt, den ich bisher erfolgreich in der Versenkung begraben hatte. Nicht dass es mir