fanden die Forscher immer noch überall Fäkalbakterien.120
Beim Lesen der Untersuchungsergebnisse merkte man, dass die Wissenschaftler leicht verzweifelten. Sie bestanden schließlich darauf, dass die Probanden Bleichmittel zum Reinigen verwendeten. Das Spültuch, das zum Abwischen und Reinigen verwendet wurde, sollte zuerst im Bleiche-Desinfektionsmittel eingeweicht werden. Danach sollten die Probanden eine Bleichelösung auf alle Oberflächen sprühen und diese fünf Minuten einwirken lassen. Trotzdem fanden die Wissenschaftler immer noch einige Salmonellen- und Campylobacter-Bakterien auf einigen Küchengerätschaften, dem Spültuch, dem Küchentresen um die Spüle herum und auf den Küchenschränken.121 Die Küche war in einem weit geringeren Ausmaß kontaminiert, aber dennoch scheint es, dass Sie, wenn Sie Ihre Küche nicht gerade in ein Biosicherheitslabor verwandeln wollen, nur dann sichergehen können, dass sich keine Fäkalbakterien in Ihrer Küche ausbreiten, wenn Sie sie von vornherein erst gar nicht in Ihr Haus lassen.
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Es ist nicht so, dass Sie nur ein einziges Mal Hühnerfleisch essen müssen, und Ihr Darm danach Ihr gesamtes Leben lang mit diesen Bakterien besiedelt ist. In der Untersuchung, in der die Probanden sich mit den Bakterien infizierten, nachdem sie das Fleisch nur zubereitet, nicht aber gegessen hatten, konnten Bakterien, die sich in deren Darm verbreiten wollten, nur etwa zehn Tage lang überleben.122 Die guten Bakterien im Darm schienen die schlechten zu verdrängen. Das Problem besteht leider darin, dass viele Menschen weitaus öfter als nur alle zehn Tage Hühnerfleisch essen und auf diese Weise immer wieder neue Hühnerkeime in ihre Körper einschmuggeln.
Yersinia in Schweinefleisch
Fast einhunderttausend US-Amerikaner erkranken jedes Jahr aufgrund von Yersinia-Bakterien.123 Bei jedem Ausbruch, bei dem sich die Ursprungsquelle finden ließ, war verseuchtes Schweinefleisch dafür verantwortlich.124
In den meisten Fällen führt eine Lebensmittelvergiftung mit Yersinia-Bakterien nicht zu mehr als einer akuten Gastroenteritis. Die Symptome können aber auch ernster werden und eine Blinddarmentzündung ankündigen, die wiederum zu einer unnötigen Notoperation führen kann.125 Die Langzeitfolgen einer Infektion mit Yersinia umfassen eine chronische Entzündung der Augen, Nieren, Gelenke und des Herzens.126 Untersuchungen haben gezeigt, dass diejenigen, die sich durch eine Lebensmittelvergiftung mit Yersinia-Bakterien infiziert hatten, ein siebenundvierzigmal höheres Risiko hatten, an einer auto-immunen (rheumatioden) Arthritis zu erkranken.127 Diese Bakterien scheinen auch eine Rolle bei der Entstehung einer autoimmunen Schilddrüsenerkrankung namens „Graves-Krankheit“, in Deutschland als „Morbus Basedow“ bekannt, zu spielen.128
Wie stark ist Schweinefleisch in den USA verunreinigt? Die Zeitschrift Consumer Reports testete fast zweihundert Stichproben aus Städten in den gesamten USA und fand heraus, dass über zwei Drittel des getesteten Schweinefleischs von Yersinia-Bakterien befallen war.129 Das mag mit der Intensivierung der Schweinemast und der Überbelegung der Ställe zusammenhängen, wodurch die industrielle Schweinezucht heutzutage geprägt ist.130 Wie in einem Artikel der Zeitschrift National Hog Farmer mit dem Titel „Crowding Pigs Pays“ („Schweine zusammenpferchen zahlt sich aus“) beschrieben wird, können Schweinezüchter ihren Profit maximieren, indem sie jedes Schwein in einen Raum von nur etwas über einem halben Quadratmeter zwängen. Das bedeutet, ein Tier mit einem Gewicht von etwa 90 kg in eine Fläche von 61 × 91 cm zu quetschen. Die Autoren geben zu, dass diese Art der Überbelegung Probleme verursacht, wie bspw. unzureichende Belüftung und erhöhte Gesundheitsrisiken, schlussfolgern allerdings, dass manchmal „das Drängen der Schweine auf einen etwas kleineren Raum Ihnen mehr Geld einbringt.“131 Leider wird sich diese Situation wohl nicht so schnell ändern. Warum?
Yersinia-Bakterien verursachen keine klinischen Krankheitsbilder bei Schweinen.132 Es handelt sich also mit anderen Worten um ein Problem der öffentlichen Gesundheit, und nicht um ein Problem der Tierzucht bzw. Fleischproduktion. Die Industrie fühlt sich dadurch nicht in ihren Grundfesten erschüttert. Anstatt diesen Tieren also ein bisschen mehr Raum zum Atmen zu geben, gibt die Schweinefleischindustrie lieber die geschätzten Kosten von 250 Millionen US-Dollar, die das Erkranken von zehntausenden US-Amerikanern jedes Jahr verursacht, direkt an die Gesellschaft weiter.133
Superkeime im Fleisch
Ein neuer Superkeim macht die Runde: Clostridium difficile. C. diff, wie er auch genannt wird, gehört zu einer der größten bakteriellen Bedrohungen überhaupt. Eine geschätzte Viertelmillion US-Amerikaner infiziert sich jedes Jahr mit diesem Keim, der Tausende von ihnen tötet und jährlich Kosten von 1 Milliarde US-Dollar verursacht.134 Er löst eine Erkrankung namens pseudomembranöse Kolitis aus, die sich durch schmerzhaften und krampfartigen Durchfall äußert. C. diff wurde traditionell als Krankenhausinfektion angesehen, d. h. als etwas, das man sich in einer Institution der Gesundheitsversorgung zuzieht. Mittlerweile aber wurde herausgefunden, dass nur ein Drittel aller C-diff-Fälle mit Kontakten zu infizierten Patienten in Zusammenhang stehen.135 Was ist mit dem Rest der Fälle?
Nun, eine andere Infektionsquelle könnte Fleisch sein. Die CDC fanden heraus, dass 42 Prozent aller stichprobenartig untersuchten abgepackten Fleischprodukte, die in den USA landesweit von drei Lebensmittelmarktketten verkauft werden, toxinbildende C.-diff-Bakterien enthalten.136 Die USA haben, wie sich herausstellte, weltweit mit der größten C.-diff-Verunreinigung von Fleisch zu kämpfen.137
C. diff wurde ebenfalls in Hühner-, Puten- und Rindfleisch gefunden. Der Kontaminierung von Schweinefleisch aber wurde seitens der Gesundheitsbehörden die größte Aufmerksamkeit zuteil, da die in Schweinefleisch gefundenen Bakterienstämme am meisten mit den Stämmen übereinstimmen, die die nicht krankenhausbedingten Infektionen bei Menschen ausgelöst haben.138 Seit dem Jahr 2000 wurde C. diff in erhöhtem Maße als eine der Hauptursachen für Darminfektionen bei Babyferkeln angeführt.139 Die Verseuchung der Tierkörper mit diesem durchfallverursachenden Krankheitserreger zum Zeitpunkt der Schlachtung wird als wahrscheinlichste Ursache der Verseuchung von im Einzelhandel vertriebenem Schweinefleisch angesehen.140
Normalerweise kann C. diff Ihnen überhaupt nicht schaden. Auch wenn diese Bakterienart in Ihren Darm gelangt, können die guten Bakterien sie in der Regel unterdrücken. Allerdings können die C.-diff-Übeltäter dort auf der Lauer liegen, bis die guten Bakterien aus dem Weg sind. Wenn Sie das nächste Mal ein Antibiotikum nehmen müssen, das Ihre normale Darmflora zerstört, können die C.-diff-Bakterien das Ruder übernehmen und eine Reihe von entzündlichen Darmerkrankungen auslösen, wie bspw. eine lebensbedrohliche Erkrankung, die genauso schlimm ist, wie sie klingt: toxisches Megakolon.141 (Diese hat eine sehr hohe Sterblichkeitsrate.)142
Tötet das Kochen oder Braten nicht die meisten dieser Keime ab? Nun, C. diff verhält sich nicht wie die meisten Keime. Bei den meisten Fleischsorten ist 71 °C die empfohlene innere Gartemperatur. C.-diff aber kann zwei Stunden Kochzeit bei genau dieser Temperatur überleben.143 Sie könnten also ein Stück Hühnerfleisch zwei Stunden lang mit der empfohlenen Fleischthermometer-Kochtemperatur von 71 °C grillen und die Keime trotzdem nicht abtöten.
Sie haben bestimmt schon eine dieser Werbungen gesehen, in denen alkoholbasierte Handdesinfektionsgels mit der Information angepriesen werden, sie würden 99,99 Prozent aller Keime abtöten. Nun, C. diff gehört zu den restlichen 0,01 Prozent. Sie werden nicht umsonst als Superkeime bezeichnet. Zurückbleibende Sporen der Krankheitserreger können Untersuchungen zufolge ganz einfach mit einem Handschlag übertragen werden – sogar nachdem die Hände mit Handdesinfektionsgel gereinigt wurden.144 Einer der führenden Wissenschaftler, die einen weiteren Superkeim namens MRSA145 bei der US-Fleischversorgung entdeckten, hat empfohlen,146 dass Menschen, die mit rohem Fleisch in Kontakt kommen, besser Handschuhe tragen sollten.
Droht das post-antibiotische Zeitalter?
Dr. Margaret Chan, Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation, warnte kürzlich davor, dass wir einer Zukunft entgegensteuern, in der viele unserer Wundermedikamente bald nicht mehr helfen könnten. Sie erklärte: „Ein