Suman Lederer

FREUNDE, DIE KEINE SIND


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am Montag präsentieren sollte. Sie nahm ihre Arbeit sehr ernst, machte sie sehr gern, denn ihr Arbeitsbereich gefiel ihr sehr. Es war an sich nicht einfach, sich in dieser kurzen Zeit, sprich innerhalb von einer Woche, einen Einblick über ein bereits mehrere Jahre laufendes Projekt zu verschaffen, den ganzen Inhalt zu verstehen, zu analysieren und am Ende der Woche gleich die Ergebnisse zu präsentieren. Aber sie war gut in ihrer Arbeit, Max war stolz auf sie und motivierte sie immer weiterzumachen, da er gesehen hatte, dass ihr ihre Arbeit gefiel.

      „Suwarna, du bist gut in deiner Arbeit. Denk weiterhin daran, es geht nicht darum, ob man der oder die Beste in der Arbeit ist oder sein kann, es geht darum, dass man sein Bestes gibt. Du interessierst dich dafür, du engagierst dich sehr, es gefällt dir sehr und du machst es gut, weiter so!“

      Sie wollte zu Mittag nur eine Kleinigkeit essen, da sie am Nachmittag einen Termin für die Massage ausgemacht hatte. Sie spürte auf der linken Seite am Nacken wieder eine Verhärtung, sie berührte die Stelle und drückte mit ihren Fingern, in der Hoffnung, es würde besser, aber das tat es nicht, das tat es nie, die Massage würde ihr guttun. Nach dem Mittagessen und wieder ein bisschen Abtippen ging sie zur Massage. Es war derselbe Massagetherapeut wie zwei Tage zuvor. Sie hatte ihm von ihrem Nacken erzählt. Nach der einstündigen Massage zeigte er ihr einige Übungen, die sie machen könnte und sollte, um die Nackenmuskulatur zu dehnen und stärken.

      Harsh hatte geschrieben, dass Mandira und er sie gegen acht Uhr am Abend abholen würden, sie könnten irgendwohin nett zum Abendessen gehen. Kurz nach acht kamen Mandira und Harsh, ohne Kinder, und sie fuhren in die Nähe in ein nordindisches Restaurant. Bei der Bestellung lehnte Suwarna den Wein ab, da sie wusste, dass sie wahrscheinlich nach dem Abendessen noch arbeiten würde und am nächsten Tag die Präsentation hatte, das hieß, sie musste mit der Präsentation fertig werden.

      „Mandira und ich sind gerade mit ihr Abendessen. Wir haben ihr ein paar Mal Wein und andere alkoholische Getränke angeboten, aber sie wollte nichts trinken.“

      „Jaja, schon gut. Sag uns Bescheid, wenn sie etwas fragt oder sagt“, schrieb Deborah zurück.

      Sie hatten alle einen schönen Abend, plauderten viel, beide Frauen zogen wieder über Harsh her, lachten viel, und dann brachten sie sie wieder zurück ins Hotel. Irgendwie fand sie es schade, sich zu verabschieden, alle Erinnerungen aus Bengaluru kamen zurück, es war damals so lustig gewesen, so wie heute Abend, dachte sie. Sie freute sich, dass sie sich so gut mit Mandira verstand, sie hatte das Gefühl, sie schon länger zu kennen. Sie hoffte, sie würden wirklich in Kontakt bleiben!

      „Er hat ihr nichts verraten“ schrieb Lungi.

      „Sehr gut, passt. Siehst Du, wie gut es ist, wenn wir vorher schon erfahren, was ihre Pläne sind. Merk Dir das, wir sollten, nein, wir müssen, alles vorher wissen, dann können wir alles entsprechend planen, bestimmte Personen vorbereiten, andere selbst informieren, so wie wir es wollen, und noch wichtiger, uns entsprechend positionieren und verhalten, das ist sehr viel wert“ kam die Antwort aus Mexiko.

      „Alles klar. Wir bemühen uns sowieso, dass die Leute uns die Infos zukommen lassen.“

      „Sehr gut. Wir hören uns.“

      „Es läuft alles nach Plan. Niemand merkt was“ ging die Nachricht aus Mexiko.

      „Passt. Woher sollten sie auch…. Hahahaha! Bis morgen“ kam die Antwort aus Russland.

       4.

       Bengaluru

       1993–1995

      Suwarna war an der Universität in Bengaluru, zu ihrer Zeit dort noch Bangalore genannt, im Studienfach Bauingenieurwesen eingeschrieben. In ihrer Klasse waren um die fünfzig Jungen und Mädchen.

      Sie hatte niemanden gekannt, außer Pardhan, den sie kennengelernt hatte, als beide in der Zentralstelle für die Studienanmeldung in der Schlange standen und sich dann unterhielten. Daraufhin hatten sie festgestellt, dass sie beide an derselben Universität studieren würden.

      Wie es für solche Situationen üblich war, sahen alles und alle am Anfang so fremd aus, es waren so verschiedene Typen dabei – manche waren wahrscheinlich schüchtern und wagten es kaum aufzublicken, manche fühlten sich sichtlich wohl und wollten zeigen, dass sie die Macher waren, manche unterhielten sich nur mit ihren Nachbarn; da kamen zwei Jungen in die Klasse, beide sahen sympathisch aus. Als sie an ihr vorbei zu den hinteren Reihen gingen, lächelten sie, es war keine Anmache, es war einfach nur freundliches Lächeln.

      Nach drei langen Vorlesungen hatten sie Mittagspause, die vielen Mädchen und Jungen fingen alle bereits an, sich besser zu fühlen und nutzten die Zeit, um sich gegenseitig vorzustellen. Da kam einer der beiden Jungen zu ihr und stellte sich vor – er hieß Prabhakar.

      Dann rief er dem anderen Jungen zu: „Harsh, das hier ist Suwarna, sie ist aus Mumbai! “

      Sie lernte ebenfalls ein Mädchen namens Shehnaz kennen. Langsam fühlte sie sich besser, und die anderen Studenten sichtlich auch.

      Prabhakar war aus Bengaluru. Er war immer sehr freundlich, hatte ein freundliches Gesicht, erkundigte sich immer nach dem Wohl der anderen Personen und war immer bereit zu helfen.

      Pardhan kam aus einem anderen Teil Indiens und war für das Studium nach Bengaluru gezogen. Er sprach nicht viel, nahm aber alles sehr wohl auf, manchmal stellten ihm die anderen einfach so Fragen, um zu sehen, ob er wirklich zugehört hatte, ja, er hatte zugehört. Normalerweise hatte er einen ernsten Gesichtsausdruck. Nichtsdestotrotz war er immer freundlich, auch wenn er nicht immer ein Lächeln im Gesicht hatte. Wenn er nach etwas Konkretem gefragt wurde, bot er auf jeden Fall seine Hilfe an.

      Harshwardhan, kurz Harsh, wie er von allen genannt wurde, war auf seine Art lustig, manchmal blickte er sogar in lustigen Situationen ernst, Suwarna war nie sicher, ob er den Witz in der Situation überhaupt verstanden hatte oder ob der Witz unter seinem angedachten Niveau war. Er kam, wie Pardhan, aus einem anderen Teil Indiens, und war ebenso für das Studium nach Bengaluru gekommen.

      Dann war da noch Shehnaz – sie war aus Bengaluru und wohnte mit ihren Eltern, ihrem verheirateten Bruder, ihrer Schwägerin und ihrer anderthalbjährigen Nichte zusammen. Im Grunde war sie sehr redselig, aber nur mit Leuten, mit denen sie es wollte. Sie konnte viel und sehr herzlich lachen. Einige Jahre später, nach der Hochzeit von Shehnaz würde Suwarna den Kontakt zu Shehnaz verlieren. Sie wird sie später jahrelang in den sozialen Netzwerken und über Freunde suchen, aber leider nicht finden.

      Suwarna war ebenfalls nicht aus Bengaluru und wohnte in einer Pension in der Nähe der Uni.

      So kam es, dass Suwarna, Prabhakar, Pardhan, Harshwardhan und Shehnaz eine Clique wurden. Sie verbrachten die Mittagspausen zusammen, gingen in eines der zwei Bistros außerhalb des Campus zum Frühstücken, wenn die Vorlesungen später anfingen, oder spätestens für das Mittagessen. Wie es bei jungen Leuten normal wäre, fanden sie immer irgendein Thema zu besprechen, um sich darüber aufzuregen meistens über die Professoren, über etwas herzuziehen, und so weiter. Sie waren alle sehr redselig, außer Pardhan, er hörte immer zu und antwortete, zwar nicht mit vielen Worten, aber dennoch, war immer interessiert, nahm nur nicht viel aktiv teil, aber das störte niemanden, die Gespräche gingen wild gestikulierend weiter. Sie verbrachten viel Zeit unter der Woche zusammen – essen gehen, viel plaudern, manchmal ins Kino gehen, alle fünf hatten einfach eine tolle Zeit zusammen.

      Suwarna kam aus der Großstadt Mumbai und war zu Selbstständigkeit und Unabhängigkeit erzogen; sie hatte die Gesellschaftsregeln, die in Indien so wichtig waren, nie richtig verstanden und noch weniger gemocht. Sie verstand nicht, warum sie sich mit Jungen nicht viel unterhalten sollte, warum sie mit Jungen nicht herumhängen sollte, warum sie mit ihnen nicht ausgehen sollte.

      Es waren lediglich zwei Mädchen aus Mumbai auf der Uni, und als eine davon wurde Suwarna schnell bekannt. Mit ihren langen schwarzen Haaren, ihrem Lächeln über beide Ohren, ihrer Bereitschaft zu plaudern, war sie ein gern gesehener Gesprächspartner bei den jungen Herren. Alle wollten sie kennenlernen und sich mit ihr unterhalten. Viele hielten Ausschau nach ihr, warteten auf dem Weg von ihrer Pension zur Uni, um