nicht durch Patente schützen und werden recht preisgünstig verkauft. Eine synthetische Alternative – deren Molekülstruktur streng geheim bleibt – könnte natürlich für das Pharmaunternehmen geschützt werden. Damit wären sehr viel höhere Preise aufzurufen. Wie gesagt, das ist nur ein Gedanke …
Was folgt nun daraus? Was ist gesichert? Hilft Rotwein wirklich bei der DNA-Reparatur unserer Stammzellen? Und wenn ja, sollten wir möglichst viel Rotwein trinken? Wohl kaum. Aus Mausversuchen haben Forscher hochgerechnet: Man müsste rund zwölf Flaschen Rotwein trinken, um nachweislich positive Effekte des Sirtuins zu erzielen. Immerhin scheinen aber »lediglich« ein bis zwei Glas Rotwein durchaus zu wirken, vor allem aufgrund der Kombinationswirkung weiterer Polyphenole im Rotwein wie Quercetin (über das wir ab > noch Erstaunliches hören werden). Ob nun also synthetische resveratrolähnliche Wirkstoffe eine grundsätzlich höhere Wirksamkeit haben werden, darüber wird in den Pharmakonzernen gerade intensiv geforscht. Großartig wäre es natürlich! Andere antioxidative Polyphenole können wir jedenfalls mit pflanzenreicher Kost ganz »natürlich« aufnehmen. Die Tabelle auf der rechten Seite gibt Ihnen den Überblick!
Noch ein weiterer Motor für unfallfrei laufende DNA-Reparaturmechanismen muss hier genannt werden: Glutathion. Es handelt sich um ein Tripeptid, also um ein Eiweiß, das der Körper selbst herstellen kann (und wird daher als nichtessenzieller Nahrungsmittelbestandteil bezeichnet). Die Polyphenole, die wir eben als sekundäre Pflanzenstoffe kennengelernt haben, müssen wir dagegen von außen zu uns nehmen. Glutathion kommt bei Pflanzen und Tieren in jeder Zelle in hohen Konzentrationen vor und ist eines der wichtigsten Antioxidantien im Körper. Da das Eiweißmolekül sowohl freie Radikale binden als auch unschädlich machen sowie giftige Schwermetalle eliminieren kann, ist es für die DNA-Reparatur unentbehrlich.
Nahrungsmittel | Sirtuinstimulierender Inhaltsstoff |
Buchweizen | Rutin |
Chicorée | Luteolin |
Chilis | Luteolin, Myricetin |
Datteln | Gallussäure, Kaffeesäure |
Erdbeeren | Fisetin |
Grünkohl | Kaempferol, Quercetin |
Grüntee (Matcha-Grüntee) | Epigallocatechingallat |
Heidelbeeren | Pterostilbene |
Kaffee | Kaffeesäure, Chlorogensäure |
Kakao | Epicatechin |
Kapern | Kaempferol, Quercetin |
Kurkuma | Curcumin |
Liebstöckel | Hydroxytyrosol |
Mandeln | Pterostilbene |
Olivenöl (extra vergine) | Oleuropein, Hydroxytyrosol |
Petersilie | Apigenin, Myricetin |
Rote Zwiebeln | Quercetin |
Rotwein | Resveratrol, Piceatannol, Pterostilbene |
Rucola | Kaempferol, Quercetin |
Sellerie (inkl. Blätter) | Apigenin, Luteolin |
Soja | Daidzein, Formononetin |
Walnüsse | Gallussäure |
Es wurde bereits im Jahr 1921 entdeckt und hat so viele weitere spannende Funktionen, dass wir nicht darauf verzichten und uns von ihm in den folgenden Kapitel noch begleiten lassen. Ältere Menschen weisen jedoch oft einen deutlichen Mangel auf. Hier hilft es meist schon, die drei Grundbestandteile des Moleküls durch ausgewogene Ernährung zu sich zu nehmen, nämlich Cystein, Glutaminsäure und Glycin.
Cystein ist zum Beispiel enthalten in Sonnenblumenkernen, Hühnerei und Vollkornmehl.
Glutaminsäure ist unter anderem in Kuhmilchprodukten, Tomatenpüree und Weizenvollkorn vorhanden.
Glycin finden wir in Geflügel, Milchprodukten, Sojaprotein.
Ergänzend dazu sind viele Frucht- und Gemüsesorten zu empfehlen, denn sie enthalten den gesamten Glutathion-Komplex. Um das Maximum an Inhaltsstoff zu gewinnen, darf frisches Obst oder Gemüse nicht gekocht oder verarbeitet werden. Beispiele mit den höchsten Glutathionwerten sind: Spargel, Kartoffeln, Paprika, Zwiebeln, Brokkoli, Avocados, Kürbis, Spinat, Knoblauch, Tomaten, Grapefruit, Äpfel, Orangen, Pfirsiche, Bananen und Melonen, Pak Choi, Wasserkresse, Senf, Rettich, Rüben, Kohlrüben, Kohlrabi, Okra und reife Samen von grünen Bohnen. Außerdem kann der Anstieg des Glutathionspiegels durch Cyanohydroxybutan, eine Substanz, die in Brokkoli, Blumenkohl, Rosenkohl, Weißkraut und dem Chlorophyll von Petersilie vorkommt, gefördert werden, ebenso durch moderates körperliches Training sowie ausreichende Zufuhr von Schwefel, Selen und Alpha-Lipoidsäure.
Jeder Vegetarier, der sich sehr viel von Salat und Rohkost ernährt und regelmäßig Sport treibt, kann sich also freuen!
Gibt es noch Zweifel daran, dass Stammzellen das Rückgrat der Zellkompetenz Erneuerung darstellen? Ohne sie kommt das System der Erneuerung ins Wanken. Aber es sind nicht nur Stammzellen, die genau das tun müssen, was von ihnen verlangt wird, um unsere Regeneration zu gewährleisten. Was passiert, wenn eine Körperzelle anstatt in den geregelten Zelltod einzutreten, im Alter rebellisch wird erfahren Sie jetzt.
Die Zombies in uns
»Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er niemandem zeigt.«
MARK TWAIN
Spätestens seit den vorherigen Seiten ist Ihnen klar, dass Stammzellen einer der zentralen Pfeiler der Zellkompetenz Erneuerung sind. Sie sind der Motor des Kreislaufs der Erneuerung: Eine Körperzelle funktioniert regelrecht und teilt sich bei Bedarf – bis zum Erreichen ihres »HAYFLICK-Limits« oder der überwältigenden Anhäufung von Schädigungen. Dann geht sie in den programmierten Zelltod, die Apoptose, über und wird aus dem zuständigen Stammzellpool ersetzt. Dieser Kreislauf war lange Zeit ein Dogma in Biologie und Medizin. Erst seit Kurzem ist bekannt: Dieser Kreislauf kann entgleisen und statt kontrolliertem Sterben kann auch der Fluch des Untotseins über unsere Zellen kommen. Mit weitreichenden Folgen für die Schlüsselkompetenz Erneuerung.
Wenn seriöse Wissenschaftler von »Zombies in unserem Körper« sprechen oder von »Untoten«, die ihr Unwesen treiben, dann kann es sich nur um durchaus spektakuläre Erkenntnisse handeln, die von revolutionärer Bedeutung sein könnten.
DIE DUNKLE UND DIE HELLE SEITE DER SENESZENTEN ZELLEN
Und so wagen wir uns jetzt mitten hinein in ein sehr junges Forschungsgebiet, die sogenannte »Seneszenz«. Hierbei geht es nicht, wie der Name vielleicht nahelegt, um allgemeine Forschungsprojekte zu Alterungserscheinungen aller Art. Hier geht es tatsächlich um »Zombies«, um »Untote«, die sich millionenfach in unseren Körpern tummeln. Je älter wir sind, desto mehr. Und je mehr, desto schlimmer. Das heißt also, dass es drei Zustände der zellulären Existenz gibt: Die Lebenden, Toten – und die dazwischen! Und »die dazwischen« haben natürlich einen ordentlichen wissenschaftlichen Namen: seneszente Zellen. Das klingt nicht so gruselig wie »Zombies« oder »Untote« – doch das Gruseln bleibt.
Und die Forschung beweist es uns eiskalt und unerbittlich: Die »Untoten« spielen offenbar eine fatale Rolle für unser Altern und Sterben.
Die Zombiezellen
Aber der Reihe nach. Als erster hat LEONARD HAYFLICK den Pfad für die Entdeckung der Zombiezellen geebnet, als er 1961 begann, nach den Ursachen des Alterns auf Zellebene zu suchen. Damals hätten ihn so manche als »Idioten« beschimpft, erinnert er sich selbst. Niemand wollte HAYFLICKs Theorie ernsthaft diskutieren. Heute sieht das ganz anders aus. Sie erinnern sich sicher an das HAYFLICK-Limit (siehe ab >). Seine Theorie besagt ja, dass sich jede Körperzelle – ausgenommen sind Stammzellen und Krebszellen – nur begrenzt teilen kann. Wie eine Streifenkarte in der U-Bahn zum Beispiel nur zehnmal gestempelt werden kann, bis sie verfällt, teilen sich Körperzellen nur so oft, wie es in ihrem genetischen Programm angelegt ist. Dann ist Schluss. Zellen können aber auch dann untergehen, wenn die DNA beschädigt wurde, durch Replikationsfehler, Sauerstoffradikale, Zellgifte etc.
Aber Schluss ist nicht Schluss. Entweder leitet die Zelle bei starker Störung ihren Selbstmord, die Apoptose, ein (die wir auch schon kennengelernt haben) und wird vom Immunsystem identifiziert