Alfred Bekker

10 Urlaubskrimis Juli 2020 - Thriller Hochspannung


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und Orry nahmen sich die Nachbarschaft vor, in der Hoffnung, dass jemand etwas bemerkt hatte.

      Das Haus nebenan war derzeit unbewohnt. Später erfuhren unsere Kollegen, dass sich die Besitzer auf einer längeren Reise befanden.

      Gegenüber wohnte ein Pensionär des Yonkers Police Department mit seiner Frau.

      „Mein Name ist Allan Jennings und ich war 35 Jahre Detective – zuerst bei der Drogenfahndung, später bei der Homicide Squad im Rang eines Lieutenant“, stellte er sich vor, nachdem Clive ihm seine ID-Card gezeigt hatte. Jennings sah sich den Ausweis mit einem bewundernden Blick an. „Ich habe mich auch mal in Quantico beworben. Ist schon lange her – aber leider habe ich die Eingangstests nicht geschafft.“

      „Kannten Sie Ihren Nachbarn von gegenüber – Mister Sonny D’Andrea?“

      „Ehrlich gesagt habe ich ihn nicht besonders gemocht und ich war auch überhaupt nicht begeistert davon, als er hierher zog. Aber im Grunde hatte ich nichts mit ihm zu tun. Ein Mann mit bunter Vergangenheit, würde ich sagen...“

      Clive lächelte. „Sie haben über NYSIS nachgeforscht?“

      „Wenn ich zu den Kollegen aufs Revier gehe und etwas wissen will, schauen die weg, wenn ich an den Computer gehe.“

      „Mister D’Andrea wurde heute in Brooklyn erschossen.“

      „Verstehe und die Durchsuchung der Opfer-Wohnung gehört zur Routinevorgehensweise...“

      „Kennen Sie diese Frau?“

      Clive hielt ihm den Führerschein von Beverly Reynolds unter die Nase.

      Allan Jennings nickte. „Natürlich. Sie hat das letzte Jahr bei ihm gewohnt. Eine Prostituierte, aber D’Andrea schien genug Geld zu haben, um sie exklusiv für sich zu haben. Sie hat ihn auch immer mit dem gelben Lamborghini herumkutschiert, weil er selbst doch nach diversen Verfahren nicht mehr fahren durfte.“

      „Wir haben sie ermordet in der Badewanne gefunden.“

      Jennings zog die Augenbrauen zusammen. „Wann ist das geschehen?“

      „Vermutlich heute Morgen.“

      „Da stand für eine Weile ein Ford Maverick vor dem Haus. Ich habe leider nicht gesehen wer drin saß. Schließlich sitze ich ja nicht den ganzen Tag am Fenster und beobachte Leute.“

      „Natürlich nicht.“

      „Und dann ist noch etwas merkwürdig. Vor zwei Tagen kam ein Transporter und es wurde jede Menge persönlicher Besitz weggeschafft. Keine Möbel oder dergleichen – nur Kleidung, Bücher – der ganze Kleinkram eben.“

      „Wer hat den Leuten die Tür aufgemacht?“

      „Miss Reynolds. Da bin ich mir sicher.“ Er grinste. „Die übersieht man nicht. Von Mister D’Andrea war schon seit Tagen nichts mehr zu sehen. Ich wette, der wollte untertauchen, weil er befürchten musste, dass schließlich doch noch jemand einen juristischen Dreh findet, um ihn dahin zu bringen, wo er schon lange hingehört hätte! Nach Rikers Island nämlich!“

      10

      Am nächsten Morgen trafen sich alle G-men, die zurzeit an dem Fall arbeiteten, im Büro unseres Chefs zur Besprechung.

      Außer uns waren das die Kollegen Clive Caravaggio und Orry Medina sowie die Erkennungsdienstler Mell Horster und Sam Folder.

      Agent Max Carter aus der Fahndungsabteilung unseres Innendienstes verspätete sich etwas, da er offenbar mit der Vorbereitung eines Dossiers für die beteiligten Agenten nicht rechtzeitig fertig geworden war.

      Mr Jonathan D. McKee, der Leiter des FBI-Field Office New York informierte uns über neue Erkenntnisse im Mordfall D’Andrea.

      „Der Ford Maverick, den dieser pensionierte Cop gesehen hat, ist identisch mit dem Fahrzeug, dass der Mörder von D’Andrea benutzt hat“, erklärte unser Chef. „Das beweist die Auswertung der Reifenspuren. Außerdem hat sich Lieutenant Jennings die Nummer aufgeschrieben. Das Kennzeichen ist falsch. Max und seine Abteilung gehen im Moment die Liste der als gestohlen gemeldeten Fahrzeuge dieses Typs durch. Es könnte durchaus sein, dass wir da fündig werden.“ Mr McKees Gesicht wurde sehr ernst. Er wandte sich an Max Carter. „Der Fall D’Andrea könnte durchaus in einem größeren Zusammenhang stehen. Max hat ein Dossier für Sie vorbereitet und wird Sie jetzt über alles Weitere informieren. Bitte, Sie haben das Wort!“

      Max nickte.

      „Vor ein paar Tagen wurde im Lake Tappan bei archäologischen Grabungen Überreste einer Leiche aus dem Sumpf der Uferregion geborgen, die zweifelsfrei nicht von einem Algonkin-Indianern aus präkolumbianischer Zeit stammt, sondern eine Zahnbehandlung bekommen hat und außerdem ein künstliches Hüftgelenk besaß, wie man es vor etwa zwanzig Jahren verwendete. Über die Seriennummer des Hüftgelenks konnten die Kollegen der örtlichen Polizei schnell herausbekommen, dass es sich bei dem Toten um niemand anderen als Tony Damiani handelt – der Mafia-Boss, von dem wir alle annahmen, dass er seit zehn Jahren an einem sonnigen Plätzchen seine illegal erwirtschafteten Reichtümer genießt. Was den Todeszeitpunkt angeht, so steht im gerichtsmedizinischen Gutachten, dass der Grad der Verwesung nahe legt, dass Tony Damiani bereits starb, kurz nachdem er vor zehn Jahren untertauchte – und nicht etwa später inkognito zurückkehrte.“

      „D’Andrea hat sich kurz nach Damianis Untertauchen aus dem Geschäft zurückgezogen“, gab Clive zu bedenken. „Gibt es da vielleicht irgendeinen Zusammenhang?“

      „Das liegt nahe“, erklärte Max. „Damiani war die Justiz wegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Verabredung zum Mord auf den Fersen. Entscheidend war dabei der letzte Anklagepunkt. Damiani hätte lebenslänglich hinter Gitter kommen können und da hat er es vorgezogen, zu verschwinden. Diese Anklage beruhte hauptsächlich auf der Aussage von Tom Buscella, einem auf Rikers Island einsitzenden Mafia-Killer. Buscella gab zu, in Damianis Auftrag einen Konkurrenten im Drogengeschäft aus dem Weg geräumt zu haben.“

      „Könnte es sein, dass da vor zehn Jahren im Damiani-Syndikat eine Palast-Revolution vonstatten ging und der große Boss ins Abseits gedrängt werden sollte?“, fragte Mr McKee.

      „Das ist zumindest nicht ausgeschlossen“, nickte Max.

      „Wer hat die Geschäfte von Damiani damals übernommen?“, fragte ich.

      „Sein Neffe Jack Gabrielli. Wenn jemand vom Tod – oder dem Verschwinden – Damianis profitiert hat, dann war er es.“

      „Ich wette, Sonny D’Andrea wusste genau darüber Bescheid, was damals abgelaufen ist“, war Clive überzeugt. „Aber leider ist er nicht mehr dazu gekommen, es uns zu verraten.“

      Mr McKee wandte sich an Clive. „Ich möchte, dass Sie und Orry in D’Andreas Umfeld herumstochern. Dass es einen Zusammenhang mit Damianis Tod gibt, liegt nahe – aber im Moment sind das alles nur Vermutungen.“

      „D’Andreas private Sachen wurden ja schließlich vor kurzem abtransportiert. Ich werde mich mal darum kümmern, wo das alles geblieben ist.“

      „Vielleicht finden wir da ein paar Hinweise“, ergänzte Orry.

      „Und vergessen Sie das Umfeld von Beverly Reynolds nicht!“, gab Mr McKee zu bedenken. „Sonny D’Andrea hat ihr zumindest soweit vertraut, dass er sie beauftragte, sein