sollte man immer.”
„Dieser Nöllemeyer war so gierig, der hat das Zeug schon geschnupft, kurz nachdem ich es ihm verkauft habe. Das war schon richtig widerlich.“ Er zuckte mit den Schultern. „Naja, vielleicht hatte er einen stressigen Tag gehabt.”
„Haben Sie gesehen, wie er zusammengebrochen ist?”
Chovsky druckste herum. „Nein. Das habe ich nicht mehr mitgekriegt. Aber ich habe mich auch nicht mehr weiter darum gekümmert.”
„Hatten Sie nicht von ähnlichen Fällen gehört, die sich in letzter Zeit hier in Frankfurt ereignet haben?”
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wenn ich mir von jeder Horror-Geschichte, die auf der Straße kursiert, das Geschäft verderben ließe, dann hätten mich ein paar Leute in der Organisation so zur Sau gemacht, dass ich das ganz schnell wieder vergessen hätte. Ich bin nur ein kleiner Dealer, mehr nicht. Und offenbar hat mich jemand benutzt, um einen Kerl platt zu machen. Keine Ahnung warum! Das müssen Sie mir glauben!”
„Wer war der Kerl, der Ihnen den Stoff gegeben hat?”
„Wenn ich das wüsste! Er trug einen ausgeleierten Parka und hatte die Kapuze tief ihm Gesicht, deswegen habe davon auch nicht viel gesehen. Nur das Kinn und den unteren Teil, verstehen Sie?”
„Durchaus.”
„Er hatte einen Bart. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.“
„Würden Sie ihn auf einem Bild wiedererkennen?”
„Glaube ich eher nicht. Wie gesagt, ich habe nicht viel von ihm gesehen. Seine Augen zum Beispiel gar nicht. Außerdem stand er fast immer seitlich zu mir. Scheiße, wenn ich so daran denke...”
„Was?”
„Er kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann Ihnen nicht sagen woher.”
„Dann denken Sie darüber noch einmal nach. Und zwar sehr intensiv.”
„In Ordnung. Aber wie schon gesagt, ich habe nicht viel von ihm gesehen. Aber es käme auf einen Versuch an. Seine Stimme vielleicht. Zeigen Sie mir ein Foto!”
„Vielleicht später”, sagte ich.
27
„Du denkst wirklich, dass dieser Omienburg etwas damit zu tun hat?”, fragte Rudi kopfschüttelnd, nachdem wir wieder allein waren. Wir fuhren zum Gebäude des BKA BKA-Büro von Frankfurt. Der dortige Chef, Herr Gradon, wollte uns sprechen. Es ging natürlich um den Tod von Kommissar Theodor Nesch.
„Die Beschreibung, die Ferdinand Chovsky gegeben hat passt doch wie die Faust aufs Auge!”
„Harry, der Kerl ist noch nicht einmal sicher, ob er ihn wiedererkennen würde!”
„Sieh mal im Internet nach, ob es Fotos von Omienburg gibt.”
Rudi nahm sein Smartphone. Die Bildersuche war ergebnislos. Weder die Mitarbeiterseite noch irgendein öffentliches Profil in einem Sozialen Netzwerk oder ein online gestellter Zeitungsartikel über die Projekte der Kampf den Drogen Stiftung zeigte ein Foto von ihm.
„Negativ, Harry. Der Mann lässt sich offenbar nicht gerne fotografieren. Und davon abgesehen hätte uns das Foto gerade etwas genützt, als wir mit Chovsky zusammen waren. Dann hätte er den Kerl entweder identifizieren können oder wir hätten dir diese fixe Idee damit ein für alle mal ausgetrieben, Harry!”
„Chovsky ein Foto von Omienburg zeigen, das kann man ja nachholen”, sagte ich.
„Harry, du verschwendest unsere Zeit!”
„Meinst du?”
„Nehmen wir mal an, Chovsky würde ihn wiedererkennen. Das wäre die Aussage eines Kleindealers gegen einen Mann, der im Auftrag der Kampf den Drogen Stiftung den Drogenmissbrauch bekämpft. Wie glaubwürdig wäre das? Davon abgesehen, dass der Zeuge sowieso nicht besonders präzise war und man das kaum eine richtige Aussage nennen kann.”
„Dass der Zeuge unzuverlässig ist, muss nicht heißen, dass es nicht genauso passiert ist, wie Chovsky gesagt hat, Rudi!”
„Und wenn es ganz anders war? Wenn dieser Klein-Dealer, von dem wir wissen, dass er zu Kerimovs Organisation gehört, jetzt einfach für sich etwas herausholen und die Schuld auf jemand anderen lenken wollte? Jemanden, den er vielleicht sogar kennt und mit dem er unter Umständen sogar schon Ärger hatte. Das könnte nämlich gut sein!”
„Rudi, das ist reine Spekulation.”
„Und das, was du über diesen Anti-Drogen-Kämpfer sagst etwa nicht?”
„Ich will einfach sicher gehen.”
Wir stiegen aus. Mein Handy klingelte. Ich nahm das Gespräch entgegen. Es war Dr. Lin-Tai Gansenbrink.
„Hallo Harry. Sie hatten doch noch eine kleine Spezialaufgabe für mich und wollten wissen, ob ein gewisser Gieselher Omienburg vor ungefähr fünf bis sieben Jahren in Hamburg gewesen sein könnte.”
„Richtig. Und?”
„Er hat sogar dort gelebt. Zumindest gab es in dem fraglichen Zeitraum einen Gieselher Omienburg mit derselben Sozialversicherungsnummer wie der, der heute für die Kampf den Drogen Stiftung arbeitet.”
„Was hat er damals gemacht?”
„Er war Immobilienmakler und in einem Maklerbüro angestellt. Und zwar bis vor ziemlich genau fünf Jahren. Danach gibt es eine Lücke. Ich habe nichts darüber herausfinden können, wo er in dieser Zeit gearbeitet hat.”
„Wann hat er seine Tätigkeit in Frankfurt aufgenommen?”
„Das ist noch nicht lange her. Kein halbes Jahr. Dazwischen klafft leider eine Lücke, aber was da passiert ist, bekomme ich auch noch heraus, falls das jetzt in diesem Fall Priorität haben sollte…”
„Um ehrlich zu sein, weiß ich noch nicht, ob dieser Omienburg wirklich so wichtig ist. Aber es gibt schon ein paar Dinge, die ihn damit in Verbindung bringen.”
„Die zeitliche Korrelation mit den Fakten der Heroin-statt-Kokain-Serie stimmen jedenfalls überein.”
„Und zusammen mit Irfan Kerimov ist er der Einzige, der in dieser ganzen Angelegenheit eine Rolle spielt, der sowohl zur richtigen Zeit in Hamburg, als auch in Frankfurt war.”
„Richtig. Und beide hatten eine Auszeit zwischen diesen der Hamburg-Phase und der Frankfurt-Phase dieser Verbrechensserie”, bestätigte Lin-Tai.
„Den Grund für Irfan Kerimovs ‘Auszeit’ kennen wir”, sagte ich. „Er saß im Knast.”
„Also ich muss zugeben: Unter rein mathematischen Gesichtspunkten ist da einfach eine eindeutige Korrelation zu konstatieren, auch wenn ich im Moment keinen Schimmer habe, was ein Drogenhändler und ein Anti-Drogen-Aktivist miteinander zu tun haben können - abgesehen davon, dass sie eigentlich so etwas wie natürliche Fressfeinde des anderen sein müssten. Oder sehe ich das falsch.”
„Stimmt. Das macht das Ganze so rätselhaft.”
„Ich bekomme heraus, was mit Omienburg in den dunklen Jahren passiert ist. Versprochen.”
„Können Sie mir auch ein Foto von ihm besorgen?”
„Eins aus der Jugend oder ein hochaktuelles?”
„Eins, dass ich vorzeigen kann, wenn ich ihn identifiziert haben möchte. Aber im Internet scheint er sich nicht herumgetrieben zu haben. Da gibt’s nichts von ihm.”
„Naja, ich wette, da gibt es ein paar nicht öffentliche Speicher, auf denen es Fotos von ihm geben muss. Zumindest wenn er eine gültige Fahrlizenz haben sollte oder...”
„Ich will gar nicht wissen, wo Sie das herholen, Lin-Tai.”