Kristian Ignatov

Kick-Off in Dein Wahres Leben


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dass mich früher oder später dasselbe Schicksal erwarten würde. Dass ich sterben würde wie er.

      Ich musste schnell erwachsen werden, meine Mutter trösten und ihr Halt geben, wodurch, in Verbindung mit meiner Sensibilität, die Fähigkeit starker Empathie stets wuchs.

      Meine Mutter sorgte sich um meine Integration und wollte mir weitere Schmerzen und das Gefühl der Minderwertigkeit ersparen. Daher versuchte sie, mich zu motivieren, gute Noten in der Schule zu erringen. Jedoch war ihre Motivations-Methode für das Selbstwertgefühl eher kontraproduktiv.

      Sie sagte mir: »Wenn du nicht büffelst und etwas erreichst, wirst du obdachlos. Dann werden alle Einheimischen im Anzug und mit dem Aktenkoffer an dir vorbeigehen und dich auslachen!« Sie wusste es nicht besser, denn sie hatte es selbst nicht anders erfahren. Ich liebe meine Mutter. Sie tat alles aus tiefster, mütterlicher Liebe.

       Ich fühlte eine tiefe Sehnsucht in mir, einen Weg zu finden, um diese unbeschreiblichen inneren Schmerzen zu lindern.

      Meine Ängste, Trauer und Wut begann ich mittels Musik, Schreiben von Gedichten und meinem ersten eigenen Buch zu verarbeiten. In meinen kreativen Tätigkeiten blühte ich auf.

      Mit zwölf Jahren gründete ich meine erste Musikband. Ich wollte jemand sein. Ich brannte für das, was ich tat. Das Feuer in mir ging einher mit Kreativität, Talent und Leader-Qualitäten und es führte mich in eine Jugend-Musikkarriere. Ich war Sänger, Komponist, Gitarrist und Bandleader auf internationalen Bühnen, im Fernsehen bei MTV, VIVA & Co, die Leute hörten mich im Radio.

      Ich wusste es nicht besser und nutzte die Bühne, um meinen Mangel an Selbstwert zu kompensieren und meine innere Leere zu füllen. Das Wissen und das Verständnis, dass Äußeres dich niemals retten oder nachhaltig erfüllen kann, waren mir zu dem Zeitpunkt allein aufgrund meines zarten Alters unmöglich.

      Im Alter von siebzehn Jahren lernte ich meine Traumfrau kennen, die ich erfolgreich eroberte. Die Liebe überwältigte uns beide, wir stürzten uns in eine vollkommene Verschmelzung, in ein gemeinsames WIR. Sie schleppte eine ebenso traumatische Kindheit mit sich herum wie ich. So retteten wir uns gegenseitig, es fühlte sich unbeschreiblich an. Wir hatten uns gefunden und es war, als ob wir uns schon seit einer Ewigkeit kennen würden.

      Und so begann ich mich Stück für Stück aufzugeben, mich zu vergessen, mich zu verlieren, mich nicht mehr als Individuum wahrzunehmen. Ich machte meine Frau zu meinem Lebensinhalt, sie gab mir meinen Lebenssinn. Aus purer Liebe entwickelte sich eine co-abhängige Beziehung. In der Zweisamkeit musste ich keine kindlichen Schmerzen mehr fühlen.

      Als Doppelpack fühlten wir uns beide richtig, bestätigt, geliebt, stark und anerkannt. Selbstverständlich war enorm viel Liebe da, nur wird diese verbraucht, sobald ein Partner die Funktion eines Elternteils übernimmt. Wir erfüllten uns gegenseitig die Rolle der Mutter und des Vaters. Sobald die Beziehung mit Angst durchflutet ist und ein Mensch sich erst durch den anderen vollständig fühlt, geht die eigene Identität verloren. So war es auch bei uns: Alleine fühlte jeder von uns Leere und Mangel.

      Mit unserer Beziehung war meine Mutter absolut nicht einverstanden. Mein innerer Konflikt intensivierte sich damit auf ein Maximum.

      Das Leben schenkte uns zwei wundervolle Kinder. Wir lebten das klassische, romantische Ideal eines Familienkonzeptes, mit der immerwährenden Angst, dieses Märchen könnte irgendwann durch Trennung, Unfall oder Krankheit enden.

      Spätestens als ich zur Gänze mein wahres Wesen verleugnete, die Musik aufgab, mich in irgendwelchen nicht erfüllenden Jobs herumtrieb, die nichts mit meinen Gaben zu tun hatten, um meiner gesellschaftlichen Rolle eines braven Familienvaters zu entsprechen, verfiel ich in tiefe Depressionen, und dies jahrelang! Ich glaubte, ich sei nicht richtig aufgrund meiner in mir sprudelnden Kreativität. Meine Wünsche, Träume und Sehnsüchte kehrte ich vollständig unter den Teppich, setze mir Masken auf, versuchte, einem äußeren Bild zu entsprechen. Meine Musik, meine Hobbys, meine Freunde, fast alles hatte ich einfach aufgegeben und zugelassen, dass meine Partnerin an meinen Wünschen und Träumen herumsezierte. Ich wollte ihren Erwartungen gerecht werden.

      Aufgrund meiner traumatischen Kindheitsgeschichte verspürte ich ein starkes Sicherheitsbedürfnis. Als ich jedoch eines Tages nach einer Filmproduktion von drei Männern überfallen wurde, war dies der Auslöser für mich, Kampfkunst und Selbstverteidigung zu lernen. Diese neue Leidenschaft entzündete mich und war ein äußerst wichtiger Halt, ohne den ich es in diesen schwierigen Zeiten nicht geschafft hätte. Demzufolge bin ich diesen drei Männern heute sehr dankbar für den Überfall. Sie haben zu meinem Wachstum und Erfolg beigetragen. Diese drei Männer waren Engel. Zwar bescheuerte Engel, aber dennoch Engel.

      Trotz meiner starken Rückenprobleme aufgrund eines Sportunfalls ignorierte ich die Meinungen von Ärzten, ich könne keinen Kampfsport machen. Ich trainierte weiter, arbeitete dadurch hart und diszipliniert auch an meiner Gesundheit. Ich wurde schnell zu einem Top-Kämpfer und zum international anerkannten Trainer in dem Hand-to-hand-Combat-System, das u. a. die Navy Seals nutzen.

      In den darauffolgenden Jahren definierte ich mich am Angestelltenmarkt, wurde Marketing-Experte, machte Karriere als Führungskraft und baute erfolgreich zwei Unternehmen auf. Ich konnte meine Skills und Stärken erfolgreich in den Aufbau, das Führen und Coachen von Sales-Teams einfließen lassen. Aber dennoch ging es mir nicht gut, ich befand mich oft in depressiven Zuständen und fühlte mich klein und leer. Alles fühlte sich irgendwie nicht ganz stimmig an. Doch ich hatte schon lange den Zugang zu meinem Herzen verschlossen und lebte ein Leben aus dem Kopf heraus.

      Irgendwann wollte ich wissen, was die tatsächliche Ursache meiner Depression und all meiner Zwänge, Phobien und Hypochondrie war. Also begann ich akribisch meine Suche im Selbststudium der Psychologie in der Zusammenarbeit mit Top-Therapeuten. Kurzzeitig stabilisierte ich damit meinen Zustand, doch es fühlte sich wie eine symptomatische Behandlung auf der Oberfläche an.

      So arbeitete ich an mir, kämpfte, verriet mich, war im Widerstand, reflektierte, probierte mit meinem sportlichen Ansatz alles Mögliche aus, von Mentaltrainern und Sport Coaches über Meditationen, Affirmationen bis hin zum Verschlingen von Hunderten von Büchern.

      Ja, ich konnte mit klassischen Mitteln aus der Psychologie, kämpferischer Disziplin und Hingabe schon sehr gute Erfolge bei mir selbst und später auch im Coaching anderer Menschen erzielen. Doch ich hatte das Gefühl, noch immer nicht tief genug zu graben. Alles, was ich probierte, musste noch effizienter, noch effektiver gehen. Ich wusste: Irgendwo waren die Wurzeln des Leids, aber ich wusste noch nicht genau, wo.

      Als sich meine Frau nach siebzehn Jahren Ehe plötzlich dazu entschloss, mich zu verlassen, brach meine Welt zusammen. Es war wie ein Tod, ich fühlte ihn noch intensiver als den Tod meines Vaters. Ich fühlte mich als scheinbar erwachsener Mann verloren, verletzt, herabgesetzt, wertlos, ungeliebt, klein, ersetzt, war unfähig, alleine zu überleben, und die Schmerzen waren nicht auszuhalten. Ich fühlte mich wieder wie das Kind, das damals von der Kindergartenpädagogin auf die Straße gestellt worden war.

      Anfangs versuchte ich aus einem kämpferischen Überlebensinstinkt (EGO) heraus alles, um meine Frau zurückzugewinnen. Dies war der Anfang einer fast zweijährigen Krise, wir versuchten, wieder zueinanderzufinden.

      Es war die schrecklichste und spannendste Zeit zugleich. Aus jetziger Perspektive jedoch war es vor allem das größte Geschenk, das das Leben mir und meiner Frau geben konnte.

      Denn ich verstand relativ schnell, was hinter den Kulissen des Dramas steckte. Jetzt konnte ich meine ungeheilte kindliche Leere samt Ängsten und Zweifeln erneut fühlen – aber in hundertfacher Verstärkung. Alle alten, unverarbeiteten und verdrängten Gefühle hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt durch die Anwesenheit meiner Frau kompensiert. Dies war mir aber nie bewusst gewesen und ich verstand nun, dass sich Abhängigkeit sehr gut zu tarnen weiß. Alles, was sich nach meiner Liebe, Annahme und Heilung sehnte, kam in mir hoch.

      Es war mein Wendepunkt, an dem mein radikaler und schon längst fälliger Heilungsprozess wirklich begann. Er reichte bis tief in die Wurzeln. Keine oberflächliche Schmiertherapie und kurzzeitige Ablenkung mehr! Das Leben heilte mich.

      Ich begann selbst,