Hunde mit haarigen Fellen überall Fusseln hinterlassen.“ Er schnipste mit Daumen und Zeigefinger der linken Hand und wandte sich an seine Leibwächter. „Lasst uns allein.“
„Sind Sie sicher, Boss?“
„Mister Camerone ist ein Ehrenmann und ich denke, er mag Hunde genauso gern wie ich.“
Die beiden Leibwächter zogen ab.
Jimmy Kim setzte sich.
Die Dobermänner verharrten fast regungslos an ihren Positionen.
„Hören Sie, ehrlich gesagt, bin ich von der Aussicht nicht so begeistert, dass diese Raubtiere mir beim Essen zusehen!“
„Sie haben Glück, Mister Camerone. Die beiden verstehen nur Koreanisch, sonst hätten sie Ihre Worte vielleicht als Beleidigung aufgefasst.“
Camerone beugte sich nach vorn. Sein Gesicht wirkte angestrengt.
„Was wollen Sie von mir, Mister Kim? Ich bin lange aus dem Geschäft und genieße mein Geld – und die alten Zeiten der Feindschaft sind lange vorbei. Zumindest zwischen uns persönlich. Ich will da nicht für meine gesamte Verwandtschaft sprechen. Da kann ich auch nicht.“
„Sie haben gut reden, Mister Camerone.“
„So?“
„Ihr Vater wurde damals auch nicht ermordet.“
„Was wollen Sie denn? Die Sache ist doch aufgeklärt, wenn ich mich richtig erinnere! Der Killer hat gestanden und seid Big Tonys Knochen von diesen Archäologen aus dem Sumpf geholt wurden... ah, jetzt verstehe ich.“
„Das glaube ich kaum, Mister Camerone.“
„Sie haben Angst, dass die Cops Sie ins Visier nehmen.“ Er zuckte mit den Schultern. „Liegt ja auch nahe. Der Sohn rächt den Vater... und soweit ich weiß, standen Sie sich ja auch sehr nahe.“
„Sie missverstehen mich.“
Camerone machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ihre Anwälte wehren das mit links ab, sollte da etwas kommen und bei Ihren eigenen Leuten erhöht es höchstens den Respekt, den Sie genießen, glauben Sie mir, das ist immer so! Ich weiß, wovon ich da rede...“
Jimmy Kim unterbrach den Redefluss seines Gesprächspartners.
„Mister Camerone, ich hatte ein sehr interessantes Gespräch mit Mark Manetta, dabei erhielt ich Informationen, über die ich jetzt gerne mit Ihnen reden würde.“
Camerone wurde blass.
Einer der Dobermänner knurrte ganz leise, blieb aber regungslos.
Auf einen Blick von Kim hin verstummte er.
„Wussten Sie, dass Dobermänner gefährlich werden können, wenn man sie nicht richtig unter Kontrolle hat?“, fragte Kim. „Ich scheine bei der Erziehung wohl ein paar Fehler gemacht zu haben...“
„Soll das eine Drohung sein?“
„Fassen Sie es auf, wie Sie wollen!“
„Dann betrachte ich dieses Gespräch als beendet. Ich hatte mich unter anderen Voraussetzungen mit Ihnen getroffen.“
Die Hunde knurrten.
Ein roter Punkt tanzte durch die Luft. Der Laserstrahl einer Zielerfassung! Für einen Sekundenbruchteil war der rote Punkt auf dem Tisch zu sehen. Der Strahl brach sich in dem Wasserglas, das sich vor Camerone auf dem Tisch befand.
Jimmy Kim wirbelte herum, griff instinktiv unter seine Jacke, während ein Schuss ihn in den Oberkörper traf.
Das Hemd wurde aufgerissen, grauer Kevlar kam darunter zum Vorschein. Die Wucht des Geschosses drückte ihn gegen die Stuhllehne. Der zweite Schuss durchbohrte seine Stirn. Sein Blick erstarrte. Blut sickerte aus dem Einschussloch über dem rechten Auge.
Die Hunde knurrten.
Sie sprangen Camerone zugleich an und warfen ihn mitsamt seinem Stuhl zu Boden. Aber ihr Knurren verwandelte sich in Winseln. Ihre Körper zuckten, noch während sie zusammen mit Camerone zu Boden fielen. Camerone schrie auf. Jimmy Kims Leibwächter stürmten auf den Dachgarten. Sie hatten die Waffen gezogen und blickten sich irritiert um. Als sie den Strahl des Laserpointers bemerkten, war es schon zu spät. Der Erste sank getroffen zu Boden, der Zweite wollte sich in Deckung hechten, bekam aber zuvor ebenfalls einen tödlichen Treffer.
In verrenkter Haltung blieb er regungslos liegen.
Camerone zitterte.
Seine Hände waren Blut besudelt. Aber es war nicht sein eigenes Blut, sondern das der Hunde, deren tote Körper ihn bedeckten.
Das war knapp!, dachte er.
27
Unsere Kollegen Clive und Orry besuchten Milla Johnson. Zusammen mit Beverly Reynolds bewohnte sie ein Appartement in Queens.
Beide hatten in der Vergangenheit gegen die Anti-Prostitutionsgesetze in New York verstoßen, was sie vermutlich nicht davon abgehalten hatte, weiter als Callgirls zu arbeiten.
Milla Johnson verdrehte die Augen, als Clive ihr den Dienstausweis unter die Nase hielt. „Nicht schon wieder. Erst die Vice-Abteilung des nächsten NYPD-Reviers, dann die Vice-Abteilung eines anderen Reviers und jetzt Sie. Man könnte denken, die Cops von New York hätten nichts Besseres zu tun, als unschuldige Frauen zu belästigen!“
„Es geht um Ihre Mitbewohnerin Beverly Reynolds.“
„Ja, das NYPD war hier und hat ihre Sache durchwühlt. Ich habe ihr von Anfang an gesagt, dass sie die Finger von diesem Mann lassen soll.“
„Welchem Mann?“
„Sonny D’Andrea. Ein reicher aller Sack – aber einer mit Verbindungen zur Mafia und wenn es da mal Ärger gibt, landet man schneller im Leichenschauhaus, als man Piep sagen kann. Und genau das ist ja nun auch mit Beverly passiert!“
„Vielleicht können wir reinkommen und uns drinnen weiter unterhalten, dann bekommt nicht das ganze Haus unser Gespräch mit“, schlug Orry vor.
„Meinetwegen. Ich hoffe, Sie machen es nicht wie Ihre Kollegen. Erst so tun, als ginge es ihnen darum, Beverlys Mörder zu fassen und mir am Ende ein neues Verfahren wegen Prostitution anhängen.“
„Wir interessieren uns nicht dafür, wie Sie Ihren Lebensunterhalt verdienen“, sagte Clive. „Es geht uns nur um Beverly – und dem Mann, mit dem sie zusammen war.“
„Ein merkwürdiger Typ. Aber ganz witzig. Wir waren mal alle drei zusammen essen. Beverly hat sich hervorragend amüsiert.“
„Wir würden uns gerne ihr Zimmer ansehen.“
„Das haben die Cops versiegelt. Ich habe mit ihrer Mutter telefoniert. Sie kommt übernächste Woche aus Virginia und wird den ganzen Plunder abholen. An ihrer Stelle hätte ich das Zeug gleich weggeworfen. Der Sprit von Virginia nach New York kostet doch schon mehr als das ganze Zeug wert ist.“
Sie führte die beiden zu Beverlys Zimmertür. Orry öffnete das Siegel fachmännisch.
Sie traten ein. Zwölf Quadratmeter, von denen vier bereits von einem großen Doppelbett eingenommen wurden.
Milla Johnson folgte uns bis zur Tür.