Walter G. Pfaus

Sammelband 6 Krimis: Die Konkurrenten und andere Krimis für Strand und Ferien


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wir uns alle noch einmal im Besprechungszimmer von Mr McKee.

      „Wie geht es Ihren Augen und Lungen, Jesse?“, sprach er mich an.

      „Ich werde es überleben, Sir!“

      „Unsere Experte untersuchen, was das für ein Granatentyp war. Ich schätze, bis morgen haben wir das.“

      Unser Chef hörte sich stirnrunzelnd an, was wir bisher als gesicherte Tatsachen vorlegen konnten.

      „Mit anderen Worten, es gibt im Fall von Mister Bykov noch nicht einmal den Beweis dafür, dass er wirklich tot ist“, stellte er fest.

      „An die Möglichkeit einer Entführung habe ich auch schon gedacht“, gestand Clive. „Allerdings frage ich mich dann, an wen sich die Erpressung richten sollte. Schließlich besitzt Bykov keine zahlungskräftige Familie, die ihn auslösen könnte.“

      „Jedenfalls möchte ich nicht, dass wir länger dazu gezwungen sind, mehr oder minder tatenlos mit anzusehen, wie offenbar ein paar mächtige Herrschaften der Kunstmafia glauben, hier in New York schalten und walten zu können, wie sie wollen!“, stieß Mr McKee ärgerlich hervor.

      „Wir sollten die Laboruntersuchungen abwarten“, schlug Dennister vor. „Dann sind wir mit Sicherheit schlauer.“

      „Einen kleinen Ansatzpunkt hätte ich vielleicht, dem sich noch lohnt nachzugehen“, meldete sich Max Carter zu Wort. Er wandte sich an mich. „Du hast mir ja unterwegs eine Telefonnummer durchgegeben.“

      „Richtig. Sie stand auf einem Zettel in einer von Bykovs Jacken.“

      „Die Nummer gehört zu einem Handy, dessen Eigentümer ein gewisser Norman Gallesco ist.“ Max wandte sich an Dennister. „Bei dem Namen sollte es bei Ihnen klingeln, Milton.“

      „Sie meinen den Anwalt Gallesco, der in der 5th Avenue residiert und eine der dubiosesten Rollen in der ganzen Szene einnimmt?“

      „Genau den.“

      „Dieser Gallesco ist mir kein Begriff“, gestand Mr McKee. „Vielleicht könnte mich hier mal jemand aufklären, um wen es sich da handelt!“

      „Mit Vergnügen“, sagte Milton Dennister. „Norman Gallesco ist eine Art Hobby-Kunsthändler, im eigentlichen Beruf aber Anwalt. In der Vergangenheit war er bei einigen zweifelhaften Transaktionen die treibende Kraft – insbesondere dann, wenn sogenannte „entführte“ Bilder gegen Lösegeld zurückgeführt werden sollten.“

      „Es kam der Verdacht auf, dass Gallesco da die Grenzen dessen, was noch zu den Pflichten eines Anwalts gehört, bei weitem überschritten hat“, warf Max ein. „Allerdings konnte man ihm nicht nachweisen, dass er eventuell mit Bilderentführern Absprachen getroffen hat, die ungesetzlich sind.“

      „Wenn Sie mich ganz persönlich fragen, kann man schon fast den Verdacht haben, dass Gallesco hin und wieder mit ihnen zusammengearbeitet und Millionen daran verdient hat!“, warf Dennister ein. „Aber einer wie der ist wohl einfach zu clever für unsere Justiz. Alles, was bei ihm auf dem juristischen Kerbholz steht, sind ein paar Verstöße gegen die Parkordnung der Stadt New York und die Beleidigung eines Richters, für die er tatsächlich drei Tage ins Gefängnis ging, anstatt die lächerliche Ordnungsstrafe zu bezahlen.“ Dennister grinste. „Er machte ein richtiges Happening daraus.“

      „Klingt nach einem komischen Vogel“, lautete Milos Kommentar.

      „Ja, aber er dürfte noch sehr viel weiter verzweigte Kontakte bis in die Kunstmafia hinein besitzen, als Ihre Informanten, die Sie bisher um Unterstützung gebeten haben“ stellte Dennister klar.

      „Nachdem Jesse diese Nummer gefunden hat, haben wir ja auch einen ganz offiziellen Grund mit ihm zu sprechen“, erklärte Mr McKee. „Notfalls auch hier im Bundesgebäude in einer Gewahrsamszelle, wenn es sein muss! Aber das hat Zeit bis Morgen früh.“

      Anschließend berichtete Milton Dennister noch von seiner missglückten Verabredung mit Major Marenkov. „Ich habe inzwischen herausgefunden, dass tatsächlich ein Flug auf den Namen Marenkov gebucht war, aber dieser Marenkov hat den Flieger in Russland nie bestiegen. Der Platz wurde an jemand anderes vergeben.“

      „Und wer hat dann angerufen?“, fragte ich.

      Max Carter meldete sich daraufhin zu Wort. „Alle eingehenden Anrufe werden bei uns ja glücklicherweise aufgezeichnet. Ich habe die Aufnahme natürlich sofort Agent Dennister vorgespielt und er hat die Stimme identifiziert.“

      Mr McKee wandte sich an den Mann aus Washington. „Sie sind sich sicher, dass es die Stimme von Marenkov war? Ich wusste nicht, dass Sie ihn so gut kennen...“

      „Ich bin ihm tatsächlich auch nur einmal begegnet, aber wir hatten hin und wieder Telefonkontakt“, antwortete Dennister. Er hob die Schultern. „Hundertprozentige Sicherheit gäbe nur ein Höhenkurvenabgleich dieses Anrufs mit der Originalstimme Marenkovs und selbstverständlich gibt es geschickte Stimmenimitatoren, aber...“ Er schüttelte entschieden den Kopf. „Das wäre doch absurd!“

      „Der Anruf könnte auch aus Audioschnipseln irgendwelcher Aufnahmen zusammen geschnitten worden sein“, wandte Max ein. „Das untersuchen gerade unsere Experten. Schließlich wäre es absurd, anzunehmen, dass Marenkov längst in der Stadt ist und Agent Dennister zum Narren hält!“

      Mr McKee atmete tief durch. „Man kann auch mit gutem Willen noch nicht sagen, dass wir Licht in die Sache gebracht hätten, aber die nötige Geduld gehört eben auch zu unserem Job. Ich schlage vor, Sie machen jetzt Feierabend und morgen früh sehen wir weiter.“

      „Dann müssten auch schon einige Laborberichte vorliegen!“, war Clive recht zuversichtlich.

      „Hoffen wir’s“, murmelte Milo. „Sonst drehen wir uns weiter im Kreis.“

      16

      Wir gingen Am Abend noch zusammen mit Agent Dennister zu unserem Lieblingsitaliener. Schließlich hatten wir alle einen Riesenhunger.

      Milo und ich nahmen eine Pizza, Milton Dennister hingegen nur einen Salat. „Ja, Sie als Special Agents im Außendienst haben Bewegung genug, um wie Scheunendrescher essen zu können, aber bei mir sieht das anders aus!“, sagte er und fasste sich dabei an den Bauch.

      „Wo sind Sie für Ihre Zeit hier in New York untergebracht?“, fragte ich.

      „Hotel Supreme im East Village. Ist mehr eine Pension als ein Hotel, aber es liegt immerhin im Spesenrahmen, den man mir zugesteht!“

      Eine Weile aßen wir einfach nur und keiner redete einen Ton. Der Tag war schließlich hart genug gewesen. Wenigstens am Abend muss man hin und wieder seine Gedanken sortieren, wenn man am Tag mit knapper Not der Laserzielerfassung eines skrupellosen Killers entkam.

      Es ärgerte mich noch immer, dass mir der Kerl mit der Tränengasgranate entwischt war. Aber wenn man es genau nahm, konnte ich mir noch nicht einmal hundertprozentig sicher sein, dass es sich tatsächlich um einen Kerl handelte.

      Ich versuchte mich zu erinnern und vergegenwärtigte mir noch einmal jenen Augenblick, als ich in das mit Tränengas verräucherte Zimmer stürmte.

      Da war nichts weiter als ein Schatten.

      Der vage Umriss eines Menschen.

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