Plato

The Trial and Death of Socrates


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daß wir uns wahrlich schämen müßten. Wir sind hier, um der Sache auf den Grund zu kommen.«

      Kapitän Percy schwieg. Er schien seine besondern Ursachen zu haben, sich in diese heikle Angelegenheit so wenig als möglich zu mischen und die Sache selbst sprechen zu lassen; wahrscheinlich hatte er auch deshalb eine größere Anzahl von Offizieren zum Verhöre eingeladen, als es gewöhnlich der Fall war.

      »Ihr habt hier die Kriegsgesetze«, sprach der erste wieder. »Nach dem 22. Paragraphen gehört er vollkommen vor unsere Schranken. Nach dem 43. Paragraphen da ist er der Verachtung des über ihn niedergesetzten Gerichtshofes zeihlich. Selbst wenn das letztere nur vor die Ohren des Untern kommt, so gnade ihm Gott.«

      »Laßt mich machen,« sprach der junge Mann, »ich glaube, ich kann ihn zum Reden bringen. Laßt ihn nochmals vortreten und den Irländer dazu.«

      »Wohl, Mister Copeland, wenn Ihr meint«; versetzten die übrigen. »Sollte uns freuen.«

      Nach einer Weile traten die beiden ein.

      »Davy Murphy!« sprach der junge Mann mit einem ermunternden Blicke, »einige von uns haben deine und deines Leidensgefährten Geschichte noch nicht gehört. Laß doch einmal los. Wie war es mit dem Nantang pas und der Mörderhöhle?«

      »Kapitän Percy!« schrie der Brite außer sich, »ich bitte Sie um Gottes willen.«

      »Euer Wohlehren!« rief der Irländer, sich hinter den Ohren kratzend. »Meines Vaters Sohn ist ein närrischer Kauz; aber seit der Geschichte ist der Gentleman da zum Narren geworden. Ich muß, wenn ich muß; aber glaubt mir's, er schnappt über.«

      »Das kann Euch aber alles nichts helfen«; versetzte der Offizier mit einem scharfen Seitenblick auf den Gefangenen, der abwechselnd feuerrot und leichenblaß wurde. »Wenn Ihr aber«, fuhr er zum Briten gewendet fort, »Eure Zunge lösen wollt, dann erspart Ihr uns die Mühe, Euern närrischen Landsmann zu hören. Gebt Auskunft über das, was Ihr gefragt werdet, und wir können Euch vielleicht das übrige erlassen.«

      Der Gefangene schwieg noch immer im sichtlichen innern Kampfe; dann fiel sein Auge auf den Iren, und als dieser das Zimmer verlassen hatte, löste sich auch seine Zunge. Aber erst nach geraumer Zeit war er imstande, die ihm vorgelegten Fragen zu beantworten. Als er geendet hatte, sprach der Kapitän: »Junger Mensch, Ihr habt diesmal bessere Richter gefunden, als Ihr verdient. Ich hoffe, Eure Angelegenheit werde sich ausgleichen lassen.«

      Dreiunddreißigstes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Auch unsere Rosa schien etwas bange zu sein, ein wenig verschüchtert; ein leiser Anklang von Unruhe, von leichter Verstimmung war an ihr bemerkbar, die vielleicht ihren Grund in der ernstern Stimmung überhaupt, die nach dem Abzuge der Milizen eingetreten war, vielleicht aber auch in den Eigentümlichkeiten des Hauses hatte, in dem sie sich nun befand, das, obwohl achtungswert, in vieler Hinsicht doch vielleicht nicht das geeignetste gewesen sein dürfte, die Übergangsstufe zu bilden und ein gewissermaßen aus dem Naturzustande kommendes Kind mit den zwangvollen gesellschaftlichen Verhältnissen der gebildeten Welt auszusöhnen. – Unser Pflanzer nämlich stammte von einer jener aristokratischen Familien ab, die, in frühern Zeiten herübergewandert, die Eigentümlichkeiten der englischen Aristokratie auf den freien Boden Amerikas mit zu verpflanzen beigetragen hatten, und die, obgleich sie auf Titel keinen Anspruch machten, ihre Stammbäume noch immer ebensowenig vergessen haben, als ihre im Mutterlande zurückgebliebenen betitelten Verwandten. Zwar war das politische Glaubensbekenntnis des Obersten das demokratische, und Mister Parker war einer der ersten gewesen, der sich seit seiner Übersiedelung der Partei des letzten Präsidenten und Gründers der neuem demokratischen Schule, die im Staate herrschend geworden war, angeschlossen hatte; und der Ernst, mit dem er die Sache seines Freundes Copeland gegen Kapitän Percy ergriff, schien auch die Aufrichtigkeit seiner politischen Grundsätze zu verbürgen. Die näher mit der Familie Bekannten wollten jedoch wissen, daß er sich nur notgedrungen, und weil die alten Grundsätze Virginiens hier ganz außer Mode, an die herrschende demokratische Majorität angeschlossen hätte. Es wurde selbst behauptet, daß der Oberst nicht nur die im Jahre 1789 ausgesprochenen Herrschergrundsätze seines Staates, jene gewissermaßen zur fixen Idee gewordenen Symbole eines echten Virginiers, sondern selbst die weitergehenden Irrlehren des alten Adams im Herzen trage; selbst der Eifer, mit dem er das Meeting und die dabei gefaßten Resolutionen betrieben hatte, wurde auf Rechnung jener Scheelsucht gesetzt, die dem alten aristokratischen Virginier nicht erlaubte, die Anmaßungen eines kaum dem Namen nach bekannten und, wenn das Gerücht wahr sprach, von einer unbedeutenden irischen Familie abstammenden Emporkömmlings, den der Zufall gehoben, so geduldig hinzunehmen. Es wurde ziemlich allgemein angenommen, daß vorzüglich Mistreß Parker an dieser politischen Gefügigkeit des Obersten ihren Anteil habe.

      Diese politischen Gesinnungen hatten nun auch auf das gesellschaftliche Verhältnis der Familie einen bedeutenden Einfluß geäußert und einen gewissen höfisch berechneten, stattlich steifen und wieder leichten Ton in ihr hervorgebracht, der selbst den Nachbarn eine nähere Verbindung zu verleiden schien, die, obwohl sie in gutem Vernehmen mit ihr standen, doch ihr Bestreben, sich populär zu machen, nichts weniger als zu würdigen schienen, insofern dem Obersten bereits mehrere Bewerbungen um öffentliche Vertrauensstellen mißlungen waren, und dieses trotz der Bedeutsamkeit, die ihm seine frühe Ansiedlung gab.

      Es waren bereits zehn Jahre seit dieser Übersiedlung aus seinem Mutterstaate Virginien verstrichen. Nichts verknüpft aber bekanntlich leichter, bindet Bürger und Bürger inniger aneinander, als eine solche, und besonders eine frühe Übersiedlung. Die mannigfaltigen Hilfsleistungen, die selbst der Ärmste dem Reichen zu leisten imstande ist, die vielfachen Entbehrungen, die sich alle – wenigstens für einige Zeit – gefallen lassen müssen, bringen die beiden Endpunkte der Gesellschaft einander so nahe und knüpfen sie so fest, daß ein geringer Grad von Vertrauen und Zuvorkommen hinreicht, aus den neuen Nachbarn dauernde Freunde zu machen. Das Benehmen der zarten, an Überfluß und Bequemlichkeiten des Lebens gewöhnten Mistreß Parker hatte damals sehr gefallen. Sie hatte die Entbehrungen des Hinterwäldlerlebens mit einem Gleichmute ertragen, dem selbst ihre ärmsten Nachbarn die Bewunderung nicht versagen konnten. Hilfreich und tröstend, erheiternd und leitend war sie ihrem Gatten zur Seite gestanden, mit zarter Hand bemüht, selbst diese Entbehrungen in Genüsse zu verwandeln. Noch war die Blockhütte zu sehen, in der sie mit ihrem Gatten und den Kindern die ersten Jahre verlebt. Mit Rührung wies sie in die Ecke hin, wo in der einzigen Stube das Pianoforte stand, an dem sie ihres verehrten Händel fromme Melodien ihrer Familie nach vollbrachtem Tagewerke vortrug. Mit Stolz zeigte sie die abgetragenen Kleider, die in derselben Hütte als Andenken hingen, und von ihrer Hand gefertigt waren. Sie war überhaupt eine Frau von trefflichen Grundsätzen und einem ausgebildeten Verstande; aber obgleich bei einem nun fürstlichen Vermögen einfach und scheinbar anspruchslos, hatte sie doch viel von jener Vornehmheit, durch welche die Damen der amerikanischen sogenannten guten Familien ihren Mitbürgerinnen gewissermaßen als Muster vorzuleuchten beflissen sind; und obgleich weit entfernt, der guten Dame ein beleidigendes Vornehmtun zur Last zu legen, so hatte sie doch eben diese Eigentümlichkeit in eine etwas falsche Stellung zu ihren Mitbürgern versetzt, die ihrem Betragen etwas künstlich Kaltes verlieh, das vielleicht nirgends aufgefallen wäre, aber bei einem Volke, wo der gesellschaftliche Charakter mit dem öffentlichen so innig verschmolzen ist, Mißtrauen zu erregen nicht verfehlen konnte.

      Auf Rosa hatte das Zusammenleben mit dem gebildeten, den feinen Weltton gewohnten Kreise eine ganz eigentümliche Wirkung. Zuerst war sie erschienen, als ob sie, in einen langen Schlummer versunken, plötzlich aus dem Traume erwacht wäre, so frisch lächelte sie alles an, und so lieblich spiegelte sich ihr ganzes Wesen in den neuen Umgebungen. Dieser Kontrast war wieder so fein, sie erschien so bezaubernd, selbst in den kleinen Verstößen, die sie sich anfangs zuschulden kommen ließ, daß sie für ihre neuen Freundinnen wirklich zum Rätsel wurde. Der reine mütterliche Sinn Canondahs, die wie ihr Schutzgeist nur Blumen auf ihren Pfad zu streuen bemüht gewesen war, und die Zartheit, mit der sie von allen rohern Berührungen mit den Squaws entfernt gehalten worden, hatten auch ihr eine gewisse Vornehmheit gegeben; aber