antwortete Arabella lachend, »ich muss es dir wohl sagen, denn du hast ja, wie Amor, eine Binde vor den Augen.«
»Nun?«, rief Arthur, indem er beide Hände der Tänzerin ergriff. »Was habe ich zu fürchten?«
»Die Sonne von Louisiana!«, rief Arabella, in lautes Lachen ausbrechend.
»Wie, die Sonne? Und warum?«
»Weil ich sie fürchte. Sieh, Arthur, noch habe ich im Theater nicht getanzt, und die junge Männerwelt kennt mich noch nicht; glaubst du, dass ich ohne Anfechtungen meinen Rollenzyklus werde beschließen können? Sollten nicht alle jungen Leute unter dem Einfluss des glühenden Gestirnes dieses Erdstriches stehen?«
»Und was soll ich hieraus folgern?«
»Dass du deine Arabella bewachen und schützen sollst, dass du die Binde ablegen musst, die du in der Vergangenheit getragen hast, und die Gegenwart zum Heil deines Mädchens mit Argusaugen betrachtest – das, mein Freund, ist die Folgerung!«
Arthur schwieg einen Augenblick; er erkannte die Absicht der Tänzerin.
Die Uhr über dem Kamin zeigte durch ihre summenden Schläge die elfte Stunde an.
»Nun«, fragte Arabella, »du schweigst? Findest du meine Folgerung nicht logisch richtig?«
»So klar und richtig wie die Sonne, die du fürchtest. Dies ist nicht der Grund meines Schweigens.«
»Und welcher dann?«, fragte das Mädchen, indem es sich Arthurs Händen entwand, als ob diese Antwort sie beleidigend berührt hätte.
»Höre mich an, Arabella: Habe ich dir nicht gesagt, dass ich eine ausgebreitete Pflanzung jenseits des Waldes zu verwalten habe und dass ich wöchentlich einige Tage auf dem Land zubringen muss, um die Geschäfte auf dieser Pflanzung zu ordnen?«
»So hast du mir gesagt. Sollte dich dieser Umstand aber hindern, unausgesetzt mein Kavalier zu sein?«
»Ich glaube es, mein Kind, und wenigstens drei Tage in der Woche muss ich mich von dir trennen und dich der Obhut der Achtung übergeben, die du um dich zu verbreiten wissen wirst.«
»Ich danke für dieses Zutrauen, mein bester Arthur; trotzdem aber weiß ich ein Mittel, das unsere Trennung verhindert.«
»Und welches?«, fragte Arthur mit einer bangen Ahnung.
»Es ist ganz einfach: Ich begleite dich!«
»Das ist unmöglich!«, rief Arthur, dem in diesem Augenblick zum ersten Mal das Verderbliche seines Verhältnisses mit der Tänzerin bewusst wurde.
Er hatte einen Zeitvertreib, eine Veränderung seiner Vergnügungen davon erwartet, nicht aber einen Ernst, der Jennys, seiner Braut, Ruhe stören sollte.
»Warum unmöglich? Anstatt dass du dein Pferd satteln lässt, um zu reiten, befiehlst du deinem Jockey, den Landau mit zwei eleganten Pferden zu bespannen – wir steigen ein und machen die Landpartie zusammen. Außer dem Glück, stets bei dir sein zu können, habe ich auch noch das große Vergnügen, eine Zucker- oder Tabakplantage kennenzulernen – nicht wahr, Arthur, ich begleite dich?«
Zeit gewonnen, alles gewonnen, dachte Arthur und gab rasch zur Antwort:
»Du hast recht, Arabella, eine Partie in die Wälder und Pflanzungen Louisianas an deiner Seite muss ein göttliches Vergnügen gewähren – aber …«
»Aber?«, wiederholte Arabella gedehnt.
»Du wirst mich dennoch nicht begleiten können.«
»Warum nicht?«
»Weil ich morgen früh mit dem Aufgang der Sonne die Stadt verlassen muss und weil du morgen Abend deine erste Rolle zu tanzen hast.«
»So reist du übermorgen früh.«
»Unmöglich, denn schon heute hat man mich erwartet, und meine Anwesenheit auf den Pflanzungen ist so dringend, dass sie nur ein Ereignis wie die Ankunft meiner reizenden Arabella um einen Tag verhindern konnte. Bedenke, die Ernte steht vor der Tür!«
»So unterbleibt mein Auftreten«, antwortete die Tänzerin entschlossen, »bis wir zurückkehren!«
»Arabella, welch ein Plan! Wartet nicht die ganze Stadt mit der größten Spannung auf dein erstes Auftreten?«
»Die ganze Stadt hat bis heute gewartet, sie kann auch noch drei Tage länger warten!«
»Und hast du nicht einen Kontrakt mit dem Direktor des Theaters abgeschlossen, der sich einen Gewinn von deinen Vorstellungen verspricht, damit er das sinkende Institut vor dem nahen Untergang retten kann? Bedenke, wie viele arme Künstler ihre hoffenden Blicke auf dich richten, auf dich, den einzigen Rettungsanker!«
»Ich werde diesen armen Künstlern eine Summe senden, die hinreichen wird, um ihnen auf einige Tage Brot zu geben – mir ist keine zu groß, wenn ich mir nur deine Anwesenheit damit erkaufen kann!«
»Arabella, deine Ehre erfordert, dass du morgen auf der Bühne erscheinst!«
»Ohne von dir gesehen zu werden?«, fragte Arabella in einem klagenden Ton. »Und dann bedenke die Wirkung der Sonne«, fügte sie hinzu, und Arthur hörte den Worten an, dass sie dabei lächeln musste, »wer begleitet mich aus dem Theater zurück in meine Wohnung? Wer tröstet mich, wenn ich einen unglücklichen Success gehabt habe?«
»Das Letztere fürchte ich so wenig wie einen feurigen Bewunderer, der bei meiner Arabella Gehör findet; um aber Zeuge deines Triumphes zu sein und dir als der Erste den Glückwunsch abzustatten, wirst du mich in meiner Loge finden – ich werde bis zum Beginn der Aufführung zurückgekehrt sein, und sollte ich meinen besten Renner zu Tode jagen.«
»Wahrhaftig?«, rief die Tänzerin jauchzend.
»Ich kehre morgen Abend zurück, um übermorgen früh wieder meinen Geschäften nachzugehen.«
»Deine Hand, Arthur!«
»Hier ist sie!«
»Sehe ich dich morgen Abend nicht in der Loge … apropos, welche Loge ist die deine?«
»Die zweite Loge rechts an der Bühne. Also, siehst du mich nicht in meiner Loge …?
»… so fährt mich ein Wagen auf deine Pflanzung«, sagte die Bajadere mit einer Bestimmtheit, die unsern Arthur erzittern ließ und in ihm den festen Entschluss, zurückzukehren, gestaltete.
»Du siehst mich in meiner Loge«, rief er, »und wenn der morgige Tag nur sechs Stunden zählte!«
»Danke, mein Arthur«, sagte das junge Mädchen mit weicher Stimme und drückte dem etwas verstört wirkenden Liebhaber einen Kuss auf die Lippen.
Dass der Dandy Grund genug hatte, den Kuss nicht so feurig zu erwidern, wie er gegeben wurde, wird die Folge lehren; er gab sich aber alle Mühe, den Zustand seines Innern zu verbergen, und dies gelang ihm auch vollkommen, da in der Dunkelheit der Ausdruck seines Gesichts nicht zu erkennen war.
»Bist du nun zufrieden?«, fragte er leise.
»Nicht ganz, denn mir scheint, du bringst nur deiner Eitelkeit dieses Opfer und nicht deiner Liebe.«
»Nach deinem System allerdings der Liebe, denn ich muss offen bekennen, dass du mich ein wenig eifersüchtig gemacht hast.«
»Ich denke, du liebst blindlings?«
»In England, aber nicht in Louisiana. Ich erinnere mich, dass unsere Stadt den feurigen Bewunderern Gelegenheit bietet, sich unangemeldet zu dem Ziel ihrer Sehnsucht emporzuschwingen.«
»Auch zu mir?«, fragte Arabella verwundert.
»Zu dir wie zu jeder anderen schönen Dame, die nicht im Erdgeschoss wohnt.«
»Was soll das heißen?«
»Dass vor fast allen Häusern Maulbeerfeigen stehen, deren Äste eine bequeme Leiter zu den Fenstern bilden. Wenn mich nicht alles täuscht, stehen die schönsten Exemplare dieser Bäume vor den