Karl Plepelits

Zu neugierige Mörder: 9 Krimis


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musste sie von dem verdammten Kutter herunter, von dem sie nicht mal sagen konnte, wo er lag. Notfalls würde sie um ihr Leben schwimmen.

      Nachdem dieser Entschluss gefasst war, bastelte sie an einem Plan. Sie wollte noch in dieser Nacht ihre Freiheit zurückgewinnen, doch das würde sie niemals ohne fremde Hilfe schaffen.

      Die Männer, die zu ihr kamen, kannte sie nicht. Sie hatte auch kein Verlangen, sie näher kennenzulernen.

      Trotzdem war sie entschlossen, sich eines dieser Männer zu bedienen.

      Es musste einer sein, der nicht zu kräftig war. Meistens schickten sie ihr aber wahre Bullen. Sie sollte gewaltsam gefügig gemacht werden. Das brachten brutale Typen besser fertig als schmächtige.

      Linda Rogers trug ein luftiges Etwas mit nichts darunter. Es war lila, glitzerte und gehörte ihr nicht. Wer mochte es vor ihr getragen haben? Ob die „Kollegin“ noch lebte? Oder hatte ihr der neue Beruf nichts ausgemacht?

      Die Kajüte wurde durch das riesige Bett fast vollständig ausgefüllt. Für viel mehr war kein Platz. Es gab nur noch ein niedriges Tischchen, auf dem eine Whiskyflasche und zwei Gläser standen.

      Ihr war nach einem Schnaps zumute. Nach einem doppelten sogar. Doch sie ahnte, dass die Lumpen genau das beabsichtigten. Sie sollte Zuflucht zum Alkohol nehmen, damit sie ihre Hemmungen verlor.

      Es waren keine Hemmungen, die sie daran hinderten, sich zu verkaufen. Es war ihr fester Wille, ihre Überzeugung. Aber der Schnaps würde zweifellos ihre Widerstandskraft beeinträchtigen. Das musste sie verhindern.

      Sie wusste nicht, wer sich außer ihr und den beiden Kerlen, die sie entführt hatten, noch auf dem Kutter aufhielten. Sie hatte auch Frauenstimmen gehört. Wahrscheinlich handelte es sich um ein schwimmendes Bordell, von dem die Polizei nichts ahnte.

      Linda Rogers hätte gern geweint, doch damit verbesserte sie ihre Lage nicht. Was sie jetzt unbedingt brauchte, waren klare Augen und vor allem ein klarer Kopf.

      Ihre Wangen brannten noch. René hatte sie geschlagen, weil ihr letzter Besucher empört sein Geld zurückverlangt hatte. Er und Mickey zeigten keine Spur mehr von dem Charme, den sie auf der Party versprüht hatten. Sie stellten sich als eiskalte, gefühllose Gangster dar, denen sie hilflos ausgeliefert war.

      Sie hörte sich nähernde Schritte und zuckte entsetzt zusammen. Jemand kam zu ihrer Kajüte. Das bedeutete nichts Gutes. So oder so nicht. Entweder handelte es sich um René und Mickey, die sie wieder quälen würden, oder um einen neuen Kunden, dessen sie sich erwehren musste, wobei sie wusste, dass dadurch alles nur noch schlimmer wurde.

      Mickey steckte seinen schwarzen Wuschelkopf durch die Tür. Er grinste schmierig.

      „Langeweile, Baby?“, erkundigte er sich scheinheilig. „Das kann ich mir vorstellen. Aber du darfst dich freuen. Du bekommst Gesellschaft. Sehr angenehme Gesellschaft.“ Er rieb vielsagend Daumen und Zeigefinger gegeneinander, und Linda Rogers hörte förmlich die Banknoten knistern.

      „Lasst mich doch endlich in Ruhe!“, bat sie schwach. „Ich bin müde und will schlafen.“

      „Genau das sollst du ja. Hast du es jetzt endlich kapiert? Wir haben dir diesmal etwas ganz Besonderes ausgesucht, Baby. Er wird dir gefallen, und wenn du klug bist, angelst du ihn dir als Dauerkunden. Er stinkt vor Geld.“

      „Alle Kerle, die ihr mir bis jetzt geschickt habt, haben gestunken. So reich können sie nicht sein, wenn sie sich nicht mal ein Stück Seife leisten können.“

      Mickey lachte grob.

      „Noch nie was von dem animalischen Geruch eines Mannes gehört?“, fragte er. „Also, das ist jetzt deine letzte Chance. Wenn du wieder verrückt spielst, werden René und ich uns persönlich um dich kümmern. Wir bringen dann noch einen guten Freund mit.“

      Lindas Augen weiteten sich.

      „D ... das Messer?“ fragte sie angstvoll.

      „Das Messer“, bestätigte der Gangster. „Kann sein, dass noch ein bisschen Blut von deiner Freundin dranklebt, aber davor wirst du dich hoffentlich nicht ekeln.“

      „Was habt ihr mit Hazy gemacht, ihr Mörder?“, schrie die Frau verzweifelt.

      Mickey wehrte ab.

      „Die blöde Gans war doch ohnehin schon so gut wie tot. Wir haben sie nur von ihren Schmerzen befreit, die sie sich selbst zuzuschreiben hatte. Wie kann man nur aus einem fahrenden Auto hüpfen!“

      Linda Rogers fühlte, wie sich alles um sie herum drehte. Hazy war tot. Ermordet von diesen Schweinen. Und niemand wusste, wo sie geblieben war. Sie war eine von den zahllosen Vermissten, von denen die Polizei in New York nie wieder eine Spur fand.

      Sie selbst lebte zwar noch, aber ihr Schicksal war das gleiche. Für das wahre Leben da draußen war auch sie längst gestorben.

      „Warum muss es ausgerechnet ich sein?“, jammerte sie. „Mit mir werdet ihr nie viel Geld verdienen.“

      „Du bist genau der Typ, den gewisse Männer lieben, Baby. Das nötige Handwerkszeug bringen wir dir schon noch bei. Und wenn nicht, dann hat der Boss eine prima Idee für dich. Doch darauf würde ich es an deiner Stelle lieber nicht ankommen lassen.“

      „Was ist es?“, fragte sie angstvoll. „Sei lieber nicht zu neugierig. Gegen dieses Schicksal kann sich Hazy direkt glücklich schätzen.“

      „O Gott!“

      „Du hast es ja selbst in der Hand, Baby. Oder woanders.“ Er lachte gemein. „Ich schicke dir jetzt Carlos, einen guten Freund unseres Unternehmens. Sei lieb zu ihm, sonst ...“

      Mickey ließ die Drohung unausgesprochen, doch Linda Rogers wusste inzwischen, dass er tatsächlich an eine neue Teufelei dachte. Diese Lumpen verschwendeten ihre Zeit nicht mit leeren Worten.

      Der Gangster zog sich zurück, und für ihn betrat ein schlanker, fast hagerer Mann die Kajüte und blieb an der Tür stehen. Er ließ seinen Blick auf Linda ruhen, die rasch die Augen senkte.

      Das hatte einen bestimmten Grund. Der Mann sollte nicht ihr hoffnungsvolles Aufflackern erkennen.

      Carlos war genau der Typ, der ihrem Plan entgegenkam. Ein körperlicher Schwächling, bei dem sie es schaffen musste. Er durfte nur keinen Verdacht schöpfen.

      „Hallo!“, näselte er.

      „Hallo!“ Sie zwang sich zu einem warmen, verführerischen Unterton. „Du bist Carlos, nicht wahr?“

      „Stimmt! Und du bist die störrische Linda.“ Er kicherte.

      Sie schenkte ihm einen Blick, der durchaus nasses Holz hätte entzünden können.

      „Störrisch? Hat man dir erzählt, welche Typen sie mir bis jetzt geschickt haben? Ich kann mich nun mal nicht verstellen. Wenn ich einem Mann etwas bieten soll, dann muss mein Herz mit dabei sein.“

      „Und bei mir ist es dabei?“

      Linda Rogers hätte dem widerlichen Burschen am liebsten ihre Fingernägel durch das picklige Gesicht gezogen. Stattdessen hielt sie ihr Lächeln aufrecht und hauchte: „Mickey hat nicht zu viel versprochen. Es ist nur ...“

      „Was ist? Stimmt etwas nicht mit mir?“

      „Mit dir schon, Carlos. Aber findest du nicht, dass die Kajüte hier grässlich ist? Wie soll man da richtig in Stimmung kommen? Draußen scheint bestimmt der Mond. Das müsste romantisch sein!“

      Der Hagere sah sie blöd an.

      „Der Mond? Ich weiß nicht. Habe nicht darauf geachtet. Kann schon sein. Machst du es lieber bei Mondschein?“

      „Ich bin ganz verrückt danach. Möchtest du was trinken?“

      Sie schenkte ein Glas voll und reichte es ihm.

      „Und du?“, fragte er misstrauisch.

      „Willst