Rebekah Lewis

Das Entwirren


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hinwagte, glückliche Ausgänge erschuf. Einst hatte er an eine solche Sache geglaubt. Nicht mehr.

      Devrel folgte, als der Hutmacher sich durch die sich verdrehenden Kurven seines Zuhauses und aus der Hintertür heraus torkelte. Unter einem Pavillon waren vier Tische verschiedener Größen zusammengeschoben, auf denen Tischdecken mit unterschiedlichen Mustern drapiert und Teekannen und Snacks aller möglicher Arten verstreut darauf platziert waren. Ein Mann saß auf dem Platz, der sich neben dem Stuhl des Hutmachers ganz am Ende befand, der mit trägen Schlägen mit einem langstieligen Löffel eine Tasse Tee umrührte. Auf seinem Kopf stießen Hasenohren aus seinem Hut, die nur wenige Nuancen dunkler als seine Haut waren, aber dennoch heller als sein Haar. Trotz seiner Ohren war der Rest seines Körpers wie der jedes anderen Mannes. Harold March kam aus einer Familie von Halblingen. Alle von ihnen trugen tierische Charakteristiken, aber keiner teilte sich dieselbe.

      »Marchy.« Der Hutmacher nickte, als er eine dampfende Kanne Tee nahm und sich eine Tasse eingoss. Er ersetzte die Kanne und hob das Porzellan an seine Lippen, hielt inne, wandte sich Devrel zu und bot ihm dann stattdessen die Tasse an. Marchy sagte nichts, aber streichelte mit seiner Fingerspitze den Hals der neben seiner Tasse schlafenden Haselmaus.

      »Nein danke.« Devrel hüpfte auf einen Sessel gegenüber von Marchy und seufzte zufrieden, als er in die Konturen des Kissens sank. »Du musst für mich mit dem Kaninchen sprechen.«

      Marchy saß kerzengerade auf seinem Stuhl. »Wen nennst du hier Kaninchen, Biest?«

      Devrel fauchte, schreckte die Haselmaus auf, so dass diese aufwachte und einen großäugigen Blick auf Devrel warf, dann in Marchys Jackentasche huschte. Marchy tätschelte die Tasche, um sie zu beruhigen.

      »Nicht du, das Weiße Kaninchen.«

      Während Marchy bei dieser Idee laut lachte, runzelte der Hutmacher seine Stirn. »Niemand spricht einfach mit dem Weißen Kaninchen. Er hat sich nach der Tyrannei der Herzkönigin zur Ruhe gesetzt und taucht nur auf gesellschaftlichen Ereignissen auf, wenn es ihm gefällt.« Die Rote Königin hatte die frühere Monarchin besiegt und für die vielen Verbrechen, die sie begangen hatte, hingerichtet, wovon eines war, dass sie Devrels komplette Familie ausgerottet hatte, weil der Boojum, der sich mit Alice angefreundet hatte, sie zum Gespött gemacht hat. Das Weiße Kaninchen hatte sich seither von allen distanziert und das Geflüster, das sein Verschwinden umgab, behauptete, dass er sich dafür schämte zu viel Angst davor gehabt zu haben seinen Kopf zu verlieren, wenn er die Dienste der Königin verließe. Stattdessen lebte er in Einsamkeit, um für seine Untätigkeit zu büßen.

      »Ja, aber er hat dich immer gemocht. Mich nicht so sehr. Wenn ich frage, wird er nicht zuhören. Wenn du es machst, tut er es vielleicht.«

      Gemocht war ein starkes Wort. Das Kaninchen tolerierte jemanden lediglich. »Du willst, dass er ein Portal zum Land des Findlings erschafft. Alles kann passieren. Jeder kann eintreten, bevor das Portal sich schließt. Was, wenn du die falsche Person fängst? Was kommt als nächstes, wirst du auch an der Zeit herumpfuschen?« Der Hutmacher konnte verschiedene Arten und Weisen auflisten, auf welche dies schrecklich schieflaufen konnte, aber er würde es nicht.

      »Es sollte noch nicht zu viel Zeit vergangen sein, also kein Bedarf daran herumzupfuschen. Nebenbei ist das illegal. Was beliebige Findlinge angeht, die herein purzeln – das ist ein Risiko, das ich eingehen will.« Devrel starrte in seine Tasse, während er die bernsteinfarbene Flüssigkeit mit einer ausgefahrenen Kralle umrührte. Sein Grinsen schien angespannt.

      Marchy nippte ruhig an seinem Tee und blickte zwischen ihnen hin und her, bevor er hinzufügte: »Klingt nach furchtbar vielen Schwierigkeiten, um ein Mädchen hindurchzubringen. Ich sage, lasst die Rote Königin seine Braut auswählen und fertig. Bräute sind nicht wichtig, so lange sie ihre Pflichten erfüllen.«

      »Was erklärt, warum kein Weib es wagt mit dir alleine erwischt zu werden, Harold«, sagte Devrel und legte seine Ohren an.

      »Es macht mehr Spaß zu riskieren erwischt zu werden als damit davonzukommen.« Marchy gluckste.

      Der Hutmacher rollte mit seinen Augen. Sein Freund, zu jeder Zeit ein Flegel, aber ein guter Mann. Unglücklicherweise hatte Devrel nicht ganz Unrecht. Im Wunderland endete es mit einer Heirat, wenn man intim mit einer Frau erwischt wird. Marchy schien es zu genießen seinen Hals zu riskieren, sozusagen. Der Hutmacher war für derartigen Zeitvertreib zu beschäftigt. Er hatte sich zuvor an Frauen zu schaffen gemacht, aber letztendlich hatte es ihm nie gepasst. Er erlaubte es seinem Verstand nicht länger dabei zu verweilen.

      Das rapide Zucken von Devrels Schwanz übertönte die übrigen Geräusche, ein Metronom im Takt mit dem beständigen Schlagen des Herzens des Hutmachers. Wenn das Wunderland Cadence nicht wollte, würde sie Gareth bei ihrer Ankunft nur falsche Hoffnungen machen. Es wäre jedoch töricht etwas als unmöglich zu betrachten. Devrel, eine unmögliche Katze mit unmöglichem Grinsen, glaubte, dass Cadence eine zweite Chance verdiente, so unglückselig es auch sein mochte. Verdammt sei sein weiches Herz, aber er würde helfen. Sogar ohne die Knöpfe, Fingerhüte und den Flicken, die er hinterher sammeln würde.

      1

       Meine Schwester ist eine Irre.

      Melody Adams saß an einem Tisch im Café des Buchgeschäfts, während Cadence dramatisch durch eine Seite nach der anderen eines übergroßen Hardcovers blätterte. Sie wettete ihren Iced Caramel Macchiato darauf, dass es in diesem Buch um Lewis Carroll und die Romane, die er geschrieben hat, ging. Fiktionale Romane. Für Kinder. Cadence war dreiundzwanzig. Nichts gegen Vorstellungskraft, aber irgendwann musste jeder erwachsen werden und damit aufhören darauf zu warten, dass phantastische Wunder ihre gewöhnlichen Leben durchbrachen, um das Leben einfach oder aufregend zu machen.

      Letztes Jahr war Melody auf der anderen Seite des Landes gewesen und hatte daran gearbeitet – na ja, eher mit der Idee geliebäugelt – ernsthaft ein rechtswissenschaftliches Diplom zu verfolgen, aber das lag jetzt auf Eis. Die Familie ging im Moment vor. Ihre Mutter hatte sie nach Hause gerufen, weil sie nicht wusste, wie sie mit der heiklen Situation »des Vorfalls« umgehen sollte. Etwas war Cadence zugestoßen und niemand konnte sie überzeugen die Wahrheit darüber zu erzählen.

      Ihre Schwester war vor einem Jahr aufgefunden worden, nach Bier stinkend und mit Blättern bedeckt, behauptend, sie sei einem Drachen-erlegenden Ritter verfallen und hatte aus dem Blauen heraus eine intensive Besessenheit mit allen Dingen entwickelt, die im Zusammenhang mit dem Wunderland standen. In den darauffolgenden Monaten hatte Cadence ihren Job verloren, hatte das Studium hingeschmissen und war zwangsgeräumt aus ihrem Apartment geendet, gezwungen nach Hause zu ziehen.

      Sie faselte andauernd etwas davon »einen Weg zurück zu finden.« Warum sonst würde jemand versuchen durch jeden Spiegel zu laufen, auf den man traf? Melody hatte sie letzte Woche mitgenommen, um einen Film anzuschauen, und Cadence hatte sich in der Mitte entschuldigt, um die Toilette zu benutzen. Als sie nicht zurückkam, war Melody ihr hinterhergegangen. Ihre kleine Schwester stand auf der Ablage, beide Hände auf dem Glas, während Tränen ihre Wangen herunterrollten.

      Sie hatte es ihrer Mutter nicht erzählt. Wenn Dad herausfand, was sie getan hatte, würde er wahrscheinlich seine Drohung wahr machen nach psychiatrischer Hilfe zu rufen. Cadence besuchte bereits einen Therapeuten, und wenn sie nicht einen Gang runterschaltete, würde sie in einer Anstalt landen. Wobei jeder Tag Melody näher an die Ansicht brachte, dass es das Beste für ihre Schwester sein mochte, dass sie für das, was auch immer in ihr zerbrochen war, eine konstante Fürsorge hatte.

      »Wo ist es? Wo ist es!« Cadence schlug das Buch mit einem Schluchzen zu und warf es den Gang herunter mit einem widerhallenden bums. Käufer schauten davon hoch Titel zu durchsuchen, um zu starren, während sie an den Regalen auf den Fußboden sank und ihr Gesicht mit ihren Händen bedeckte.

      Melody ließ ihren kaum angerührten Macchiato stehen und eilte hinüber, bevor der Angestellte des Bücherladens, der finster in Cadences Richtung blickte, eine Bewegung machte, um sie zu tadeln. Sie hob das Buch schwungvoll auf und hielt es so fest, dass sie schwor, dass ein Knöchel knackte. Der große Angestellte