Shawn Baker

Die Fleischfresser Diät


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kältere, trockenere Situation der Vergangenheit förderte das Wachstum von Grasland eher als das von tropischen Wäldern. Der Mensch hatte einen Großteil dieser Grasländer besetzt, und wissen Sie, was dort noch lebte? Steaks! Große, gewaltige Megafauna-Tiere wie Mastodonten, Elefanten, Mammuts, Auerochsen und Wollnashörner waren in ganz Eurasien und Afrika weit verbreitet. Die Beweise dafür, dass wir diese Tiere gejagt und gegessen haben, sind recht solide. Archäologen haben auf der ganzen Welt unzählige Jagdwerkzeuge gefunden, und die früheste bekannte Kunst stellt die Jagd auf große Tiere dar. Es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Tiere die Hauptnahrungsquelle des Menschen waren und dass unsere Vorfahren sie wegen der unglaublich konzentrierten und massiven Menge an Nahrung, die das Fleisch lieferte, sehr effizient aufspürten, töteten und schlachteten. Überraschenderweise waren diese riesigen Tiere, deren ausgewachsene Größe sie vor den meisten Raubtierangriffen schützte, eine leichte Beute für die frühen Menschen und ihre einfache Waffentechnologie.

      Bevor der Homo habilis vor etwa 2,8 Millionen Jahren die ersten groben Steinwerkzeuge herstellte und wohl auch der erste „Mensch“ wurde, waren die früheren Homininen in den afrikanischen Savannen umhergezogen und hatten dort auch Fleisch konsumiert. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die frühen Vormenschen und viele archaische Menschen zumindest teilweise als Aasfresser lebten. Tatsächlich ist eines der bemerkenswertesten und einzigartigsten Merkmale unseres menschlichen Verdauungstrakts im Vergleich zu anderen Primaten unser unglaublich saurer Magen-pH-Wert. Die Magensäure liegt bei einem normalen, gesunden Menschen bei etwa 1,1 bis 1,5 pH, was unglaublich sauer ist und dem Wert von Aasfressern wie dem Geier und der Hyäne ähnelt. Im Vergleich dazu haben pflanzenfressende Primaten einen pH-Wert von etwa 4,0, andere fleischfressende Raubtiere weisen einen Magen-pH-Wert von 2 bis 3 auf. Die Aufrechterhaltung dieser hohen Säurekapazität erfordert eine beträchtliche Menge an Energieressourcen, und es ist unwahrscheinlich, dass sie beim Menschen zufällig aufgetreten ist. Es muss also einen Grund dafür geben, der höchstwahrscheinlich darin liegt, dass unsere Vorfahren mit Krankheitserregern konfrontiert waren, die sich vermutlich auf den Nahrungsquellen befanden (die sie erbeutet haben). Interessanterweise haben auch Kaninchen, die ja Pflanzenfresser sind, einen ähnlich sauren Magen, möglicherweise weil sie Koprophagie betreiben – sie fressen ihren eigenen Kot.

      Weitere Beweise dafür, dass Menschen einst Aasfresser waren, stammen aus Studien an afrikanischen Löwen, aus denen hervorgeht, dass Löwen oft eine beträchtliche Menge Fleisch an einem Tierkadaver zurücklassen, nachdem sie sich satt gefressen haben. Oft reicht diese Menge aus, um mehrere hungrige Menschen zu ernähren. Forscher haben Filmaufnahmen von einheimischen afrikanischen Jägern gemacht, die Fleisch von Tieren essen, die von Löwen erlegt wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die frühen Menschen zusätzlich zum direkten Verzehr von Aas auch Fleisch gegessen haben, das sie durch verschiedene Methoden konserviert hatten – wie zum Beispiel durch Trocknen in der Sonne, Lagerung unter Wasser oder Vergraben im Schnee. Dieses Fleisch wies trotz der Konservierung immer noch eine beträchtliche bakterielle Belastung auf.

      Eines der in Ernährungskreisen oft diskutierten Themen ist, dass unsere Vorfahren häufig mit Zeiten der Nahrungsmittelknappheit konfrontiert waren. Deshalb sollten wir modernen Menschen periodisch für längere Zeiträume fasten, um diese Situation nachzuahmen. Sicherlich gab es in unserer Geschichte Zeiten der Nahrungsmittelknappheit, und ich stimme zu, dass ein ständiger Nahrungszufluss alle paar Stunden für die Gesundheit vieler Menschen suboptimal ist. Es ist jedoch nicht bewiesen, dass die frühen Menschen häufig ohne Nahrung auskommen mussten. Schließlich waren sie von zahlreichen Megafauna-Tieren umgeben und verfügten über die Technologie, diese leicht zu töten und dann das Fleisch zu konservieren. Diese Situation mag sich geändert haben, als alle großen Tiere verschwanden und unsere Vorfahren relativ schnelle, dünne Tiere jagen mussten, um an Fleisch zu kommen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie möglicherweise stärker auf Pflanzen als Nahrungsquelle angewiesen, was schließlich zur Entwicklung eines landwirtschaftlichen Systems führte. Da es schwieriger geworden war, Tiere zu jagen und zudem die Pflanzen den jahreszeitlichen Schwankungen der Wachstumsperioden unterworfen waren, sahen sich unsere Vorfahren wahrscheinlich häufiger mit Perioden der Nahrungsmittelknappheit konfrontiert. (siehe Abbildung 3.2.)

      Sie könnten jetzt sagen: „Sicherlich haben die Menschen seinerzeit auch verschiedene Beeren, Nüsse, Wurzeln und so weiter gegessen.“ Natürlich, aber das widerspricht nicht dem Wesen einer fleischlichen Ernährung. Der Mensch ist ein opportunistischer Allesfresser und wahrscheinlich auch ein fakultativer Fleischfresser, und die Fähigkeit, etwas Nahrung aus Pflanzen zu extrahieren, war wahrscheinlich schon bei den allerersten Primaten vorhanden.

      Vergleichen wir den Menschen mit anderen Primaten, so sehen wir, dass sich die Zusammensetzung des Magen-Darm-Systems dramatisch verändert hat. Bei einem Schimpansen ist zum Beispiel ein erheblich größerer Teil des Verdauungstrakts dem Zökum und dem Dickdarm sowie ein proportional kleinerer Teil dem Dünndarm zugeordnet. Der Dickdarm und insbesondere das Zökum sind darauf spezialisiert, faseriges Pflanzenmaterial zu zersetzen, um Fettsäuren durch die Einwirkung von Mikroben zu gewinnen – ein Pflanzenfresser benötigt also diese Art der Spezialausrüstung. Die Fähigkeit des Menschen, mit diesem Grad der Zersetzung umzugehen, ist deutlich geringer als die von Schimpansen und anderen Primaten. Beim Menschen finden die Verdauung und Absorption von Fleisch im Dünndarm statt, nachdem die starke Magensäure ihre Arbeit weiter oben erledigt hat. (siehe Abbildung 3.3.)

      Angesichts der Struktur unseres Verdauungssystems hat der Mensch eine geringe Kapazität, um eine minimale Menge an Kalorien aus faserigen Pflanzen zu gewinnen. Sich zur Deckung unseres Nährstoffbedarfs nur auf Pflanzen zu verlassen, wäre daher eine ziemlich schlechte Strategie, insbesondere weil das menschliche Gehirn ein enormer Energiefresser ist. Ein Schimpanse verbringt zehnmal mehr Zeit mit dem Kauen von Pflanzen als ein Mensch mit dem Kauen von Fleisch, um die notwendigen Kalorien und andere Nährstoffe aus seiner Nahrung zu erhalten. Bei Gorillas ist der Zeitaufwand für das Kauen sogar noch höher. Wenn wir uns frühe Menschen auf Grundlage ihrer Kieferstruktur ansehen, können wir schätzen, dass sie nur etwa 4 Prozent ihrer Zeit mit Kauen verbrachten, sodass wir mit ziemlicher Sicherheit sagen können, dass sie nicht den ganzen Tag Blätter und Stängel gegessen haben.

      Schaut man sich die Anatomie des Magen-Darm-Trakts an und vergleicht die Zersetzungskapazität des Menschen mit der anderer Tiere, stellt man fest, dass wir Katzen und Hunden am ähnlichsten sind. Diese tiefgreifenden anatomischen Anpassungen erfolgten wahrscheinlich als Reaktion auf Millionen von Jahren ernährungsbedingter Exposition gegenüber großen Mengen Fleisch und relativ geringen Mengen Pflanzenfasern.

      Ein weiteres verbreitetes Missverständnis ist, dass Gemüse schon immer Teil der menschlichen Ernährung war. (Ich möchte hierbei klarstellen, dass ich, wenn ich von Gemüse spreche, die Blätter und Stängelteile von Pflanzen meine. Obst, Nüsse und Wurzelgemüse sind ein anderes Thema). Man hat also die Vorstellung, dass der prähistorische Mensch ständig wilden Brokkoli, Spinat oder Grünkohl zusammen mit Beeren und Nüssen sammelte und nur selten ein Stück Fleisch aß.

      Tabelle 3.1

      Vergleich des menschlichen und tierischen Verdauungstrakts

      Wenn Sie nach draußen gehen und wahllos anfangen, Blätter und Stängel zu essen, werden Sie wahrscheinlich seltsame Blicke von Ihren Nachbarn ernten. Was aber viel wichtiger ist: Sie werden wahrscheinlich sehr krank werden. Wenn wir diese speziellen Teile der pflanzlichen Anatomie zerstören, schützen die Pflanzen diese Bereiche mit giftigen und bitter schmeckenden Chemikalien. Daher ist die überwiegende Mehrheit der Pflanzen für den menschlichen Verzehr