erreichbar bleiben, alle Kulturkritiker des Landes würden sich die Finger nach ihr lecken, durch den Anschlag im 92nd Street Y sei sie eine öffentliche Person geworden und könne sich nicht einfach verkriechen, und so weiter, und so weiter ...
Eve ließ ihn reden und stellte auf Durchzug. Das große Schiebefenster zur Terrasse stand offen. Eine kühle Abendbrise wehte ins Haus. Vor dem dämmrigen Himmel und dem dunklen Ozean zeichneten sich die Umrisse ihres Leibwächters ab.
Terrence Wolbert saß mit dem Rücken zum Haus auf einem Gartenstuhl. Die Qualmwolken seiner Zigarillo stiegen über seinem Kopf in den Nachthimmel hinein. Vor ihm auf dem Terrassentisch brannte ein Windlicht. Zwei Dosen Bier standen daneben, eine halbvolle und eine leere.
„Ich weiß das alles, Richard‟, unterbrach sie ihren Verleger. „Aber ich muss an mich denken. Erst dieser Wahnsinnige im Theater, und jetzt diese Morddrohung ... ich bin fix und fertig ...‟
Sie könne zu ihm ziehen, er übernehme auch das gesamte Honorar des Bodyguards, es würde alles nicht so heiß gegessen, wie es gekocht würde, und so weiter ...
Draußen auf der Terrasse griff Wolbert nach der Bierdose. Sein Arm beugte sich, sein Bizeps wölbte sich, und sein kantiges, männliches Profil wurde für einen Augenblick in den Schein des Windlichtes getaucht.
Was für ein Prachtexemplar von Mann, dachte Eve. Ein warmes Prickeln zog über die Innenseiten ihrer Oberschenkel.
„Richard, bitte ...‟ Wieder unterbrach sie den Redeschwall ihres Verlegers. „Wir machen einen Kompromiss ...‟
Wolbert, draußen auf der Terrasse, streckte sich. Trotz der Abendkühle hatte er sich sein Hemd noch nicht wieder angezogen. Sein Oberkörper war nackt. Im Lichtschein des Windlichts sah Eve den Schweiß auf seiner der Haut seiner Rückenmuskulatur. Das Kribbeln drang in ihren Schoß, und sie spürte, wie ihr Höschen feucht wurde.
„... du bekommst meine Handynummer, und kannst mir jederzeit eine Nachricht auf die Mailbox sprechen ...‟ Eve schaffte es nicht ums Verrecken, ihre sehnsüchtigen Augen von der Gestalt des Mannes draußen auf der Terrasse zu reißen. O verdammt, Eve – du bist ja scharf wie ein Flasche Tabasco ...
„... ich kann dich jederzeit zurückrufen. Sollte ich mich entschließen, nach Bombay abzuhauen, kann ich dir eine E-Mail schicken, von praktisch jedem Ort der Welt kann ich das ...‟
Terrence stand auf und ging ein paar Schritte in den Garten hinein. Aufmerksam lauschte er in alle Richtungen. Gott – wie groß er ist ... diese Bewegungen, dieses Muskelspiel ... bitte, bitte, zieh dein Hemd noch nicht an ...
„... sogar Interviews würde ich geben, telefonisch oder per E-Mail, kapiert?‟
Der Verleger moserte noch ein wenig herum, aber seiner Stimme war anzuhören, dass er aufgegeben hatte. Terrence Wolbert zog sein Hemd an und verschwand aus Eves Blickfeld. Vermutlich drehte er seine halbstündliche Routinerunde um das einsame Haus.
Eves Verleger erklärte sich einverstanden. Dazu braucht er ungefähr zehn Minuten. Eve rutschte unruhig in ihrem Sessel hin und her. Unter ihrem engen T-Shirt spannten ihre Brustwarzen. Schließlich gelang es ihr doch noch, einen einigermaßen höflichen Abschied hinzulegen.
Als sie endlich, endlich auflegen konnte, tauchte der Schatten von Wolberts Adoniskörper wieder im Schein des Windlichtes auf. Eve zündete sich eine Zigarette an und ging hinaus auf die Terrasse.
„Ich konnte nicht anders‟, sagte Terrence. „Ein paar Brocken musste ich notgedrungen mithören.‟
„Überhaupt kein Problem.‟ Eve merkte, dass ihre Stimme heiserer klang als sonst. „Wenn man einen Menschen Tag und Nacht beschützt, berührt man zwangsläufig seine Intimsphäre ...‟
Das hast du schön gesagt, Eve ... seine Intimsphäre berühren – richtig gut hast du das gesagt ...
„Sie wollen die Flucht ergreifen, stimmt′s?‟
„So ist es.‟ Sein Schweiß roch nach Erde und Holzrinde. Eves Gedärm rumorte. Sie trat einen Schritt näher an ihn heran.
„Den ganzen Tag telefoniere ich mit Banken, Verwandtschaft, Vermieter, Theater und meinem Verleger. Es scheint zu klappen.‟
„Sehr vernünftig, Eve.‟ Er wich keinen Zentimeter zurück. Dabei war sie ihm schon so weit auf die Pelle gerückt, dass sie die warme Ausstrahlung seines muskulösen Körpers zu fühlen meinte. „Obwohl ich es bedauern werde, wenn ich Sie nicht mehr beschützen kann. Wann wollen Sie verschwinden?‟
Seine Stimme erregte sie noch mehr. Er bedauert es, Eve, hörst du ...? Sie genoss es, zu ihm aufblicken zu müssen, als sie weitersprach.
„Gestern, als mir die Idee kam, dachte ich daran, mich in zehn Tagen vom Acker zu machen.‟ Sie beugte sich ein wenig zur Seite, um die Zigarette im Aschenbecher auf dem Terrassentisch ausdrücken zu können. „Aber dieser Artikel in der New York Times war ein gewaltiger Schock ...‟
„Ich weiß ...‟ Er hob seinen Herkules-Arm und streichelte ihr sanft über die Wange. Ein Stromstoß schien durch Eves Körper zu zucken.
„Sie haben mich sicher weinen sehen ....‟ Sie wusste, dass er sie nicht nur weinen gesehen hatte. Er war die ganze Zeit auf der Terrasse gesessen, während ihr Shrink bei ihr gewesen war. Eve hatte ihren Psychotherapeuten mit einer Honorarverdoppelung aus Manhattan hinaus nach Coney Island gelockt.
Seine Hand glitt über ihre Schulter, und Eve lehnte sich seufzend an seine Brust. Sie spürte förmlich, wie sie zerfloss.
„Ich habe heute den ganzen Tag über Vollgas gegeben – und nun sieht alles danach aus, als könnte ich schon in drei Tagen abreisen.‟
„Nur noch drei Tage‟, sagte er leise. Terrence zog sie an sich.
Eves Hände verirrten sich unter sein Hemd. Sie hätte schreien können vor Verlangen, als sie die festen Muskeln auf seinem Rücken spürte. „Drei Tage sind besser als drei Stunden, oder ...?‟
Seine Antwort war eindeutig. Er küsste sie lange und leidenschaftlich. Als wäre sie ein kleines Kind, nahm er sie danach auf die Arme und trug sie durch die offene Terrassentür hinein ins Haus. Eve fühlte sich an ihre feuchtesten Teenie-Träume erinnert. Sie schwebte in der berüchtigten rosa Dimension. Terrence legte sie auf den Teppich und zog sie aus.
Sie liebten sich schnell und heftig. Eve hatte das Gefühl, im Zentrum eines Erdbebens hin und her gerissen zu werden. Nach etwa einer halben Stunde richtete Terrence sich plötzlich auf und lauschte durch die Terrassentür in den nächtlichen Garten hinein.
Eves Hände ließen nicht ab, seinen nackten Körper zu streicheln. „Was ist, Herkules?‟, hauchte sie.
„Da war was ...‟, flüsterte er.
Eve hörte weiter nichts als das Rauschen des nahen Meeres. „Ein Tier wahrscheinlich.‟ Sie schlang ihre Arme um seinen Nacken. „Komm her, mein Adonis ...‟ Und dann hörte sie das Brechen eines Astes. Ganz deutlich. Nicht weiter, als höchstens dreißig oder vierzig Schritte entfernt im dunklen Garten. Sie presste die Hand vor den Mund.
Terrence sprang auf – leichtfüßig, lautlos. Er schlüpfte in Hemd, Hose und Mokassins. „Nimm das.‟ Seine Hand griff in sein Waffenholster und streckte sich ihr mit einem kurzschnäuzigen Revolver entgegen.
„Und schieb die Tür zu, wenn ich draußen bin. Mach erst wieder auf, wenn ich an die Scheibe klopfe ...‟ Er griff sich seine Pumpgun und huschte in den Garten hinein.
Alle Erotik, alle Romanik, jede Spur von Lust – alles war verflogen. Von einem Augenblick auf den anderen. Eve spürte nur noch Panik. Mit Eisfingern tastete die Angst sich ihre Beine hinauf über ihren Bauch bis zu ihrem Herzen. Sie atmete plötzlich so hastig, als hätte sie zwanzig Stockwerke in einem Treppenhaus hinter sich gebracht.
Zitternd stand sie auf. Für Sekunden zögerte sie. Zuerst anziehen? Zuerst das Fenster schließen? Sie stolperte zum offenen