August Schrader

Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe)


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wieder denselben Weg eingeschlagen, auf dem wir ihn begleitet haben.

      Als er an der Stelle ankam, wo die beiden Wege sich kreuzen, fand er einen Neger mit einem gesattelten Pferd vor. Ohne mit dem Sklaven ein Wort zu wechseln, schwang er sich in den Sattel, gab dem kräftigen Tier die Sporen und entschwand nach kurzer Zeit den Blicken des langsam folgenden Negers.

      Es wurde Abend. Die glühenden Sonnenstrahlen hatten sich hinter den Wald zurückgezogen, dessen höchste Wipfel wie von einem Feuermeer umfangen schienen. Alle Türen und Fenster von Jennys Wohnung waren geöffnet, um dem kühlen Hauch der Nacht den Eintritt in die schwülen Räume zu gestatten. Im Westen glühte der Horizont im dunklen Purpur der scheidenden Sonne und im Osten tauchte ein Stern nach dem andern auf, stärker und immer stärker blitzend, je nachdem die Abendröte sich verminderte.

      An dem Wasserbecken im Hof war es noch lebendig. Mehr als ein Dutzend Neger und Negerinnen füllten dort ihre Gefäße aus Holz oder Blech mit dem klaren Wasser, eilten dann in verschiedenen Richtungen zum Park und tränkten die Blumen auf den Beeten, dass sie die müden Kelche wie erfrischte Augenlider hoben und die stille Luft mit Wohlgeruch durchzogen. Zwei alte Neger, die Aufseher des Parks und der Gärten, leiteten dieses Geschäft, denn man sah sie den Wasserträgern Befehle erteilen.

      Als die Millionen Lichter des Himmels in voller Pracht erglänzten, die in dieser Region der Erde den Nächten einen unnennbaren Reiz verleihen, um die Bewohner für den drückenden Tag zu entschädigen, schritt eine weiße Frauengestalt die Stufen hinab, die aus dem Saal, wo der Pflanzer auf Katos Antwort gewartet hatte, in den Garten führten. Die Dame trug ein leichtes seidenes Kleid, das leise über den Boden rauschte, und einen langen, weißen Schleier, den Sie zweimal um Brust und Schultern geschlungen hatte, ohne das Gesicht zu verdecken, das sich lebhaft nach allen Seiten wandte, als ob es alle Düfte des erquickenden Abends, die ihm entgegenströmten, auf einmal genießen wollte. Ein junges Mädchen in einfacher, weißer Kleidung, dessen dunkles Haar in zwei langen Flechten über den Rücken herabfiel, folgte dieser Dame in kurzer Entfernung.

      Der klare Sternenhimmel verbreitete so viel Licht über die feierlich schweigende Natur, dass die schimmernden Farben der hervorragenden einzelnen Blumen auf den Beeten und Gesträuchen noch deutlich zu erkennen waren; nur wo die Zweige der Zypressen über den Weg herabhingen, webten die dunklen Schatten der Nacht, denn das Blätterdach war so dicht, dass es die Aussicht auf das Firmament völlig verdeckte und die sanften Strahlen der Sterne in sich aufnahm.

      Wie die Farbe der Blumen bei diesem Licht zu unterscheiden war, war es auch nicht minder die Gesichtsfarbe der beiden Frauen. Beide Gesichter waren weiß, und ein jedes hatte ein Paar Augen, die mit dem Glanz der Sterne zu wetteifern schienen. Die dunklen Haare der Ersteren wallten in Locken über die Wangen auf den weißen Schleier herab, die der Letzteren teilten sich auf der Mitte des Kopfes in einen Scheitel und fielen, wie schon gesagt, in langen Flechten über den Rücken herab.

      In einer Entfernung von vielleicht fünfundzwanzig Schritten folgten noch zwei andere weibliche Gestalten, deren Kleidung und Kopfputz die dienenden Kreolinnen verrieten.

      So waren die beiden Frauen schweigend durch die Gänge des duftenden Gartens geschritten und hatten bald hier, bald dort die Reize des herrlichen Blumenflors eingesogen, als die Voranschreitende sich einem leichten Baldachin näherte, der von fünf schlanken, glänzenden Säulen getragen und rings von Blumenbeeten eingeschlossen wurde. Wie ermüdet ließ sie sich auf einer darin befindlichen Ottomane nieder, löste den weißen Schleier von ihrem Hals, dass ein Teil der glänzenden Schultern sichtbar wurde, und warf sich wie ein schmollendes Kind in die weichen Kissen zurück. Rasch trat ihre Begleiterin hinzu und schob ein Polster vor die Ottomane, auf der sich die zarten Füße der Ermüdeten behaglich ausstreckten.

      »Eva«, sagte die Dame mit einer zarten, lieblichen Stimme, »setze dich mir zur Seite – mir ist diesen Abend so wunderbar ums Herz, dass mich selbst der Spaziergang unter meinen Blumen nicht zu zerstreuen vermag. Den ganzen Tag sehnte ich mich nach dieser Stunde, und jetzt, wo sie gekommen ist, finde ich dennoch keine Befriedigung – ich weiß meinem Gemütszustand keinen Namen zu geben. Setze dich, wir wollen hier den Abend verträumen.«

      »Mein Gott, Miss Jenny, ist das denn ein Wunder?«, antwortete die Angeredete in einem heiteren Ton, indem sie sich auf das Kissen zu den Füßen der Dame niederließ. »Wie soll einer Braut am Abend vor ihrer Verlobung anders ums Herz sein als wunderbar? Ich kenne zwar diesen Herzenszustand nicht aus eigener Erfahrung, ich kann ihn mir aber lebhaft vorstellen. Und bei Ihnen kommt nun noch das Unangenehme hinzu, dass der Bräutigam, der schon mittags eintreffen sollte, abends noch nicht da ist, um den Platz an der Seite der Braut auszufüllen und mit ihr zu kosen. Glauben Sie mir, Miss Jenny, ist dieser Platz ausgefüllt mit dem, der ihn ausfüllen soll – sie deutete auf den Platz an Jennys Seite –, so ist auch der in dem Herzchen ausgefüllt, das sich jetzt durch den prachtvollen Abend und die herrlichen Blumen nicht erheitern lassen will.«

      »Glaubst du?«, fragte Jenny mit einem Seufzer und legte ihre zarte Hand auf den Kopf der knienden Eva.

      »Miss Jenny«, rief Eva verwundert, »ob ich das glaube? Und in welchem Ton sagen Sie mir diese Worte? Ist denn der Zustand Ihres Herzens von der Art, dass ihn selbst die Nähe des Bräutigams nicht verbessern kann? Und den ganzen Tag, den wir von Sir Arthur plauderten und jeden Augenblick durch das Fenster in den Hof sahen, ob er noch nicht angesprengt käme, haben Sie nicht ein Wort davon gesagt? Wer weiß, was ihn abgehalten hat, zu der bestimmten Stunde einzutreffen, und ich wette, dass er Sie in seine Arme schließt, ehe Sie es denken. Entweder hat Sir Arthur Geschäfte, die ihn abhalten, oder er beabsichtigt einen Scherz damit, dass er uns warten lässt. Ich weiß genau«, fügte sie flüsternd hinzu, »dass er Sie herzlich liebt, denn es liegt ihm alles daran, dass übermorgen, dem von Ihrem seligen Vater festgesetzten Tag, die Vermählung stattfindet. Und dann sind Sie aller Sorgen enthoben: Sie brauchen sich nicht mehr um die Bewirtschaftung der ausgedehnten Plantagen und um die Zucht der widerspenstigen Neger zu kümmern – diese Last nimmt Ihnen dann der Gemahl ab.«

      »Du hast recht, Eva, die armen Sklaven machen mir viel Kummer, und umso mehr, da ich weiß, dass sie mir mit Leib und Seele zugetan sind. Sinnen sie nicht ohne Unterlass auf Mittel, mir zu gefallen? Suchen Sie nicht dem geringsten meiner Wünsche, selbst meinen kleinen Launen zuvorzukommen? Seit mein guter Vater vor zwei Jahren gestorben ist, herrsche ich wie eine souveräne Königin in der ausgedehnten Besitzung, die er mir hinterlassen hat, und ich muss bekennen, mitunter ein wenig despotisch – aber stets ist das Herz da, um die Fehler des Kopfes sofort wieder zu verbessern – und nicht wahr, Eva, meine Untertanen sind meine Freunde?«

      »Das kann ich verbürgen, meine teure Miss!«, rief Eva fast mit Enthusiasmus. »Jeder Ihrer Sklaven ist bereit, sich für Sie in Stücke reißen zu lassen. Sie sind aber auch stets so gut und nachsichtig mit diesen Negern gewesen, dass ihre Anhänglichkeit eine ganz natürliche Folge ist.«

      »Sieh, meine Eva, dass ich diese armen Menschen nun unter die Botmäßigkeit eines Mannes stellen soll, macht mir in der Tat Kummer, und sooft ich einen von ihnen sehe, möchte ich weinen.«

      »Sollte Sir Arthur tyrannisch verfahren, wie zum Beispiel unser Nachbar Jackson, den wir heute Mittag haben abweisen lassen, so sind Sie ja immer noch da, um ein mildes Wort einzulegen. Und bei Gott, Sir Arthur ist ein fein gebildeter Mann, er ist kein Jackson …«

      »Eva«, rief die junge Herrin auffahrend, »sprich nicht von diesem Menschen, du weißt, dass ich eine Abneigung gegen ihn hege, die ich füglich mit dem Namen Furcht bezeichnen kann. Ich gestehe zu, dass es eine Schwäche ist, da ich zu dem Mann in keiner Beziehung stehe; aber halte es, wofür du willst, ich bin meiner so wenig mächtig, dass ich schon zittere, wenn ich seinen Namen nennen höre. Selbst als ich noch ein Kind war, floh ich erschrocken aus dem Zimmer, wenn er eintrat, um mit meinem Vater in Geschäftsangelegenheiten zu reden. Ich erinnere mich, dass meine Furcht vor dem wild aussehenden Mann so weit ging, dass er mir mit seinem schwarzen Bart und großem Hut im Traum erschien und mich weinen und zittern machte. Mit den Jahren verwandelte sich meine Furcht in Antipathie und ich war glücklich, als er mit dem Tod meines Vaters seine Besuche einstellte. Ich glaube, Eva, mein Gemütszustand ist eine Folge des Besuchs, den mir Sir Jackson diesen Mittag zudachte.