Manfred Höhne

Meine irdischen und himmlischen Wege


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Eckschrank zu holen. Sie bedeutete ihm, wo er zu zwei Gläsern gelangen könne und bat, mit ihr auf ‚unser Abkommen‘ und seine Pläne (!) mit einem Gläschen anzustoßen. „ Es ist das zweite Glas heute, aber es ist mein wichtigster Tag seit unserer ersten Begegnung. Wichtiger als mein 90. Geburtstag.“

      Gunther glaubte ihr dies und empfand es auch nicht als indiskret oder peinlich, als sie nach einem weiteren prüfenden Blick direkt und ohne Umschweife fragte:

      „Liebst du Anna-Maria?“

      „Ich glaube ja", erwiderte Gunther.

      „Als Tochter oder als Frau", bohrte Mathilde weiter.

      „So genau weiß ich das noch nicht. Aber sie beunruhigt mich seltsam, seit ich ihr das erste Mal hier im Haus begegnet bin.“

      „Dann musst du dich dran halten, dir darüber klar zu werden", sagte Mathilde. „Nicht wegen deines Alters, du hast offensichtlich eine gute Verfassung, aber wegen deines Seelenfriedens.“

      Und nach einer Weile, die beide im Nachdenken schwiegen, sagte sie, „Anna-Maria liebt dich auch.“

      „Woher und wieso willst du das wissen?", fragte Gunther erstaunt, und wie er spürte, ein wenig erregt.

      „Eine Frau spürt das“, sagte sie.

      „Und Hanna?", fragte Gunther besorgt.

      „Sie spürt es auch, aber wir sprechen nicht darüber. Sie ist Mutter, und Mütter spüren das, ehe es die Töchter selber wissen. „Das macht es für mich sehr kompliziert", sinnierte er nachdenklich. „Papperlapapp“, sagte Mathilde. „ Du bist zu klug und zu kultiviert, um als Patron des Hauses plump Liebe zu fordern und alles zu zerstören. Aber weise Liebe nicht zurück, wenn sie dir geschenkt wird."

      „Es war heute wohl einer der wichtigsten Nachmittage meines Lebens. Bleib‘ mir bitte, und uns allen, noch lange erhalten", sagte er, „du bist mehr als ein Gast, du bist ein Monolith der Familie.“

      Da er nun schon einmal so ein persönliches Gespräch mit Mathilde führte, sprach er auch das ‚Auto –Thema‘ an, das Schicksal der Oldtimer ihres Sohnes Thilo, die Albrecht ihm bei der Suche nach der künftigen Unterstellung für seine zwei Autos gezeigt hatte.

      „Warum hast du sie nicht als erstes zum Verkauf vorgesehen, sondern nur von deinem Wald gesprochen, als es um deine Zukunft ging“, fragte er sie. „Ich habe zuerst an sie gedacht, aber die Oldtimer waren ein Herzstück meines Sohnes und außerdem Albrechts ganzer Stolz bei ihrer Restaurierung – ich konnte einfach nicht anders.

      Jetzt brauche ich ja kein Geld mehr, Dank deines Angebotes. Ich werde sie in meine Erbmasse stellen und von Todes wegen darüber verfügen. Aber den Rolls Roys bitte ich dich schon jetzt für deine Ausfahrten zu benutzen und Albrecht möchte bitte weiter mit dem zweiten Wagen, diesem Chevrolet, zu seinen geliebten Oldtimertreffen fahren. Sage ihm das bitte! Es wäre mir eine Freude, wenn in diesem Kreis das Vermächtnis Thilos lebendig bliebe.“

      „Du bist eine außergewöhnliche Frau“, sagte Gunther. „Vielleicht können wir etwas gemeinsam tun, wenn ich von meiner Vorstellung, Annes Zukunft betreffend, überzeugt bin. Ich kümmere mich etwas um die Dinge, die in der Schule zu kurz gekommen sind, und du, um Dinge, die eine kluge und schöne Frau zu einer Dame der Gesellschaft machen.“

      Mathilde schaute ihn nachdenklich an und nickte. Sie lächelte. „Ich glaube, du bist mir sehr ähnlich in deinen Rücksichtsnahmen und Entscheidungen. Wir passen wohl gut zu einander!“

      Kap 15

      Und wieder - ein oder zwei Wochen später - eröffnete sich für Gunther eine Perspektive, die noch mehr, als das Gespräch mit ‚Tante Mathilde‘, die Zukunft berührte. Er erhielt einen Anruf von einem Amt der Bundesregierung. Ein Ministerialdirektor wolle ihn sprechen.

      Gunther ließ verbinden. Eine sympathische, nicht zu hohe Stimme eines Mannes, den Gunther so um die 60 einordnete, meldete sich, stellte sich vor und fragte, ob Gunther etwas von den Gesprächen wüste, die mit dem verstorbenen Graf von Grainau-Solms geführt worden seien.

      Gunther bedauerte, erwähnte aber, dass ihm die Gräfin bei ihrer ersten Begegnung eine Visitenkarte gegeben hätte, auf der der Name seines Amtes gestanden habe.

      Gunthers Anrufer bat ihn um eine mündliche Unterredung und bot ihm an, an einem der nächsten Tage, wenn es sich einrichten ließe, nach Schloss Hohenfelden zu kommen. Gunther schaute in seinen Terminkalender, der wie immer am Telefon lag und vereinbarte einen Termin: „Ab Donnerstag, 11 Uhr sei ein solches Gespräch möglich.“

      Der Mann bedankte sich und sagte sein Kommen zu.

      Er erschien pünktlich. Gunther bat ihn in die Bibliothek, wo Hanna nach deutscher Sitte eine Kanne Kaffee und Wasser bereitgestellt hatte. Der Besucher stellte sich noch einmal mit seiner Dienststelle und seinem Namen als Ministerialdirektor Dr. Bruno von Bromfeld vor und dankte für die Möglichkeit dieses Besuches.

      Er kam rasch zur Sache. Er trug ein Projekt vor, dass er mit Graf Thilo schon einmal verhandelt hatte, dass aber offensichtlich nicht zu Stande gekommen war. Ein Projekt, das die gegenwärtige aber vor allem künftige Lage für die Burg und die Burgbesitzer von Grund auf und - soweit überschaubar - für die kommenden Generationen verändern sollte.

      Der Kern des Projektes, das er vortrug, bestand in dem Interesse der Bundesrepublik Deutschland, die Untergeschosse der vier Burgtürme anzumieten, um Bundesvermögen dort einzulagern.

      „Ein deutsches Fort Knox", sagte Gunther. „Franzosen und Engländer haben das schon lange. Hier könnten in der Tat mit geringem Sicherheitsaufwand die 3500 t Gold, die jetzt noch im Ausland, vor allem in England und den USA gelagert sind, deponiert werden".

      Der Ministerialdirektor lächelte und nickte. „ Sie haben die Absicht richtig erkannt. Wir hatten schon vor zwei Jahren hier alles vermessen und ein Sicherheitskonzept erarbeitet, das aber wegen der Rahmenbedingungen nicht realisiert werden konnte.“ „Nun, dann sollten wir uns mit diesen Rahmenbedingungen befassen, ich jedenfalls bin diesem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen. Vor allem, da es offenbar auf lange Sicht und über einen längeren Zeitraum geplant ist, sonst würde es sich nicht lohnen“, meinte Gunther. „So ist es ", bekräftigte von Bromfeld.

      „Ich würde der Regierung der Bundesrepublik auch empfehlen“, nahm Gunther seinem Gast die Mühe, einen Einstieg in seine Ausführungen zu finden, „in einem der Türme auch Seltene Erden einzulagern, sie werden in den nächsten Jahrzehnten in Einzelfällen den Goldpreis erreichen und sicher auch einmal übersteigen. Der deutsche Staat sollte jede Tonne am Markt, ja, jedes Kilogramm, aufkaufen, vor allem in Russland, China und Brasilien. Die Amerikaner verkaufen schon jetzt keine Seltenen Erden mehr nach Europa. Es wird ein Wettrennen geben, von denen ganze Industriezweige der modernen Elektronik abhängen, ganz zu schweigen der modernen Kriegstechnik."

      Gunther war überzeugt von dem, was er anführte und hatte sich ein wenig in Eifer geredet. Sein Gesprächspartner war von dieser Ausweitung der Vermögenssicherung des Landes durchaus angetan, meinte aber, eine solche Bevorratung sei Sache der Wirtschaft, weniger des Staates.

      „Die Franzosen sind da anderer Meinung, die Amerikaner auch, wenn man ihre Embargo-Politik richtig deutet“, meinte Gunther. „Eine staatlich initiierte deutsche Bevorratung könnte, wenn Milliarden in die Hand genommen werden, die Abhängigkeit und ein mögliches

      Verdrängen der deutschen Wirtschaft von den Märkten bei wichtigen Zukunftstechnologien verhindern, vor allem, wenn sie mit einer staatlich gelenkten und kontrollierten Zuteilung an die Industrie verbunden wird. Eine Zuteilung, die dem Gleichbehandlungsgebot in der Wirtschaft genügt, aber ausschließlich an deutsche mittelständische Firmen erfolgt, die ihre Steuern und Abgaben ausschließlich in Deutschland leisten“, verteidigte Gunther seine Gedanken. Jedenfalls, wie auch immer, ich bin dem Projekt gegenüber sehr zu getan.“

      Er unterbrach und kam zu der für ihn wichtigsten Frage.

      „Welche Bedingungen und Gegenleistungen wären denn nach ihren Vorstellungen mit einem solchen Pachtvertrag verbunden?“

      Der