das Immunsystem versehentlich die insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse. Ohne Insulin aber steigt der Blutzuckerspiegel auf eine gefährliche Höhe. Typ-1-Diabetes wird daher mit Insulininjektionen, einer Art Hormonersatztherapie, behandelt, um den Produktionsmangel auszugleichen. Der genaue Grund von Typ-1-Diabetes ist nicht bekannt, doch ist es wahrscheinlich, dass eine genetische Prädisposition im Zusammenspiel mit bestimmten Umweltfaktoren wie bspw. virale Infektionen und/oder Kuhmilch dafür verantwortlich sein kann.7
Die Typ-2-Diabetes, früher auch als Erwachsenendiabetes bezeichnet, macht 90 bis 95 Prozent aller Diabetesfälle aus.8 Bei Typ-2-Diabetes kann die Bauchspeicheldrüse zwar Insulin produzieren, es funktioniert aber nicht so gut. Die Ansammlung von Fett im Inneren der Muskel- und Leberzellen beeinträchtigt die Wirksamkeit des Insulins.9 Wenn Insulin der Schlüssel ist, der die Türen zu den Zellen aufschließt, kann man sich gesättigte Fette wie einen Kleber vorstellen, der die Schlösser von innen verschließt. Wenn die Glukose nicht mehr in die Muskelzellen, die Hauptkonsumenten dieses Brennstoffs, gelangen kann, erhöht sich der Zuckerwert im Blut auf gefährliche Weise. Das Fett in den Muskelzellen kann von Fett stammen, das Sie entweder essen oder mit sich herumtragen (Ihr Körperfett). Die Prävention, Behandlung und Umkehr von Typ-2-Diabetes ist daher von der Ernährungs- und Lebensweise abhängig.
Die CDC schätzen, dass über neunundzwanzig Millionen US-Amerikaner mit einer diagnostizierten oder aber noch nicht diagnostizierten Diabetes leben. Das entspricht 9 Prozent der US-Bevölkerung. Von einhundert Menschen, die Sie kennen, ist es möglich, dass sechs von ihnen bereits wissen, dass sie Diabetiker sind und weitere drei Diabetes haben, aber noch keine Diagnose bekommen haben. Jedes Jahr werden in den USA über eine Million neue Fälle von Typ-2-Diabetes diagnostiziert.10
Die gute Nachricht: Typ-2-Diabetes lässt sich fast immer verhindern, oft behandeln und manchmal sogar durch einen Wechsel der Ernährungs- und Lebensweise heilen. Wie andere häufige Todesursachen, insbesondere Herzkrankheiten und Bluthochdruck, ist Typ-2-Diabetes eine verhängnisvolle Folge bestimmter Ernährungsgewohnheiten. Doch auch wenn Sie bereits Diabetes haben und an den damit zusammenhängenden Komplikationen leiden, gibt es Hoffnung. Durch die Änderung Ihrer Lebensweise können Sie eine vollständige Remission von Typ-2-Diabetes erreichen, sogar wenn Sie schon seit Jahrzehnten an dieser Krankheit leiden. Sie können durch den Wechsel zu einer gesunden Ernährungsweise Ihre Gesundheit sogar schon innerhalb einiger Stunden verbessern.
Wodurch entsteht eine Insulinresistenz?
Ein typisches Kennzeichen von Typ-2-Diabetes ist eine Insulinresistenz in den Muskeln. Wie Sie bereits gelesen haben, kann durch das Insulin der Blutzucker normalerweise in die Zellen gelangen. Wenn die Zellen aber resistent sind und auf das Insulin nicht so ansprechen, wie sie sollten, kann dies zu gefährlich hohen Zuckerwerten im Blut führen.
Wie aber entsteht diese Insulinresistenz überhaupt?
Untersuchungen, die vor beinahe einem Jahrhundert durchgeführt wurden, kamen zu bemerkenswerten Ergebnissen. Im Jahr 1927 teilten Wissenschaftler junge Medizinstudenten in verschiedene Gruppen auf, um die Folgen verschiedener Ernährungsweisen zu untersuchen. Bei einigen wurde eine fettreiche Ernährung mit viel Olivenöl, Butter, Eigelb und Sahne getestet. Eine andere Gruppe erhielt besonders kohlenhydratreiche Mahlzeiten mit viel Zucker, Bonbons, Gebäck, Weißbrot, gebackenen Kartoffeln, Sirup, Bananen, Reis und Haferbrei. Interessanterweise schoss die Insulinresistenz bei der Gruppe mit der fettreichen Ernährung in die Höhe. Innerhalb einiger Tage verdoppelten sich die Blutzuckerwerte der Probanden, wenn sie etwas Zuckerhaltiges aßen, und waren viel höher als die der anderen Probanden, die sich vornehmlich von Zucker und Stärke ernährten.11 Es brauchte weitere sieben Jahrzehnte, bis die Wissenschaft dem Rätsel auf die Spur kam, doch dessen Lösung mag die Antwort darauf sein, wodurch Typ-2-Diabetes eigentlich ausgelöst wird.
Um die wichtige Rolle der Ernährung dabei zu verstehen, müssen wir uns zuerst anschauen, wie unser Körper seinen Brennstoff speichert. Wenn Leistungssportler vor einem Wettkampf über ein sogenanntes „Carbo-Loading“ sprechen, meinen sie damit, dass sie für einen Brennstoffvorrat in ihren Muskeln sorgen müssen. Carbo-Loading ist eine extremere Version dessen, was Sie selbst jeden Tag tun: Ihr Verdauungssystem spaltet die von Ihnen verzehrte Stärke in Glukose auf, die als Blutzucker in Ihren Blutkreislauf eintritt und dann in Ihren Muskeln gespeichert wird, um später je nach Bedarf als Energie freigesetzt zu werden. Ihr Blutzucker ziert sich aber immer ein bisschen: Er braucht eine Einladung, um in Ihre Zellen zu gelangen. Diese Einladung ist das Insulin; der Schlüssel, der die Türen Ihrer Muskelzellen öffnet, damit die Glukose eintreten kann. Wenn sich das Insulin an einen der Insulinrezeptoren einer Zelle haftet, wird dadurch eine Reihe von Enzymen aktiviert, die die Glukose hineingeleiten. Ohne das Insulin bleibt der Blutzucker in der Blutbahn hängen und trommelt an die Türen der Zellen, ohne Einlass gewährt zu bekommen. Daraufhin steigt der Blutzuckerspiegel, was wiederum zur Schädigung lebenswichtiger Organe führt. Bei Typ-1-Diabetes zerstört der Körper selbst die insulinproduzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse, sodass nur sehr wenig Insulin vorhanden ist, um den Blutzucker in die Zellen zu lassen. Bei Typ-2-Diabetes aber besteht das Problem nicht in der Insulinproduktion. Der Schlüssel ist da, aber das Schloss ist verstopft. Dies wird Insulinresistenz genannt. Die Muskelzellen werden gegenüber der Wirkung von Insulin resistent.
Was aber blockiert die Schlösser der Muskelzellen und verhindert, dass das Insulin die Glukose hereinlassen kann? Fett. Oder genauer: intramyozelluläre Lipide, das Fett im Inneren der Muskelzellen.
Fett in der Blutbahn, entweder das eigene Körperfett oder Fett aus der Nahrung, kann sich im Inneren der Muskelzellen ablagern, wo es giftige Zerfallsprodukte und freie Radikale bilden kann, die den insulinsignalisierenden Prozess blockieren.12 Egal, wie viel Insulin der Körper produziert, die durch Fett beeinträchtigten Muskelzellen können es einfach nicht effektiv nutzen.
Dieser Mechanismus, bei dem Fett die Insulinfunktion stört, wurde nachgewiesen, indem Fett in die Blutbahn von Probanden eingeführt und beobachtet wurde, wie die Insulinresistenz in die Höhe schoss,13 sowie durch das Entfernen von Fett aus der Blutbahn und die Beobachtung, dass die Insulinresistenz dadurch sank.14 Dank MRT-Technologie können wir heute sogar die Fettmenge in den Muskeln sichtbar machen.15 Wissenschaftler sind jetzt in der Lage, den Weg des Fetts aus der Blutbahn in die Muskeln nachzuverfolgen und dabei zuzusehen, wie die Insulinresistenz steigt.16 Schon eine ordentliche Portion Fett reicht aus, um innerhalb von 160 Minuten die Glukoseabsorption der Zellen zu beeinträchtigen.17
Dafür müssen die Wissenschaftler ihren Probanden das Fett aber nicht intravenös durch den Tropf verabreichen. Es reicht schon, wenn sie sie entsprechend füttern.
Sogar bei gesunden Menschen kann eine fettreiche Ernährung die Fähigkeit des Körpers, Zucker zu verarbeiten, einschränken. Sie können Ihre Insulinresistenz senken, indem Sie weniger Fett verzehren. Untersuchungen haben eindeutig gezeigt, dass Insulin umso besser wirkt, je mehr der Fettgehalt der Ernährung gesenkt wird.18 Leider können wir heutzutage aufgrund der gegenwärtigen Ernährungsgewohnheiten US-amerikanischer Kinder dabei zusehen, wie sowohl Fettleibigkeit als auch Typ-2-Diabetes immer häufiger und immer früher im Leben auftreten.
Prädiabetes bei Kindern
Prädiabetes ist durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet, der noch nicht hoch genug ist, um die Schwelle zu Diabetes zu überschreiten. Sie tritt in der Regel bei übergewichtigen und fettleibigen Kindern auf. In der Vergangenheit wurde Prädiabetes als hochriskanter Zustand und Diabetesvorbote angesehen, nicht aber als eigenständige Krankheit. Mittlerweile wissen wir aber, dass auch Menschen mit Prädiabetes von ersten Organschädigungen betroffen sein können.
Prädiabetiker könnten bereits Schäden an ihren Nieren, Augen, Blutgefäßen und Nerven aufweisen, noch bevor bei ihnen Diabetes diagnostiziert wird.19 Beweise von zahlreichen Untersuchungen legen nahe, dass die chronischen Begleiterscheinungen von Typ-2-Diabetes bereits während des prädiabetischen Zustands auftreten.20 Um diabetisch verursachte Schäden zu vermeiden, müssen wir daher auch die Prädiabetes verhindern – je früher, desto besser.
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