der Bewunderer im Zimmer ist?«
»Arthur!«
»Wirst du böse, wenn ich eifersüchtig bin?«
»Es wird niemand wagen, zu mir ins Fenster zu steigen.«
»Und wenn es dennoch geschähe?«
»Nein, das ist nicht möglich!«
»Es sind aber dergleichen Fälle schon vorgekommen!«
»Nein, nein und tausendmal nein!«, rief das junge Mädchen entrüstet und warf sich schmollend in die Kissen des Sofas zurück, dass zwischen ihr und Arthur ein Zwischenraum entstand.
Das Zimmer war, wie schon gesagt, dunkel, sodass beide nichts als die Umrisse ihrer Gestalten erkennen konnten. Eine Pause trat ein. Arabella stellte sich beleidigt, obgleich sie im Innern über die Eifersucht ihres Liebhabers froh war – Arthur sann auf eine geschickte Wendung, seine angebliche Eifersucht einer lauteren Quelle zuzuschreiben und Arabellas Liebe in den Schranken zu halten, die er ihr notwendig anweisen musste. Noch war er damit nicht zustande gekommen, als sich in dem Nebenzimmer, in dem die Tänzerin ein Bad genommen hatte, ein leichtes Rauschen vernehmen ließ.
Arthur lauschte. Arabella, die ihre Hände vor das Gesicht gelegt hatte, als ob sie wirklich gekränkt sei, hörte es nicht sogleich.
Nach einigen Sekunden wiederholte sich dasselbe Geräusch, und zwar anhaltender als das erste Mal. Arthur blickte zu seiner Schönen hinüber, die immer noch in ihrer schmollenden Lage verharrte. Sally hatte sich in das Vorzimmer zurückgezogen, und da der junge Mann wusste, dass die Tänzerin außer der Zofe keine Begleitung mit sich führte, die ein solches Geräusch verursachen konnte, wandte er den Kopf und sah prüfend zu den Türen, Fenstern und Wänden. Nach der Lage des Schlafzimmers schien es ihm, als ob jeder, der es betreten wollte, das Boudoir durchqueren musste, wenn er nicht den Weg durch das Fenster nehmen wollte – und Sally war während seiner Anwesenheit nicht sichtbar gewesen. Auch konnte er nicht voraussetzen, dass Arabella die Tür dieses Zimmers offen lassen würde, wenn sie eine Person darin wüsste, die Zeuge ihres Liebesgeplauders sein würde. Forschend mit Auge und Ohr, schwieg er und erwartete noch einmal das Geräusch. Stärker und anhaltender regte es sich wieder, und Arthur, der wirklich einen Anflug von Eifersucht verspürte, wollte Arabellas Hand ergreifen, um sie aufmerksam zu machen; doch diese hatte es ebenfalls vernommen, und da sie aus Eitelkeit ein Fensterabenteuer, wie es Arthur fürchtete, nicht für unmöglich hielt, fuhr sie erschrocken empor.
»Hören Sie?«, flüsterte Arthur. »Ist Sally dort im Zimmer?«
»Nein«, flüsterte die Tänzerin zurück, »sie muss in ihrem Zimmer sein.«
Ein neues Rauschen ließ sich hören. Der Dandy war aufgestanden und neigte seinen Kopf dem Zimmer zu. Das Geräusch dauerte einige Sekunden an, dann schwieg es plötzlich wieder. Es war so eigentümlicher Art, dass er vergebens auf dessen Entstehung sann.
»Hören Sie?«, fragte jetzt das junge Mädchen ganz leise.
»Es scheint, als ob er sich jetzt versteckt hat«, antwortete Arthur mit tonloser Stimme.
»Wer?«
»Nun der, der durch das Fenster in jenes Zimmer gestiegen ist.«
Diese Worte sprach Arthur mit einem Ausdruck von Schmerz und Ärger, als ob er nicht mit Jenny, sondern mit Arabella verheiratet werden sollte. War es Eifersucht oder verletzte Eitelkeit – kurz, der Dandy fühlte, dass ihm alles Blut in den Kopf stieg, dass seine Hand ein wenig zitterte und dass seine Neigung zu Arabella dennoch etwas mehr war als eine Modeliebe, ein aristokratischer Zeitvertreib. Dass die Tänzerin ihn aufgefordert hatte, ihr Kavalier zu sein, schien ihm jetzt einen Grund zu haben, und schon nach zwei Sekunden nahm er mit Gewissheit an, sie habe einen solchen Besuch gefürchtet. Warum fühlte sie sich so getroffen, als er im Scherz davon sprach? Und war Arabella nicht eine Tänzerin? Mit dem festen Vorsatz, sein Verhältnis zu ihr zwar nicht zu brechen, sondern nur ein wenig umzugestalten und mehr Freiheit zu gewinnen, tappte er so lange mit beiden Händen um sich her, bis er Arabellas Taille ergriff.
»Arabella«, rief er mit erstickter Stimme, »wer ist in jenem Kabinett?«
»O mein Gott«, war die leise, aber bebende Antwort, »wer soll denn darin sein?«
»Hast du das Geräusch gehört?«
»Es muss von draußen gekommen sein.«
»Nein, es war im Kabinett!«
»Es ist ein Irrtum«, wisperte die Tänzerin, deren Angst mit jeder Sekunde zu steigen schien.
»Mädchen, du betrügst mich!«
»Um Gottes willen, Arthur, wie kannst du glauben …?!«
»Jetzt, Schlange, werden mir deine Worte klar – hinweg, dass ich den Elenden durch das Fenster stürze!«
»Du willst morden? Willst meinen Ruf als Künstlerin aufs Spiel setzen?«
»Hinweg«, rief Arthur und gab sich Mühe, den leisen Zorn, den er wirklich empfand, bis auf den höchsten Gipfel zu steigern, »hinweg, du willst mich nur aufhalten, damit dein neuer Liebhaber Zeit erhält, den Rückweg anzutreten, und ich das Nest leer finde, wenn ich eintrete, damit du rein und schuldlos dastehst!«
»Ich bin unschuldig«, rief das Mädchen, indem es den jungen Mann von der Tür zurückzudrängen suchte.
»Entweder ich bleibe oder der Unverschämte bleibt hier – hinweg!«
»Gnade, Gnade!«, rief Arabella mit zitternder Stimme und hielt den Zornigen bei beiden Händen fest, als ob sie fürchtete, dass er ein Mordinstrument ziehen würde.
Arthur aber entwand sich dieser schwachen Fessel, riss stürmisch die Tür zum Vorzimmer auf und rief mit tönender Stimme:
»Licht, Sally, Licht!«
Die Zofe saß auf einem Sessel, hatte den Kopf auf den danebenstehenden Tisch gelegt und schien zu schlafen. Erschreckt fuhr sie auf. Aber noch ehe sie ein Wort äußern konnte, hatte Arthur mit der linken Hand das Licht, das auf dem Tisch stand, ergriffen, mit der rechten seine Reitpeitsche, die noch immer auf dem Stuhl lag, und war in das Boudoir zurückgestürzt.
Zitternd folgte das Kammermädchen.
Arabella saß auf dem Sofa und hatte ihr Gesicht in das Kissen gelegt, als ob sie weinte. So erblickte sie Arthur, als er mit dem Licht eintrat. Wie von Mitleid ergriffen, blieb er vor ihr stehen. Sie erhob ihr glühendes Köpfchen.
»Himmel, diese Peitsche!«, rief sie. »Arthur, hinweg mit diesem fürchterlichen Instrument!«
Dabei warf sie einen Blick auf Sally, die ihn verstand und sich wieder entfernte.
»Ha, du hast Mitleid mit diesem Menschen – du liebst ihn! Nein, ungerächt verlasse ich dieses Zimmer nicht, das ich nie wieder betrete!«
Mit geschwungener Reitgerte, das Licht in der linken Hand, stürzte er in das Schlafzimmer.
Dasselbe Geräusch, das Anlass zu dieser Szene gegeben hatte, war das erste, das er hörte, als er mit hoch emporgehobenem Licht in der Mitte des freundlichen Schlafzimmers stand. Zitternd blickte er in den Winkel, aus dem es kam. Aber fast wäre er vor Schreck zu Boden gesunken, denn hinter den weißen Gardinen, die eine elegante Badewanne umschlossen, sah er den Kopf einer weißen Ziege, die ihn mit hellen Augen verwundert anblickte. Das Tier lag bis an den Hals in dem kühlen Wasser und gab durch leises Plätschern das Wohlbehagen kund, das ihm das Bad gewährte. Er warf einen Blick zum Fenster – dessen Flügel waren zwar geöffnet und das Licht der Kerze fiel auf das dunkle Grün einer Maulbeerfeige, die ihre Zweige davor ausbreitete, aber alles war still, wie die schwüle Nacht selbst – nur Djali, die Ziege, plätscherte zuweilen in der Badewanne, dass das parfümierte Wasser einen lieblichen Duft verbreitete.
Der arme Arthur, der dieses komische Ende seiner Eifersuchtsszene nicht erwartet hatte, stand beschämt und ärgerlich zugleich mit seinem Licht und seiner Reitpeitsche da, und er musste sich in diesem Augenblick bekennen, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn er einen