Dieses Kleingedruckte nimmt dir aber deine Rechte, es erlaubt den Unternehmen deine Daten zu nutzen, zu verarbeiten, zu verkaufen, zu analysieren. Es erlaubt den Unternehmen, sich aus der Verantwortung zu stehlen und den Gerichtsstand ins Ausland zu legen. Es ermöglicht den Unternehmen Gesetze zu umgehen oder irgendwie anders auszulegen und damit deine Rechte auszuhebeln. Und dem stimmst du zu? Bist doch noch bei Verstand?
Oh, ich vergaß. Wenn du nicht zustimmst, dann darfst da ja gar nicht teilnehmen. Das ist doof. Wenn du also mitmachen willst, weil alle deine Freunde mitmachen, dann musst du einfach unterschreiben.
Dann brauchst du es auch nicht zu lesen. Was nutzt es, wenn du alles gelesen hast, mit vielen Dingen nicht einverstanden bist und an manchen Stellen sogar Empörung verspürst? Nichts.
Wer mitmachen will, wer einen Account haben will, wer mit seinen Freunden Nachrichten und Katzenvideos teilen will, der muss unterschreiben. Er muss sich einverstanden erklären, dass seine Daten genutzt, gebraucht, verkauft und verwurstet werden. Ob er will oder nicht? Das kann man, wenn man genauer darüber nachdenkt, als räuberische Erpressung auslegen.
§255 Deutsches Strafgesetzbuch. Räuberische Erpressung:
„Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.“
Gut, ich gebe zu, dass durch erpresste Zustimmung des Verzichts auf meine Daten keine echte Gefahr für Leib oder Leben besteht.
Auch wenn die Daten über mehrere Dienste und Domains gesammelt und vereint werden. Ich kaufe vielleicht zu teuer ein, wenn der Anbieter merkt, dass ich mich für einen Urlaub interessiere und beim zweiten oder dritten Besuch der Webseite die Preise höher gestellt wurden, was mir gar nicht auffällt.
Die meisten merken auch nicht, dass sie online höhere Versicherungstarife angezeigt bekommen, wenn sie angeben, dass sie schon eine Versicherungspolice bei der gleichen Versicherung haben. Beides ist heute gang und gäbe und wird über kleine Dateien auf deinem Handy oder Computer gemacht. Das sind die sogenannten Cookies, kleine Kekse, die gut schmecken. Angeblich.
Wenn du solche Kekse „nascht“, dann weiß der Anbieter, dass du nun zum wiederholten Male nach einem Pauschalurlaub auf den Kanaren suchst. Du willst es also wirklich. Nun, dann erhöhen wir einmal den Preis, denn der Besucher ist ganz heiß auf die Buchung. Da wird ihm der Urlaub doch auch noch 40 Euro mehr wert sein.
Und schwupp siehst du ein 40 Euro höheres Angebot als ich. Weil ich mich auskenne und die Cookies lösche. Und weil mein Computer gegen viele Datensammler und Manipulatoren geschützt ist, was mich viele Stunden und viel Wissen gekostet hat.
Das kannst auch du erreichen, wenn du dich auskennst und dich damit beschäftigst. Wenn du das nicht willst, so wie 99,9 % aller Menschen, dann zahlst du mehr und deine Daten werden weitergegeben. Nicht schön, aber wahr.
Wie schon oben erkannt, ist mein oder dein Leben dadurch nicht direkt in Gefahr, aber ich lasse mich nicht so gerne verarschen und über den Tisch ziehen. Du etwa?
Schon gar nicht möchte ich, dass mein Leben wie ein offenes Buch allen Unternehmen zur Verfügung steht, die meine Daten kaufen. Du auch nicht! Ich werde in einem anderen Buch zum Thema Privatsphäre noch sehr viel ausführlicher darauf zurückkommen.
Neben dem Klimawandel, der unser Leben bedroht, müssen wir auch aufpassen, dass wir nicht in einer Überwachungsdiktatur enden. Wenn das Klima kippt, haben wir keinen Lebensraum mehr. Wenn irgendwelche Leute uns digital versklaven, dann haben wir keine Lebensfreude mehr und keine Seele mehr. Beides ist schlecht.
Konkrete Forderung!
Hier an dieser Stelle möchte deshalb fordern, dass die AGB, allgemeine Geschäftsbedingungen, und die EULA, Nutzervertrag, grundsätzlich auf eine einzige Normseite beschränkt werden müssen. Ohne wenn und aber!
Ich habe vor ein paar Jahren ein zusätzliches Bankkonto eröffnet. Der gleiche Aufwand. Gefühlt Dutzende von Papieren, die ich unterzeichnen musste. Alles kleingedruckt. Friss oder stirb. Gleiches beim Kreditvertrag. Auch wenn es nur um 2.000 Euro für eine Anschaffung im Haushalt ging. Viele tausend Worte, die keiner liest.
Schlimmer wurde es nur, als ich ein Aktiendepot bei einer Bank anlegen wollte. Noch mehr Kleingedrucktes. Friss oder stirb.
Kein Mensch liest diese Seiten um Seiten um Seiten. Außer den Rechtsanwälten, wenn sie diesen Müll zusammenschreiben, und die Korrekturleser. Kein Kunde liest den Schmarrn. Das weiß auch die Bank.
Deshalb unterschreibt man auch auf einem separaten Bogen, dass der Bankberater einen ausführlich beraten hat und vor allen Dingen auf die Risiken hingewiesen hat.
Was soll also der Unsinn. Wenn es sowieso keiner liest, dann kann man es auch gleich weglassen. Immerhin sollte das Kleingedruckte den Rahmen bestehender Gesetze nicht verlassen dürfen. Aber genau das ist es. Man sichert sich durch das Kleingedruckte immer mehr gegen alles ab und nutzt jede erdenkliche Lücke in den Gesetzen. Dann kann man sich später rausreden.
Du weißt gar nicht, was du unterschreibst
Zumindest kann man es versuchen, denn wenn der Kunde, also du, unterschrieben hast, dann warst du einverstanden. Du wusstet nicht, was du unterschreibst, hast es auch nicht gelesen und wurdest immer zur Unterschrift genötigt, aber du hast unterschrieben.
Deshalb muss ein Richter das entscheiden. Sorry, aber wir können den Schaden nicht begleichen, auch wenn du dachtest, du seist versichert. Im Kleingedruckten steht das eindeutig. Auch wenn es nicht eindeutig ist, man kann es so interpretieren.
So zum Beispiel die Versicherungen gegen Betriebsschließungen, die viele gastronomische Unternehmen, Gaststätten, Restaurants, Hotels und Biergärten abgeschlossen hatten. Dann kam die Coronakrise und der Lockdown. Jetzt würde man meinen, dass das genau das ist: eine Betriebsschließung. Den meisten Unternehmern stand der Angstschweiß auf der Stirn. Gut, dass man genau gegen so etwas versichert war. Denkste.
Die, die so dachten, hatten natürlich nicht mit den Tricks der Versicherungsunternehmen gerechnet. Die reden sich nämlich erst einmal raus. Zum einen reiche ein landesweiter Erlass zur Schließung nicht aus. Jeder einzelne Betrieb müsse eine Schließungsanordnung erhalten. Als zweites verlangen einige Versicherer, dass der auslösende Krankheitserreger namentlich im Vertrag erwähnt sein müsse.
Wenn also der Betreiber eines Cafés bei Vertragsabschluss der Versicherung gegen Betriebsschließung gewusst hätte, dass drei, fünf, zehn oder zwanzig Jahre später einmal ein Virus namens Corona Covid-19 ausbrechen würde und das im Vertrag vermerkt wäre, dann würde die Versicherung zahlen.
Ach nee doch nicht, nämlich nur dann, wenn die Behörden dem Café-Besitzer speziell die gesetzliche Anordnung auch noch direkt per individuellem Brief zugestellt hätten.
Ich will das nicht weiter behandeln, du kannst dir selbst ein Bild machen. Es ist nur ein Beispiel, wie wir alle bevormundet und abgezockt werden. Ein Beispiel, wie Unternehmen uns mit Kleingedruckten und allgemeinen Geschäftsbedingungen erpressen und über den Tisch ziehen. Das sahen schließlich auch die Richter des Münchner Landgerichts genauso, die die Versicherung im Oktober 2020 zur Zahlung von 10,1 Millionen Euro Schadenersatz an den klagenden Gastwirt verurteilten.
Die Versicherungsbedingungen seien intransparent, sagte Richterin Susanne Laufenberg. Tausende weitere Klagen sind wohl schon eingereicht.
Über 70.000 solcher Versicherungsverträge wurden wohl abgeschlossen und kein Schaden wurde – bis zum Druck dieses Buchs – gezahlt.
Das zeigt wieder einmal, wie die Multis durch Größe und finanzielle Macht Gesetze verbiegen und uns vor Gericht zwingen. Eine perfide Strategie, die gut funktioniert, weil wir gar keine Mittel haben, um uns vor Gericht zu behaupten. Wie auch.
Wir haben ja unterschrieben. Der Gastwirt hat ja den Namen des Virus nicht gekannt. Wenn er jetzt kein Geld mehr verdient und nicht genug Geld hat, um gegen die Versicherung zu klagen, dann ist er doch selber schuld,