Folgen haben ... Kommt! Bildet einen Kreis!"
"Ich weiß nicht", meinte Jim. "Mir gefällt der Gedanke nicht, hier etwas Derartiges abzuhalten ..."
"Ist Ihnen lieber, dass wir nichts tun?"
Myers fasste sich indessen an den Kopf. "Wo bin ich hier nur hingeraten!", stöhnte er auf.
"Still!", rief Robert Clayton in dieser Sekunde.
Und dann herrschte Schweigen.
In die Geräusche des aufkommenden Sturms mischten sich galoppierende Pferdehufe.
Robert sah eine Sekunde lang zu mir hinüber, dann sprang er auf und lief zu einem der Fenster, von denen aus man in den Burghof sehen konnte. Ich erhob mich ebenfalls und stand einen Moment später neben ihm.
Ein Reiter in dunklem Umhang preschte über den Burghof, zügelte sein Pferd und verharrte dann einige Augenblicke. Nur als dunkler Umriss war er erkennbar.
Einen Augenblick lang geschah nichts, dann riss er das Pferd herum und stob hinaus in die Nacht.
Und dann ...
Ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen, aber im Schein einer Laterne sah ich, wie er sich buchstäblich auflöste. Er wurde transparent und verschwand im Nichts.
Im nächsten Moment gellte ein schauerlicher Schrei durch die uralten Mauern von Gilford Castle.
Ein Schrei, so furchtbar, dass er einem durch Mark und Bein ging ...
21
Wir alle waren einen Moment wie erstarrt. Der Einzige, der sich bewegte war Charles, der Butler. Er stellte sein Tablett zur Seite und meldete sich als erster zu Wort.
"Das war Lucinda!", meinte er.
"Wer ist Lucinda?", erkundigte sich Jim.
"Ein Hausmädchen!", erläuterte der Butler. "Ich hatte sie gebeten, heute Abend etwas länger zu bleiben, um mir in der Küche zu helfen ..."
Robert war der Erste, der sich aus der Erstarrung löste.
Er ging mit schnellen Schritten in Richtung Tür. Wir folgten ihm durch einen nur mäßig beleuchteten Flur. Zu beiden Seiten hingen Lampen mit hauchdünnen Schirmen, unter denen früher vielleicht einmal Gaslicht gebrannt hatte.
Inzwischen waren es natürlich Glühbirnen. Das Licht dieser Lampen war arm und gelblich.
Eigenartige Schattengebilde waren an der Wand zu sehen.
Wie fremdartige Gemälde wirkten sie ... Jeden Moment hatte man das Gefühl, das eines dieser Gebilde zum Leben erwachen würde.
Das Hausmädchen stand an der Tür, die vermutlich zur Küche führte. Ihr Gesicht war schreckgeweitet und starrte auf einen bestimmten Punkt am Ende des Flurs, an dem ich allerdings nichts erkennen konnte. Ihr Mund stand halb offen ...
Ihre Haut war totenbleich ...
"Lucinda!", rief Charles, der Butler. Sie reagierte nicht.
Stumm schüttelte sie den Kopf.
Ich war als Erste bei ihr.
"Was ist geschehen?", fragte ich.
Lucinda wandte den Blick in meine Richtung. Ihre Züge waren noch immer eine Maske puren Entsetzens.
"Ich ...", stammelte sie.
"Nun reden Sie schon!", forderte ich und fasste dabei ihre Schultern. Es war offensichtlich, dass die junge Frau unter einer Art Schock stand. Aber auf der anderen Seite hatte ich das Gefühl, darauf im Moment nicht allzu viel Rücksicht nehmen zu können.
Es war eine jener verfluchten Ahnungen ...
Die Gefahr!, durchfuhr es mich. Sie ist noch hier ... Ganz in der Nähe ... Suchend ließ ich den Blick schweifen, aber außer den Schattengebilden an den Wänden sah ich nichts ...
Dennoch ...
Die innere Unruhe blieb.
"Ich bleibe keine Sekunde länger in diesem Haus!", rief Lucinda in diesem Moment. "Keinen Augenblick ..."
Sie wollte davonstürzen.
Ihre Augen waren glasig.
Ich hielt sie bei den Schultern.
"Lucinda!", rief ich beschwörend. "Was, um Gottes willen, haben Sie gesehen?"
Ihre Augen flackerten unruhig. Ihr Blick wirkte jetzt beinahe wie irre. Angstschweiß stand ihr in Perlen auf der Stirn, die im Licht der Lampen glitzerte.
"Sie war hier ...", stammelte sie und streckte den Arm aus.
Sie deutete zum Ende des Flures, der dann eine Biegung machte. "Dort!", flüsterte sie.
"Wer?", fragte der Butler mit scharfer Stimme.
"Die Frau ... Die Frau, die gestern während des Fests erschienen ist!"
"Joanne!", murmelte Robert.
"Sie kam auf mich zu, so als wollte sie mich erwürgen ... Und dann ..." Lucinda stockte. Sie schluckte und wirbelte den Kopf herum.
"Was dann?", hakte ich nach.
Ihr Blick schien durch mich hindurchzugehen.
"Ihre Hände ... Sie gingen einfach durch mich hindurch ..."
Sie faßte sich an den Hals und nun sah ich die rötlichen Male... "Ich bekam keine Luft mehr!", flüsterte sie, und ein kalter Schauder schien sie allein bei der Erinnerung zu schütteln...
Sie vollführte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf.
"Ich will hier weg!", schrie sie dann wie von Sinnen.
Sie riss sich los und lief den Flur in jene Richtung entlang, aus der wir gekommen waren. Der Butler versuchte, sie aufzuhalten.
"Lucinda!"
Vergebens. Wie von Sinnen rannte sie davon.
"Ich werde ihr folgen!", kündigte Charles an.
In diesem Moment flackerte das Licht.
So, als ob in der Nähe gerade ein heftiges Gewitter niederging oder das elektrische Netz des Hauses gerade durch irgendein Gerät bis an die Grenzen seiner Belastbarkeit beansprucht wurde.
Aber beides war nicht der Fall.
Für einen Moment versagten die Glühbirnen vollends, dann leuchteten sie noch ein letztes Mal schwach auf, ehe wir dann alle im Dunkeln dastanden.
Sie ist da!, durchfuhr es mich. Diese Kraft ...
Ich konnte sie beinahe körperlich spüren, diese Kraft des Geistes. Es konnte nur eine mögliche Erklärung dafür geben.
Joanne ...
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