A. F. Morland

Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten


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wissen, dass ihre Tochter Meike mit meinem Kollegen Heilmann schläft?“

      „Ja, sie hat es mir gestanden. Obwohl – was heißt: gestehen! Sie ist dreißig und volljährig.“

      Auch Dr. Rupp hatte noch etwas Appetit, nahm von Lene mehrere DNA-Proben entgegen und versprach, sich zu beeilen. Alle drei ließen sich zu Leberknödel in Weinsauce und zu einer Maultasche in der Brüh’ überreden. Der Silvaner floss reichlich und Lene hatte, was ihr immer gefiel: aufmerksame Zuhörer. Einzig Sandig goss Wasser in den guten Wein: „Und wer hat nun Alexander Stumm erschossen und beraubt?“

      „Um das festzustellen fahren Mia Hollweg und ich morgen nach Wedel, das liegt an der Elbe bei Hamburg.“

      Sandig lachte: „Erweitern Sie den kulinarischen Horizont der jungen Dame durch Verabreichung von Labskaus. Es sieht etwas merkwürdig aus, aber man kann es essen.“

      Siebtes Kapitel

      Die Fahrt nach Norden wurde zu einer reinen Strapaze. Es gab einfach zu viele Autos und vor allem Brummis. Die Frauen wechselten sich mehrfach ab. Trotzdem war Mia noch wach genug, ein echtes Segelschiff und ein echtes altes Frachtschiff zu besichtigen. Es war gut, dass eine Kollegin Lenes aus dem LKA für sie zwei Zimmer in einem Hotel direkt über der Elbe bestellt hatte. Am nächsten Morgen nahmen sie die S-Bahn nach Wedel und stiegen dort in ein Taxi zur Lorenzstraße.

      Malte Sobiok hatte sich den Vormittag für sie freigeschaufelt.

      „Wir können uns manches sparen“, begann Lene zielstrebig. „Meike hat uns schon alles gestanden, was die angebliche Entführung betrifft. Und die emotionale Annäherung des Versorgers am Lantener See.“

      „Die hatte schon früher begonnen.“

      „Ach nee.“

      „Meike und ich haben uns auf dem Reiterhof Schlüter kennengelernt, aber damals hat sie mir einen gewaltigen Korb verpasst.“

      „Lassen Sie mich mal raten: ‚Zurzeit ist mir ein vierbeiniges Pferd lieber als ein zweibeiniger Esel.‘“

      „Ich hätte sie gerne geheiratet, als sie schwanger geworden war. Aber sie meinte, eine gute Beziehung sei heutzutage auch ohne Trauschein möglich. Es hat auch geklappt bis zum verflixten siebten Jahr, da bin ich bei einer neuen Kollegin schwach geworden und liebe, von ihr abgewiesene Kollegen haben es Meike sofort gesteckt.“

      „Zu der Zeit haben Sie noch für Ihren Bruder Uwe gearbeitet?“

      „Nein.“ Malte wurde sichtlich verlegen, und Lene strahlte ihn an: „Herr Sobiok, wir wissen schon länger, das Uwe Teileigentümer des Bienenkorbs in der Kanalstraße ist. Hatte Ihre Tätigkeit bei Ihrem Bruder etwas mit dem Bordell zu tun?“

      „Nein. Um den Bienenkorb und die fleißigen Immen hat sich ausschließlich ein Kurt Venna gekümmert.“

      So ganz glaubte Lene ihm das nicht, aber weil sie die auskunftsfreudige Stimmung nicht trüben wollte, wechselte sie das Thema. „Wer sind oder waren die anderen Teilhaber am Bienenkorb?“

      „Ich kenne nur einen Namen – Erwin Grote.“

      „Das glaube ich nun nicht. Meikes Großvater?“

      „Ja.“

      „Sie haben ihr das je verraten?“

      „Nein, nie.“

      „Was machte Grote damals beruflich?“

      „Wie er das offiziell nannte, weiß ich nicht. Illegal verlieh er Geld zu Wucherzinsen, Geld auch ohne Sicherheiten. Und Uwe brauchte dringend Geld.“

      „Wissen Sie noch, wofür?“

      „O ja. Über Nacht waren die Brandschutzbestimmungen verschärft worden. Das hieß teurer Umbau und große Investitionen.“

      „Das traf auch den Bienenkorb?“

      „Und wie, der Umbau wurde natürlich teurer als veranschlagt, Uwe musste sich Geld leihen.“

      „Ist er deswegen auf die Idee mit der angeblichen Entführung gekommen?“

      „Vermutlich. Aber gesagt oder erklärt hat er nie was.“

      „Hm. Sie erinnern sich noch an Sylvia Köhler?“

      „Aber ja.“

      „Woher kam sie, was macht sie und wohin ist sie von Ihrem Bruder aus gegangen?“

      „Gemacht hat sie nichts, sie war eine berufsmäßige Freundin und kam von Erwin Grote, der sie leid geworden war. Auch Uwe meinte oft, sie habe bald ihr Verfallsdatum erreicht, aber sie wollte eine Art Abfindung, doch die kann ich mir im Moment nicht leisten.“

      „Augenblick, Herr Sobiok. Meike hat mir erzählt, dass Sylvia eine Woche nach der vorgetäuschten Entführung aus dem Wochenendhaus am Lantener See verschwunden ist.“

      Er überlegte gut zwei Minuten: „Stimmt.“

      „Das war doch genau zu dem Zeitpunkt, als Alexander Stumm an der Falkenweide erschossen wurde.“

      „Richtig.“

      Da würde Sylvia Köhler einiges zu erklären haben.

      „Wissen Sie, wo wir Sylvia heute finden?“

      Sobiok schüttelte den Kopf. „Nein. Uwe hat sie vor Monaten einmal zufällig in der Löbelstraße getroffen. Mehr weiß ich nicht.“ Aber Lene wusste, wo sie sich jetzt erkundigen musste. Sobiok versprach, das von Mia abgetippte Wortprotokoll so schnell wie möglich zu unterschreiben und zurückzuschicken.

      Mia fragte schüchtern: „Müssen wir sofort wieder zurück nach Tellheim?“

      „Nein, warum?“

      „Jetzt sind wir schon mal in Hamburg. Ob wir Zeit für eine Hafenrundfahrt haben?“

      Lene ließ sich breitschlagen, und staunte über ihre Binnenlandratte, als sie an zwei Containerriesen vorbeifuhren. Mia gestand, dass es einer ihrer größten Wünsche war, einmal eine Kreuzfahrt möglichst in die Karibik zu machen; Lene wäre nie freiwillig in ein schwimmendes Gefängnis gegangen, aber die Geschmäcker waren halt verschieden: „Was meinst du, sollen wir versuchen, einen Tagesausflug nach Helgoland zu buchen?“

      „Das wäre toll, Chefin.“

      Mithilfe der Rezeption gelang ihnen das auch, das Wetter blieb schön und der Katamaran schwankte und schlingerte nur sanft und erträglich. Lene staunte über ihr Küken, das nach dem Frühstück an der Rezeption geduldig einen Routenplan organisierte, wie man vom Hotel durch den Elbtunnel nach Süden fahren konnte. Auf der anderen Seite – das Küken und Lenes Navi verstanden sich auf Anhieb ausgezeichnet, was bei Lene nicht der Fall war. Die Rückfahrt war sehr viel angenehmer als die Hinfahrt und zum Dank nahm Lene die aufgekratzte Mia mit zu Marcello, und weihte sie dort in die Vorzüge von Antipasto Romagna und die Qualität eines speziellen Rotweins aus der Toskana ein. Lene machte es Spaß, anderen eine Freude zu bereiten – sie hatte keine Kinder, und Nichte und Neffe wurden von ihrem Bruder und der Schwägerin schon genug verwöhnt.

      Während Mia das Protokoll ihres Ausflugs tippte, erstattete Lene bei Staatsanwalt Sandig Rapport.

      „Sie wollen also weitermachen?“

      „Wissen Sie, unter Trinkern gibt es einen bemerkenswerten Spruch: ‚Halb besoffen ist rausgeschmissenes Geld.‘“

      „Wer war es denn nun?“

      „Uwe Sobiok brauchte aus zwei Gründen Geld. Er musste den Bienenkorb umbauen und er wollte seine Geliebte Sylvia Köhler auszahlen.“

      „Warum hat er sie nicht einfach weggeschickt?“

      „Ich vermute, sie wusste zu viel von seinen Geschäften.“

      „Die Idee mit der angeblichen Entführung ist ja nicht schlecht. Ob diese Sylvia davon wusste?“

      „Ich werde sie fragen.“

      „Viel