August Schrader

Die Braut von Louisiana (Gesamtausgabe)


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ob er der Sache einen ernsten oder scherzhaften Anstrich geben sollte, als Arabella ihm plötzlich zur Seite trat und ihm leise die Reitgerte entwand.

      »Arthur«, sagte sie bittend und legte ihr schelmisch lächelndes Gesicht auf seine Schulter, »Arthur, du wirst doch meine arme Ziege nicht schlagen? Sieh nur, wie freundlich sie dich anblickt! Sie hat ihr Lager dort verlassen und ein Bad genommen – das ist doch wahrhaftig kein Verbrechen! Auch Djali steht unter dem Einfluss der Sonne von Louisiana, darum suchte sie eine erquickende Abkühlung. Komm, wir wollen sie nicht stören!«

      Der junge Mann antwortete mit einem erzwungenen Lächeln und ließ sich scheinbar ruhig in das Boudoir zurückführen, wo er das Licht auf einen Tisch stellte.

      »Bist du böse, Arthur?«, fragte die Tänzerin mit einer Miene, als ob sie die Schuldige wäre und um Verzeihung zu bitten hätte, und dabei leuchteten ihre Gazellenaugen von Tränen, die das gewaltsam unterdrückte Lachen erzeugt hatte, denn ihr war die Ursache des Geräusches nicht fremd gewesen.

      Arthur lächelte wieder, als ob er sagen wollte: Mein Scherz ist gelungen.

      »Mein Kind«, flüsterte er, »deine Djali hat gut gespielt; fast hätte sie mir den Sieg streitig gemacht.«

      »Ist sie doch meine Schülerin, die den Freund ihrer Lehrerin zu schätzen weiß.«

      Wie jeder Eifersuchtsszene, wenn sie zu Ende gespielt wird, so folgte auch dieser eine innige Umarmung, in der Arthur alles vergaß, was vorgefallen war, und erst als die Uhr Mitternacht schlug, erinnerte er sich an den Aufbruch.

      »Und wenn ich dich morgen Abend nicht in der Loge sehe?«, fragte Arabella beim letzten Kuss.

      »Dann hat ein plötzlicher Tod meinem Leben ein Ende bereitet!«, rief der Dandy, aus dem in der letzten halben Stunde wieder ein glühender Liebhaber geworden war.

      »Um Gottes willen«, rief Arabella erschrocken, »ich würde auf der Bühne zu Boden sinken, wenn ich dich nicht sähe!«

      »Keine Sorge, mein Engel, du wirst mich sehen!«

      Noch einen Kuss, dann trat Arthur ins Vorzimmer. Sally geleitete ihn bis zur Ausgangstür auf die Straße, die der Portier auf ihr Geheiß öffnete. Zofe und Portier empfingen jedes ein Goldstück für ihre Dienste.

      »Ein artiger junger Mann«, meinte der Mulatte, indem er die Tür wieder schloss. »Wird er oft wiederkommen?«

      »Ich glaube«, sagte die Zofe und fügte beschönigend hinzu, »er ist ja der künftige Gemahl meiner jungen Herrin.«

      Als Sally in das Boudoir zurückkehrte, lag Arabella auf dem Sofa.

      »Ich bin müde«, sagte sie, »entkleide mich.«

      Die Zofe begann und vollendete ihr Geschäft.

      »Miss«, sagte sie lächelnd, indem sie der Tänzerin einen weißen Nachtmantel überwarf, »ist etwas vorgefallen, das Sir Arthur erschreckt hat?«

      »Hast du etwas gehört?«

      »Nein, ich saß im Vorzimmer und war eingeschlafen, als er so stürmisch eintrat. Aber nachher, während Sie mit Arthur plauderten, habe ich etwas gehört, was mich ein wenig erschreckte.«

      »Nun?«, fragte Arabella gespannt.

      »In dem Baum, der sich vor dem Fenster des Vorzimmers erhebt, hörte ich plötzlich ein Knistern, als ob kleine Zweige abgebrochen würden. Ich lauschte, aber das Geräusch schwieg. Schon glaubte ich, mich getäuscht zu haben, als es sich abermals vernehmen ließ; es kam näher, immer näher, bis es sich endlich in ein Rauschen dicht unter der Fensterbrüstung verwandelte. Sie können sich meine Angst denken, denn ich vermutete, dass irgendein wildes Tier, das durch Zufall in diesen Baum geraten war, von dem Schein meines Lichtes angezogen würde.«

      Arabella hatte mit ängstlichen Mienen zugehört.

      »Und was tatest du?«, fragte sie kaum hörbar.

      »Ich fasste mir ein Herz und schlug rasch die Fensterflügel zu. Gleich darauf kam Sir Arthur, dem ich bis zur Tür leuchtete. Dann habe ich nichts mehr gehört.«

      »Es wird ein Nachtvogel gewesen sein«, meinte die Tänzerin beruhigt, schlang ihren Mantel fester um sich und wollte in ihr Schlafgemach gehen; an der Schwelle blieb sie jedoch noch einmal stehen. »Sally«, sagte sie, »bringe zuvor meine Djali zu Bett, ich werde noch einen Augenblick warten.«

      »Das ist ja schon vor drei Stunden geschehen!«, antwortete Sally.

      »Geh nur hinein, und du wirst zugleich den Grund für Arthurs Aufregung erfahren, den du doch gewiss gern wissen möchtest.«

      Sally nahm ein Licht und ging ins Schlafzimmer. Arabella warf sich aufs Sofa und lächelte still vor sich hin, denn sie dachte an Arthurs Eifersucht. Plötzlich schreckte sie der laute Schrei des Kammermädchens in dem Kabinett auf, dem unmittelbar darauf das Geräusch eines harten Gegenstandes folgte, der in dem Schlafzimmer zu Boden fiel.

      »Himmel!«, rief die Erschreckte und sprang an die geöffnete Tür. Sally trat ihr aus dem dunklen Zimmer entgegen. »Nun, was hast du, du bist bleich und zitterst?«

      »Ich glaube es wohl«, stammelte Sally, »ein solches Gesicht kann ein Mädchen wohl erschrecken!«

      »Was für ein Gesicht?«

      »Das in das Fenster Ihres Schlafzimmers sah.«

      Das arme Kammermädchen zitterte am ganzen Körper; es musste sich auf einen Stuhl setzen. Arabella, in ihrem weißen Mantel, stand wie die Statue einer gallischen Priesterin vor ihr. Einige Sekunden vergingen, ehe eine von den beiden Frauen ein Wort reden konnte. Die Tänzerin, die das Gesicht nicht gesehen hatte, war erschrockener als die Zofe, die es gesehen hatte.

      »Sally, kann dich nicht der Schein des Lichtes getäuscht haben? Vielleicht, dass die Blätter des Baumes …«

      »O nein, Miss Arabella«, sagte die Zofe, die sich wieder etwas erholt hatte, »der Schein des Lichtes fiel in das wirkliche Gesicht eines Mannes, der auf dem Baum saß und den Kopf ins Fenster steckte, als ob er in dem Zimmer etwas suchte.«

      Arabellas Angst kehrte doppelt zurück, denn sie legte sich die Frage vor, ob Arthur das Gesicht gesehen hatte, oder nicht. Da fiel ihr Sallys Erzählung ein.

      »Wann hörtest du das Geräusch auf dem Baum am Fenster des Vorzimmers?«, fragte sie mit kaum vernehmbarer Stimme.

      »Nachdem Sir Arthur mich durch sein stürmisches Eintreten aus dem Schlaf geweckt hatte.«

      Arabella schöpfte wieder Atem, denn sie erinnerte sich, dass Arthur unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Vorzimmer in das Kabinett gegangen war, und war der Meinung, dass der durch das Schließen der Fensterflügel vereitelte Versuch, in das Vorzimmer zu dringen, den in dem Schlafzimmer zur Folge gehabt habe. Arthur konnte mithin das Gesicht nicht gesehen haben, da dessen Besitzer unmöglich in einer Minute jenen Baum verlassen und den an dem Fenster des Schlafzimmers ersteigen konnte. An einen Sprung war auch nicht zu denken, da die beiden Fenster des Boudoirs zwischen den fraglichen Zimmern lagen, vor denen keine Bäume standen.

      »Und wie sah das Gesicht aus?«, fragte die junge Herrin weiter.

      »Ach, mein Gott, ich konnte es nur einen Augenblick sehen, da mir vor Schreck das Licht aus der Hand fiel, aber dieser Augenblick genügte, um mir die fürchterlichen Züge auf ewig einzuprägen.«

      »Nun, so rede, wie sah es aus?«

      »Es war ein langes, braunes Gesicht mit zwei großen feurigen Augen, die wie Kohlen aus einem wilden, dunklen Bart glühten. Das lange Haupthaar hing verwirrt über die Stirn und lief an den Seiten mit dem Bart zusammen. Von dem übrigen Körperteil gewahrte ich nichts als den Kragen eines farbigen Hemdes, denn der Mann lag mit der Brust auf dem Fenstersims.«

      Das war kein Liebhaber, dachte Arabella, das war ein Dieb, der Arthurs Eifersucht nicht erregen kann. »Und zog er sich bei deinem Anblick nicht zurück?«, fragte sie laut.

      »Ich glaube, Miss, denn als ich mich ein