Tanja Janz

Leuchtfeuerherzen


Скачать книгу

p>

      Tanja Janz

      Leuchtfeuerherzen

      Weitere Bücher von Tanja Janz im Arena Verlag:

       Meersalzküsse

      Ein Verlag in der westermann GRUPPE

      1. Auflage 2020

      © 2020 Arena Verlag GmbH

      Rottendorfer Straße 16, 97074 Würzburg

      Text © 2020 Tanja Janz

      Alle Rechte vorbehalten

      Dieses Werk wurde vermittelt durch die

      Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

      Covergestaltung: Zero MEDIA GmbH,

      unter Verwendung mehrerer Motive von shutterstock

      (© bluecrayola, SNEHIT PHOTO, dekazigzag, Jenny Sturm, tomertu)

      E-Book-Herstellung und Auslieferung:

      readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

      E-Book ISBN 978-3-401-80889-5

      Besuche den Arena Verlag im Netz:

       www.arena-verlag.de

      Für Zeynep.

       »Ich habe gelernt, dass man nie zu klein ist, um einen Unterschied zu machen.«

      Greta Thunberg

      PROLOG

      Liam hatte sich die heutige Aktion seit Tagen ausgemalt, und als seine Freunde mit zwei Schubkarren auf ihn zukamen, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Die Show konnte beginnen – und er würde ihm zeigen, dass er es ernst meinte.

      »Da seid ihr ja endlich«, begrüßte er Lena und Fiete und schob das Garagentor hoch, an dem er gelehnt hatte. »Dachte schon, ihr kommt nicht mehr.« Nickend wies er auf eine Reihe von gefüllten blauen Säcken, die hinter den Surfbrettern standen.

      »Mit den Schubkarren sind wir keine ICEs«, antwortete Fiete etwas außer Atem. Auf seiner Stirn hatte sich ein leichter Schweißfilm gebildet. Er stellte die Schubkarre ab und fuhr sich mit einem Ärmel seiner Sweatshirtjacke über die Stirn.

      Lena stellte ihre Schubkarre ebenfalls ab und fischte ein Handy aus einer Tasche ihrer Jeanslatzhose. »Ich weiß gar nicht, was du hast. Wir sind total pünktlich.« Sie blickte vom Handy auf. »Was machst du denn schon hier? Wir haben erst in einer Viertelstunde mit dir gerechnet – frühestens. Solltest du nicht gerade eine Englischarbeit schreiben?«

      »Pfft!« Liam verzog den Mund und strich mit einer Hand eine hellblonde Strähne unter sein Cap. »Hab ich mir geschenkt.«

      Lena runzelte die Stirn. »Aha … und was wird aus deinem FOR?«

      »Wenn das so weitergeht mit dieser Welt, brauche ich keinen Schulabschluss mehr«, erwiderte er trocken, griff nach einem Sack und beförderte ihn schwungvoll in eine Schubkarre.

      »Stimmt.« Fiete schnappte sich ebenfalls einen der blauen Beutel und lud ihn auf eine Karre.

      Lena schien mit sich zu ringen, ob sie etwas sagen sollte. Liam sah sie herausfordernd an. Die Predigt konnte sie sich sparen. Sie wusste genau, wie stur er war – und dass ihm die Aktion superwichtig war, wussten alle. Genauso, wie sie wussten, dass Liam damit um noch viel mehr kämpfte als nur gegen Müll. Schließlich seufzte sie nur. »Und dein Vater hat keine Ahnung?«

      »Nicht die geringste. Der würde noch nicht mal mitbekommen, wenn jemand in meiner Garage wohnen würde.« Liams Tonfall triefte vor Spott. Er machte keinen Hehl daraus, was er von den Geschäften seines Vaters hielt. »Mein alter Herr ist viel zu sehr mit seinen Projekten beschäftigt, als dass er irgendetwas bemerken würde.«

      Lena legte ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte ihn aufmunternd an. Die Wut und Enttäuschung über seinen Vater lösten sich unter ihrer Geste auf und wichen Entschlossenheit.

      »Dann mal auf in den Kampf«, sagte Liam.

      Eine gute Viertelstunde später luden sie die Schubkarren mit den Säcken in den Ortsbus ein. Liam bemerkte die neugierigen Blicke der anderen Fahrgäste und lachte in sich hinein. Wenn die Leute hier schon so schauten, was für Gesichter würden dann erst die anderen machen? Allen voran sein Vater?

      Sie fuhren an alten, reetgedeckten Friesenhäusern und gemütlichen Cafés vorbei, Richtung Bad, dem Zentrum von St. Peter-Ording.

      Als sie die voll beladenen Karren am Hotel Strand Gut Resort vorbeischoben, konnten sie schon von Weitem eine Menschenansammlung auf dem Seebrückenvorplatz ausmachen. Die Veranstaltung schien bereits in vollem Gang zu sein.

      »Perfektes Timing.« Liams Mundwinkel verzogen sich zu einem zufriedenen Grinsen.

      Die Leute hatten sich wenige Meter vor dem Kurkartenhäuschen versammelt. Liam, Lena und Fiete blieben zunächst in einiger Entfernung neben der Bude stehen, von wo aus sie einen guten Blick auf das Geschehen hatten.

      »Ein Hauch von Amerika in St. Peter-Ording«, meinte Liam kopfschüttelnd.

      Über dem Eingang der Bude prangte »Coffee-to-go-Station« in unübersehbaren Leuchtschriftbuchstaben. Davor stand sein Vater in einem eleganten Anzug, gestikulierte groß beim Reden und lächelte dabei in die zahlreichen Kameras.

      »Dein Vater scheint in seinem Element zu sein«, stellte Lena nüchtern fest.

      »Er liebt solche Termine geradezu«, stimmte Liam ihr zu. »Und die gesamte hiesige Presse ist anwesend, inklusive der Bürgermeister.«

      »Perfekter kann es für ihn nicht laufen«, erwiderte sie.

      »Perfekter kann es für unsere Aktion gar nicht sein.« Liam grinste sie an.

      »Du weißt, dass wir auf jeden Fall dabei sind. Aber bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst?«, fragte Fiete ihn.

      »Wieso sollte ich mir nicht sicher sein?«

      Fiete zuckte mit den Schultern. »Er ist dein Vater.«

      »Und wennschon. Wenn es um Geld geht, ist alles andere bloß zweitrangig. Ich auch.« Auch jetzt konzentrierte Liam sich nur auf die grimmige Entschlossenheit in sich und ließ der Enttäuschung keinen Platz. Dieses Verhalten kannte er schon viel zu lange von seinem Vater, als dass es ihn noch kümmern sollte.

      »Dann mal los, bevor die Presseveranstaltung zu Ende ist.« Lena schob die Karre auf das Häuschen zu, die Jungs folgten ihr.

      »… das hat in Sankt Peter-Ording viel zu lange gefehlt. Wir schließen mit unserem Coffee-to-go-Prinzip eine Marktlücke.« Liams Vater setzte erneut ein breites Lächeln auf und hielt den Fotografen einen Einweg-Kaffeebecher mit Plastikdeckel entgegen. »Endlich können die geschätzten Touristen ihren leckeren Kaffee auch am …« Er geriet ins Stocken, als ein blauer Müllsack scheppernd vor seinen Füßen landete und der Inhalt sich auf seinen Schuhen und dem Steinpflaster vor ihm verteilte. Angewidert machte er einen Satz nach hinten. »Was zum …! Was soll der Blödsinn?«, rief er ärgerlich.

      Ungerührt kippte Liam den Inhalt eines weiteren Sackes vor dem Häuschen aus, gefolgt von noch einem, den Fiete entleerte. Dutzende Plastikbecher und -flaschen bedeckten den Boden, dazwischen eine Angelsehne, Schuhe, Blechdosen, ein zerfetztes rotes Gummiboot und eine von Muscheln besiedelte Sonnenbrille. Die Kameras der Fotografen klickten hektisch und der Bürgermeister schnappte nach Luft.

      »Was soll das? Bist du völlig übergeschnappt?!« Sein Vater wollte ihn zur Seite schieben, doch Liam blieb stehen und blickte seinen Vater wütend an. »Was glaubst du eigentlich, was du hier machst?«

      Liam