Joe Martin

Buchreihe:Respekt - Wirtschaft -


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Es kann nicht sprechen und schläft einfach so immer wieder vor Erschöpfung ein.

       Wir wissen aus der Forschung, dass die nächsten Jahre prägend sind. Wird das Baby umsorgt und geliebt? Wird es zu viel umsorgt, überbehütet, rundum getätschelt, durch Liebe zerquetscht? Oder wird es vernachlässigt, emotional distanziert, ungeliebt und diktatorisch erzogen?

      Es gibt kein Patentrezept

       Tatsache ist, dass es kein Rezept gibt, was richtig oder falsch ist. Die meisten Eltern machen sich viele Gedanken, lesen Bücher, schauen Dokumentationen oder informieren sich bei anderen, wie man ein Kind richtig erzieht. Tatsache ist, keiner weiß es ganz genau.

       Es gibt ein paar Grundsätze, die man beachten muss. So sollte man die Kleinen mit genug Essen und Trinken versorgen. Das ist jedem klar. Man sollte sie auch innerhalb der Temperaturgrenzen aufbewahren, in denen der menschliche Körper gut funktioniert. Das ist auch klar.

       Schläge, Stromstöße und Schnitte vertragen sie auch nicht so gut, das ist zwar klar, aber schon scheiden sich die Geister wieder. Antiautoritäre Eltern schlagen nie, die, die Wert auf Zucht und Ordnung legen, denen rutscht die Hand schon mal aus. Und schon geht es los. Jeder wird anders erzogen. Selbst wenn es die gleichen Eltern sind, wird jeder anders erzogen und leider erleben Kinder die ganze Bandbreite von menschlichen Behandlungen – von Liebe und Verachtung bis zu den Extremen. Sie erleben Eltern, die sie lieben und beschützen, aber in einigen Fällen auch Eltern, die sie vergewaltigen, schlagen und mit Nichtachtung strafen.

      Was hat Kindererziehung mit dem Kapitalismus zu tun?

       Nun ist dies kein Buch über Kindererziehung. Ich habe das nur erwähnt, weil kein Neugeborenes darüber entscheiden kann, in welches Elternhaus es hineingeboren wird. Wie die Eltern drauf sind, entscheidet jedoch darüber, wie es sich entwickelt. Was das dann bedeutet, ist wieder eine ganz andere Geschichte.

       Womit wir zu der Diskussion Umwelt oder Gene kommen. Die will ich hier aber gar nicht führen, weil es genau die eine Frage nach dem warum ist. Das hilft uns aber wieder nicht weiter. Im Gegenteil, damit öffnen wir die Büchse der Pandora, denn wenn es die Gene sein sollten, dann können wir mit einer Genschere etwas dagegen machen. Vielleicht können wir damit Arschlöscher verhindern? Vielleicht sogar Arschlöcher verändern und zu guten Menschen machen? Und schon geht es los. Also lassen wir das.

       Es geht darum, wie Menschen sind und dass sie ganz sicher durch ihre Vergangenheit und durch ihre Gene zu dem wurden, wer sie sind und wie sie sich verhalten.

       Und damit kommen wir zu der Grundthese meines Buchs. Ich postuliere, dass Menschen aufgrund ihrer Gene und aufgrund ihrer Erfahrungen so sind, wie sie sind.

       Nachdem wir das nicht ändern können und wollen, müssen wir nun versuchen zu verstehen, wie Menschen durchs Leben steuern und woher sie wissen, was gut und was schlecht ist. Damit kommen wir zur zweiten Grundthese dieses Buchs. Menschen nutzen einen inneren moralischen Kompass, mit dessen Hilfe sie durchs Leben navigieren.

      Der innere moralische Kompass

       Dieser innere moralische Kompass bestimmt ihr Handeln, ihr Denken und ihre Motivation. Der persönliche innere moralische Kompass hat sich aufgrund der Genetik und der persönlichen Erfahrungen entwickelt und ohne diesen würden wir alle kopflos durch die Gegend laufen.

      Die gute Nachricht

       Diesen inneren moralischen Kompass kann man verändern. Da er nicht alleine von den Genen abhängt, sondern auch sehr stark von den Erfahrungen, die man macht, besteht Hoffnung. Donald Trump, der 45. Präsident der USA, der das Land an den Rand eines Bürgerkriegs führte, hatte nach Angaben seiner Nichte, Mary Trump, eine schwere Kindheit. Sie muss es wissen, denn sie ist nicht nur seine Nichte, sondern promovierte auch in klinischer Psychologie. Dieses Fachgebiet der Psychologie untersucht die biologischen, sozialen, entwicklungs- und verhaltensbezogenen sowie kognitiven und emotionalen Grundlagen psychischer Störungen. Sie weiß also, wovon sich redet, wenn sie ihren Onkel als „gefährlichsten Mann der Welt“ bezeichnet.

       Der Zwang sich immer gegen die Brüder zu behaupten und irgendwie dem Vater zu gefallen, sei der wesentliche Grund, warum der Präsident so ist, wie er ist. Also wieder die Kindheit. Aber wer hatte denn keine schwierige Kindheit? Die meisten werden mir zustimmen, dass jeder irgendwie und irgendwann zumindest eine schwierige Phase zu überstehen hatte. Muss man deshalb ein so starkes Land, wie die USA, mutwillig zerstören und kaputt machen?

       Kann man nicht dazulernen und mit einem anderen moralischen Kompass bessere Entscheidungen treffen?

       Dazu lade ich dich ein. Natürlich ist mir bewusst, dass es unter Umständen schwierig ist, seine Meinung zu ändern. Die größte Hürde, die man überspringen muss, ist zuzugeben, dass man sich geirrt hat.

       Despoten, Diktatoren und gar manche Autokraten wissen, dass es einfacher ist Menschen zu täuschen, als sie zu überzeugen, dass sie getäuscht wurden. Deshalb erobern solche gefährlichen Menschen auch immer wieder entsprechende Machtpositionen.

       Ich möchte dich überzeugen, dass du getäuscht wurdest. Das ist nicht einfach, weshalb ich versuche ein paar wichtige und wesentliche Informationen über unsere Wirtschaft leicht verständlich zu präsentieren, die alle beleg- und beweisbar sind. Diese nachvollziehbaren und belegbaren, zum Teil allerdings auch ungeheuerlichen Umstände werden dir helfen selbst zu entscheiden, ob du getäuscht wurdest oder nicht?

      Wollen wir diesen Kapitalismus?

       Dann kannst du immer noch entscheiden, wie es weitergehen soll. Mit dem ungezügelten Raubtierkapitalismus, dem ungeregelten Spielcasino der Finanzmagier oder ob du für dich den Respektkompass anwendest und das auch von anderen verlangst.

       Lass uns also die Entdeckungsreise beginnen und uns der Frage nähern, warum ein Zehntel der Bevölkerung in Deutschland 67 %, also zwei Drittel von allem, besitzt.

      Der Cantillon-Effekt

       Grund dafür ist unter anderem der sogenannte Cantillon-Effekt. Damit bezeichnet man in der Ökonomie den Effekt, dass sich eine Erhöhung der Geldmenge nicht automatisch gleichmäßig auf alle Bereiche einer Volkswirtschaft verteilt, sondern in Stufen. Manche Bereiche (insbesondere der Banksektor, staatsnahe Firmen, Unternehmer und politisch begünstigte Gruppen) profitieren zuerst, während der Rest der Volkswirtschaft später folgt oder gar nicht von der Geldschöpfung profitiert. Dieser Cantillon-Effekt8 scheint sich seit einigen Jahrzehnten zu verstärken, was zu immer größerer Ungleichheit führt. Krisen begünstigen diesen Effekt, was mit der Ausweitung der Geldmenge, also der Kreditvergabe zusammenhängt.

      Die Reichen werden reicher

       Gerade die Immobilienkrise, die im Jahr 2008 durchschlug, als die Immobilienzocker und Betrüger aufflogen, führte zu mehr Geld in den Händen weniger. Dadurch konnten diese wenigen durch weitere Zockereien noch mehr Geld anhäufen. Seitdem die Zentralbanken immer mehr Geld in die sogenannten Märkte pumpen und die Zinsen, also der Preis des Geldes, künstlich niedrig gehalten werden, wird die Spanne zwischen Arm und Reich immer größer und größer.

       Durch das Corona-Virus, das die Welt im Frühjahr 2020 heimsuchte, wird sich die Ungleichheit noch weiter verstärken, weil die Politik und das Bankensystem die Märkte noch weiter mit Geld fluten. Was das mit unserem Geld machen wird, das erläutere ich in dem Respektbuch über Geld und ich verspreche dir jetzt schon, dass du dort viele weitere erstaunliche Erkenntnisse gewinnen kannst.

       In diesem Respektbuch geht es um unsere Wirtschaftsordnung, in der Geld nur das Schmiermittel des wirtschaftlichen Getriebes ist. Dennoch stellt sich die Frage, was eine im Jahr 1755 von Richard Cantillon veröffentlichte „Abhandlung über die Natur des Handels im allgemeinen“ mit Ungleichheit zu tun hat? Nun, eine ganze Menge, denn Verlierer im Prozess der Geldschöpfung sind diejenigen, bei denen das Geld gar nicht landet, die aber dennoch wegen der Inflation, die durch die wundersame Kreditschöpfung entsteht, gestiegene Preise zahlen müssen.

       Vereinfacht gesagt: Die Zentralbanken drucken neues Geld aus dem Nichts und geben es zu extrem niedrigen Zinsen an Unternehmen und den Staat. Dadurch gibt es mehr Geld und die Preise steigen. Dieser inflationäre Zirkel verstärkt