Matthias Krauß

Finite-Elemente-Methoden im Stahlbau


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      Während das physikalisch nichtlineare Werkstoffverhalten überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen berücksichtigt wird, muss die geometrische Nichtlinearität bei stabilitätsgefährdeten Stahlkonstruktionen unter Sicherheitsaspekten unabdingbar erfasst werden. Relativ große Verformungen führen dabei zu größeren Schnittgrößen und höheren Beanspruchungen im Vergleich zu linearen Berechnungen, so dass entsprechende Nachweise zum Biegeknicken, Biegedrillknicken oder Plattenbeulen geführt werden müssen.

Theorie I. Ordnung (geometrisch lineare Theorie) Theorie II. Ordnung Geometrisch nichtlineare Theorie
Gleichgewicht am unverformten System am schwach verformten System am stark verformten System
Stab unter Druckbelastung images images images
Stab unter Druck- und Querbelastung images images images
Wirkliche Verzerrungen Lineare kinematische Beziehungen Nichtlineare kinematische Beziehungen
Virtuelle Verzerrungen Aus linearen kinematischen Beziehungen Aus nichtlinearen kinematischen Beziehungen - linearisiert - - nichtlinear -

      Im Zusammenhang mit geometrisch nichtlinearen Berechnungen ist zu erwähnen, dass die Nachweise in den geltenden Vorschriften, wie z. B. DIN EN 1993-1-1, auf einer Linearisierung nach Theorie II. Ordnung basieren. Diese Näherung ist daher die Grundlage für die vorschriftengerechte Ermittlung von Verformungen, Schnittgrößen und Verzweigungslasten (Eigenwerten). In der Regel sind Berechnungen nach Theorie II. Ordnung im Hinblick auf baupraktische Anwendungsfälle ausreichend genau, da die Verformungen bei Tragwerken aus Stahl normalerweise relativ klein sind. In seltenen Ausnahmefällen können jedoch auch geometrisch nichtlineare Berechnungen erforderlich sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn große oder sogar sehr große Verformungen auftreten. Beispiele dazu sind Kunstwerke, die sich im Wind bewegen und bei denen sich die Einzelteile stark verformen.

      Zusammenfassend soll hier Folgendes festgehalten werden:

       • Nach wie vor wird die Nachweismethode 1 gemäß Tabelle 1.1 am häufigsten verwendet. Für die Systemberechnungen wird dabei linearelastisches Werkstoffverhalten angenommen, auf dieser Grundlage Schnittgrößen und Spannungen ermittelt und dann Spannungsnachweise geführt.

       • Vermehrt kommt auch Nachweismethode 2 zum Einsatz, bei der die Tragfähigkeit bis zum Erreichen des ersten Fließgelenkes gesteigert werden kann.

       • Bei stabilitätsgefährdeten Stahlkonstruktionen werden das geometrisch nichtlineare Problem linearisiert und die Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung berechnet. Diese Linearisierung wird auch bei der Ermittlung von Verzweigungslasten (Eigenwerten) verwendet.

      Im Folgenden werden Bezeichnungen und Annahmen zusammengestellt, die für Stabtragwerke benötigt werden. Teilweise gelten sie auch für Flächentragwerke und die FE-Untersuchung von Querschnitten. Zu diesen Themen werden in den Kapiteln 6 und 7 weitere Bezeichnungen und Annahmen ergänzt. Grundlage für die Bezeichnungen sind DIN 1080 und DIN EN 1993.

       Größen im globalen X-Y-Z-Koordinatensystem