A. F. Morland

Mörder-Paket Juli 2020: 10 Krimis für den Strand: Sammelband 9015


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wär’s, wenn es nur das wäre ... Ich möchte Sie als Privatdetektiv engagieren, Mr. Calder.“

      „Legen Sie sich keinen Zwang an, Kelly. Tun Sie, was Sie nicht lassen können!“

      „Sie hätten also Zeit?“

      „Für einen interessanten Fall zwicke ich mir immer noch ein Stückchen Zeit ab.“

      „Ich glaube schon, dass er Sie interessieren wird.“

      „Das hoffe ich, denn für eine matte Sache können Sie irgendwelche Treppenwetzer mit schiefgelaufenen Hacken billiger bekommen.“

      Mir rieselte ein brennendes Prickeln durch die glühenden Knochen, als zwei Mädchen zeigten, wie man auf Lesbos über die Liebe dachte.

      „Geld spielt keine Rolle“, sagte Akim Kelly neben mir. Irgendwie störte mich sein ständiges Gequassel. Hatte er denn keine Augen im Kopf? Sah er denn nicht, was hier alles geboten wurde? „Ich habe so viel davon, dass ich die Wände Ihrer Wohnung in drei Schichten mit Hundertern tapezieren könnte, ohne diesen Verlust überhaupt zu merken“, sagte Kelly — und wenn er es sagte, dann war sicher etwas dran. Ich traue mir immerhin so viel Menschenkenntnis zu, um zu spitzen, ob einer schummelt oder die Wahrheit sagt. Kelly sagte die Wahrheit.

      Dem Glücklichen schlägt keine Stunde, dachte ich. Und ich dachte daran, was ich wohl tun würde, wenn ich Kellys Geld gehabt hätte. Ich hätte dieses Flugzeug ganz für mich allein gechartert. Und dann hätte ich den Bären tanzen lassen ...

      Mann, wäre das ein Superspass geworden. Hinterher hätte ich mich in ein Sanatorium bringen lassen, um mit einer Frischzellenkur wieder auf die Beine zu kommen.

      „Sie kennen doch das Sprichwort: ,Wo Tauben sind, fliegen Tauben zu!'“, sagte Kelly.

      Er lenkte mich von einem Mädchen ab, das einen nahtlos braunen, ungemein schlanken Körper hatte, den es biegen konnte, als besäße es keinen einzigen Knochen im Leib.

      „Nur der Start ist schwierig“, sagte Kelly.

      Der hörte wohl niemals zu reden auf. Vielleicht war er aufgezogen. Ich überlegte, ob es an ihm einen Knopf gab, an dem man ihn abstellen konnte. Nur für ein paar Minuten. Ich bekam ja dieses überreiche Sexangebot nicht jeden Tag serviert. Wenn ich alles schlucken wollte, musste ich mich konzentrieren.

      „Wenn man mal genügend Geld hat, läuft der Karren sozusagen von allein“, sagte Kelly.

      „Sie sind zu beneiden, Kelly“, sagte ich, um ihm zu beweisen, dass ich noch da war.

      „Ich bin zum Beispiel stiller Teilhaber dieser Fluglinie“, verriet mir der Jazzmusiker.

      „Wie schön für Sie“, sagte ich. „Nachdem Sie mich nun einen gründlichen Blick auf Ihr Portemonnaie machen ließen, hätte ich gern einiges über den für mich so interessanten Fall erfahren.“

      Kelly bestellte einen Drink. Das Oben-ohne-Mädchen brachte ihn. Sie musste sich über mich beugen, um Kelly den Drink zu reichen.

      Ein betörender Duft stieg mir in die Nase. Sekundenlang befand sich der üppige Busen dicht vor meinen Augen. Als sie sich wieder aufrichtete, sah ich die Umrisse ihrer runden Hüften und der langen Schenkel durch den hauchdünnen Seidenrock schimmern. Mir kamen fast die Tränen, als sie sich umdrehte und mit einem aufregenden Hüftschwung irgendwohin verschwand.

      Kelly wollte weiterreden.

      Da ging das Licht aus. Die Guckluken schlossen sich automatisch. Es war finster wie in der Mitte eines zwölf Kilometer langen Tunnels.

      Nun begann man uns mit psychedelischer Beleuchtung zu bearbeiten. Sie kennen das doch. Das ist jenes nervöse Licht, das sich nicht entschließen kann, zu leuchten oder nicht zu leuchten.

      Black and White traten in Aktion.

      Ein schwarzes und ein weißes Mädchen legten einen irren Strip hin.

      Sie drehten ihre Marzipanrundungen hierhin und dorthin, um sie möglichst vorteilhaft zu posieren. Wir Zuschauer waren hin und her gerissen. Wir wussten nicht, auf welches Mädchen wir uns konzentrieren sollten. Dazu kam noch dieses nervöse Licht.

      Trotzdem war die Darbietung ein Genuss. Als das normale Licht wieder aufflammte, wandte ich mich an Akim Kelly, um das Gespräch mit ihm fortzusetzen.

      War denn das die Möglichkeit?

      Der Knabe schlief!

      Er hatte sich bequem in seinen Ohrenfauteuil zurückgelehnt und schlief mit heruntergeklappter Kinnlade. Seine Finger waren fest um das leer getrunkene Glas gekrampft. Ich konnte Kelly nicht verstehen. Wie konnte man nur bei diesen heißen Vorführungen vor Langeweile einschlafen!

      War Kelly vielleicht ein ...?

      Plötzlich zog sich meine Kopfhaut um vier Nummern zusammen.

      Akim Kelly schlief nicht.

      Akim Kelly war tot. Mausetot!

      Ich roch an seinem Glas ... Zyankali!

      2

      Reich sein ist im Leben nicht alles, das wusste Susan Tucker spätestens in dem Augenblick, als Mary Scott in unser gemeinsames Arbeitszimmer trat. Susan schätzte die dollarschwere Immobilienmaklerin irgendwo zwischen sechzig und achtzig.

      Die alte Frau war aufgeputzt wie ein Pfau. Alles an ihr glitzerte und glänzte. Sie trug so viel Gold am Hals, an den Armen und an den Fingern, dass sie gut und gern zwanzig Pfund mehr als das normale Lebendgewicht auf die Waage brachte.

      Mrs. Mary Scott hatte eine Blauspülung auf dem weißen Haar, das die Festigkeit von Rosshaar erreichte und sich bestens zur Füllung eines alten Sofas geeignet hätte.

      Mrs. Mary Scott kam nicht allein. Sie brachte ihren livrierten Chauffeur mit. Er war zwanzig bis dreißig Jahre jünger als Madam, um dies präzisieren zu können, hätte man wissen müssen, wie alt die Dame wirklich war. Mary Scott machte ständig das gleiche Gesicht. Sie war ein gebürtiger Griesgram. Durch und durch.

      „Fräulein!“, sagte die aufgedonnerte Ziege durch die dünne Nase. „Melden Sie mich bei Mr. Calder an!“

      Kein Bitte war ihrem schmalen zänkischen Mund entschlüpft. Eine Mrs. Mary Scott brauchte nicht zu bitten. Eine Mrs. Mary Scott brauchte nur zu befehlen. Dachte sie.

      Da kam sie bei Susan allerdings genau an die richtige Adresse, um zu erfahren, dass sie sich in diesem Punkt gewaltig irrte.

      Susan trug ein superkurzes opalblaues Kleid mit Spaghettiträgern. Der Ausschnitt war raffiniert und schien dem eingeschüchterten Chauffeur der alten Dame recht gut zu gefallen.

      „Worum handelt es sich?“, fragte Susan und schlug ihre schönen, schlanken Beine übereinander. Die Nylons knirschten, und der Chauffeur bekam zum ersten Mal in seinem Leben Augen am Stiel.

      Normalerweise hätte Mrs. Scott ja gar nicht bis zu Susan vordringen können, denn es war Julia Hicksons und Charles Lenoires Aufgabe, die Besucher abzufangen, zu testen und erst bei Eignung an ihre übergeordnete Stelle weiterzuleiten. Julia und Charles waren aber zur Zeit hinter einem entlaufenen Millionärstöchterchen her, und so hielt Susan die Stellung allein.

      „Ich sage Mr.