Alfred Bekker

Krimi Sammelband 4005: Frohes Mörderfest - 4 Thriller in einem Band


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      „Vielleicht waren wir heute Morgen ein bisschen zu voreilig“, gab Reese zu.

      Katharina öffnete die Wagentür und betätigte den Knopf, den sie am Vorabend gesehen hatte. Das Garagentor schloss sich langsam und beinahe völlig geräuschlos, ohne das jedoch das Schloss einschnappte. Der Kommissar warf ihr einen betroffenen Blick zu. Katharina drückte noch einmal auf den Knopf und prompt öffnete sich das Tor wieder.

      „Da haben wir es“, murmelte sie. „Frau Colditz hatte zu jeder Zeit die Gelegenheit, die Garage zu verlassen. Sie ist wahrscheinlich hineingefahren, indem sie den Knopf in ihrem Wagen betätigte. Jemand hat hier im Dunkeln gewartet, sie niedergeschlagen und schließlich das Tor mithilfe des elektrischen Systems geschlossen.“

      Reese schüttelte den Kopf.

      „Wie soll das Ganze vor sich gegangen sein?“

      „Wer sagt Ihnen, dass nicht noch ein zweiter Stromkreis existiert, der von außen geschlossen werden kann. Kommen Sie, sehen wir mal nach!“

      Sie traten auf den Bürgersteig hinaus und entdeckten auf der rechten Seite der Mauer, etwa einen Meter zwanzig über dem Boden einen Kontakt, der aussah wie das Zündschloss eines Wagens. Katharina ging zu dem Wagen zurück, zog den Zündschlüssel heraus und versuchte ihn in das Schloss zu stecken. Der Schlüssel passte. Als sie ihn herumdrehte, begann der Elektromotor, von dem das Funktionieren des Garagentors abhing, zu brummen. Langsam schloss es sich wieder.

      „Sehen Sie. Es genügt, einen Schlüssel zu haben, der mit dem des Wagens identisch ist, um das Tor mithilfe dieses zweiten Stromkreises in Bewegung zu setzen.“ Katharina drehte den Schlüssel in der entgegengesetzten Richtung. Sofort öffnete sich das Tor wieder. „Das funktioniert ja ausgezeichnet“, stellte sie fest. „Übrigens ist es ganz normal, einen zweiten Stromkreis zu haben, um eine Katastrophe zu vermeiden, wenn tatsächlich einmal eine Sicherung durchbrennt.“

      „Ja, das ändert die Sachlage völlig“, gestand Reese ein. „Aber Sie müssen zugeben, dass die Szene gut aufgezogen war. Bei dem Wagen hatte man die Zündung kurzgeschlossen, damit der Motor ungehindert weiterlaufen konnte. Man hat sogar daran gedacht, die Motorhaube hochzuheben, um den Eindruck zu erwecken, dass Frau Colditz in letzter Minute noch versuchte, die Drähte herauszureißen, bevor sie ohnmächtig wurde.“

      „Auf jeden Fall hatte die Person, die das Verbrechen als Unfall tarnen wollte, einen wertvollen Anhaltspunkt zurückgelassen. Offenbar war sie mit dem Anwesen nicht sehr vertraut. Dadurch können wir den Kreis der Verdächtigen wesentlich enger ziehen.“

      „Also“, murmelte Reese. „Somit ist alles klar, bis auf einen Punkt. Der Mörder hat sein Opfer in der Garage erwartet, in die er mithilfe eines nachgemachten Zündschlüssels von Frau Colditz‘ Wagen eingedrungen war. So ein Nachschlüssel lässt sich ja ganz leicht herstellen. Trotzdem bleibt eine Frage: Warum?“

      „Die gleiche Frage könnte man in Hinblick auf den Mord an Zerban stellen“, warf Katharina ein. „Warum wurde er ermordet? Hat er der Person, die ihm die Informationen verschaffte, gedroht? Wenn das stimmt, warum hat der Mörder den Bericht, der ihn schwer belasten musste, am Tatort zurückgelassen? Oder besteht vielleicht zwischen dem Mörder und dem Verräter kein Zusammenhang? Ich kenne die genaue Antwort noch nicht, aber beide Verbrechen haben einen gemeinsamen Nenner.“

      „Welchen?“

      „Die berühmte Schreibmaschine. Schade, dass es Ihnen bis jetzt nicht gelungen ist, ihren ursprünglichen Besitzer festzustellen. Eine Tatsache lässt sich jedoch nicht bestreiten. Die Unterlagen, die Sie in Colditz‘ Schreibtisch finden werden, sind ebenfalls auf der Maschine getippt worden.“

      Plötzlich kam wieder Leben in den Kommissar. Er rief einen seiner Mitarbeiter herbei und bat ihn, die Papiere, die Katharina erwähnt hatte, herzuholen. Er zog eine einzige Seite des Berichts, den sie bei Zerban gefunden hatten, aus der Tasche und verglich die Schrifttypen mit denen auf Colditz‘ Papieren.

      „Ja, es handelt sich tatsächlich um sehr ähnliche Typen“, sagte er zögernd. „Aber nur ein Spezialist kann feststellen, ob wirklich beide Texte auf derselben Maschine geschrieben wurden.“

      „Sonst noch was?“, erkundigte sich Katharina.

      „In Zerbans Wohnung gab es keinen interessanten Fingerabdruck, ebenso wenig auf der Maschine, aber die Analyse des Glases, das auf dem kleinen Tisch stand, halt erstaunliche Resultate gezeigt.“

      „Das Glas enthielt nur Kognak, nicht wahr?“

      „Ja. Haben Sie mich deswegen auf die Glasscherben in der Küche aufmerksam gemacht? Anfangs hatte ich geglaubt, Zerban hätte sich geschnitten, denn an seinem linken Zeigefinger haben wir eine tiefe Schnittwunde entdeckt. Zuerst hatte ich gar nichts begriffen, aber nun ist mir alles klar. Sie haben recht, dem Kognak war nichts beigemischt, aber wir haben eine andere interessante Tatsache aufgedeckt. Aus dem Glas ist niemals getrunken worden.“

      „Das hatte ich mir schon gedacht. Der Staub und der kleine Holzsplitter brachten mich auf den Gedanken.“

      „Sie wissen selbst, dass jedes Reinigungsmittel, ganz egal welcher Zusammensetzung, immer eine leichte Fettspur hinterlässt, die mithilfe der Analyse ohne weiteres festgestellt werden kann. Auf diesem Glas befanden sich jedoch überhaupt keine Spuren. Es ist noch nicht ein einziges Mal abgewaschen worden. Nach dieser Feststellung habe ich sofort einen meiner Leute losgeschickt, um aus Zerbans Wohnung die anderen Gläser des gleichen Satzes abzuholen. Auch sie sind noch niemals abgewaschen worden. Und wissen Sie, was wir noch auf dem komischen Glas gefunden haben? Einen Fingerabdruck von Teodor Gröne.“ Katharina hob vielsagend die Brauen, enthielt sich jedoch jeden Kommentars. „Natürlich haben wir Gröne verhört. Ich hatte mich ja zuerst nur der Muster der Fingerabdrücke bedient, die Sie mir gegeben haben. Als wir dann Gröne verhörten, haben wir ihm seine Fingerabdrücke gleich noch einmal abgenommen. Selbstverständlich hat er hoch und heilig geschworen, dass er Zerbans Wohnung niemals betreten hatte.“

      „Glauben Sie ihm?“

      Der Kommissar warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu.

      „Halten Sie mich für so naiv? Die unbenutzten Gläser, die Scherben vor dem Mülleimer – meinen Sie vielleicht, ich hätte nicht begriffen? Der wahre Täter ist sicherlich mehrmals in Zerbans Wohnung gewesen. Vielleicht hat er eines der Gläser berührt, die in dem Barschrank standen, als er mit dem Spion zusammen trank. Natürlich war es für ihn wichtig, alle eventuellen Indizien zu vernichten. Deshalb hat er nach der Ermordung Zarbans die Gläser zerbrochen, die Scherben in den Mülleimer geworfen und die Tüte anschließend mitgenommen. Dabei hat er nicht bemerkt, dass einige Splitter daneben gefallen sind.“ Der Kommissar machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr. „Dann hat er die Gläser, die er selber in einem Paket mitgebracht hatte, einfach anstelle der alten in den Barschrank gestellt. Eines hat er auf dem kleinen Tisch im Wohnzimmer stehenlassen und es mit Kognak gefüllt, damit es noch natürlicher wirkte. Denn schließlich war dieses Glas ziemlich wichtig für ihn. Auf irgendeine Weise war es ihm gelungen, Gröne dazu zu bringen, das Glas zu berühren, ohne das gleichzeitig seine eigenen Fingerabdrücke daran haften blieben. Aber das ist um diese Zeit ziemlich leicht. Überall werden Weihnachtsfeiern veranstaltet. Der Mörder hat alles daran gesetzt, um uns auf eine falsche Spur zu setzen. Aber wir sind nicht auf den Trick hereingefallen. Gröne wäre bestimmt der Letzte gewesen, der einen so offensichtlichen Beweis für seine Schuld hinterlassen hätte.“

      „Für einen Augenblick stand er aber doch unter Verdacht, oder nicht?“

      „Nein, er hätte gar nicht genug Zeit gehabt, den Bericht für Zerban zu schreiben, den Spion anschließend zu töten und um zweiundzwanzig Uhr bereits bei den Wuttkes zu sein. Das ist ausgeschlossen. Auch sein Privatleben fällt keinesfalls aus dem Rahmen. Wir haben festgestellt, dass er nur zwei Hobbys hat: den Fischfang und die Jagd. Abgesehen davon lebt er sehr bescheiden. Er wohnt in einem kleinen Haus mit niedriger Miete und fährt einen alten Wagen. Er ist mit sich und der Welt zufrieden, überzeugter Junggeselle und braucht kein Geld.“

      „Warum haben Sie ihn