Michaela Hauptmann

Temperamentvoll essen


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selbst als auch bei allen anderen Temperamenten. Der Melancholiker wird in der Kindheit ebenso vom sanguinischen Temperament geprägt wie der Phlegmatiker und der Choleriker.

      Der Melancholiker entwickelte sich aus Sicht der TEM in einer besonders karstigen Region, einer Gegend mit unfruchtbaren, steinigen Böden sowie schlechter Versorgung. Diese Kargheit prägte auch seinen Charakter. So lebt er eher zurückgezogen, ist oftmals ängstlich und leicht enttäuscht. Er neigt zu geizigen Zügen, hängt gern seinen Gedanken nach und wirkt daher verschlossen. Sein Wesen wird bestimmt von Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit. Er ist einfühlsam, hilfsbereit und nimmt Rücksicht auf Schwächere. Kunst und Kultur sind die Dinge, an denen er sich besonders erfreut.

      Optisch ähnelt der Melancholiker dem Choleriker – doch ist er nicht kantig, sondern lang und meist dünn, eher hager und zierlich. Es sind die Faszien und nicht die Muskeln, die einen hohen Tonus aufweisen. Hochgezogene Augenbrauen sind typisch, ebenso ein schwacher Händedruck und eine trockene, durchscheinende Haut.

       Phlegmatiker, der nährende Schleim-Typ

      Der Phlegmatiker ist, abgeleitet von der alten Medizin, der Schleim-Typ. Der Schleim, das Phlegma, steht für Feuchte und Kälte. Phlegma steht für das nährende Prinzip. Es muss bewegt und geformt werden, um zu nähren, und darf nicht erstarren. Phlegma steht für die Feuchte im Bindegewebe, in den Fettzellen, im Knochenmark und Gehirn.

      Zwei Phasen im Leben stehen für das phlegmatische Prinzip: das Säuglings- und Greisenalter.

      • Es beginnt bereits mit der Schwangerschaft – sowohl die Mutter als auch das in ihr heranwachsende Kind sind in einem Phlegma-Hoch. Auch die Stillzeit, die nährende Zeit, ist für beide, Mutter und Säugling, eine besonders phlegmatische Phase.

      • Schließlich der Übergang ins »Greisenalter«. Nun setz dich bitte nieder: In der alten Medizin hat man diesen Übergang bereits ab dem 40. Lebensjahr (!) gesehen. Tja, damals war die Lebenserwartung deutlich niedriger als heute.

      Der Phlegmatiker ist aus Sicht der TEM der Gewinner der Eiszeit. Er ist angepasst an eine Epoche, in der es nur fallweise zu essen gab. Dann aber reichlich. Durch die lange Periode des Fastens – Mammut gab es nicht so häufig – entwickelten sich ein gieriges Verhalten und die Fähigkeit, große Speicher anzulegen. Die beiden Pole Essenspausen und Essenszeiten sind für den Phlegmatiker essenziell. Zu oft wird heute auf die Pausen, das Fasten, vergessen. Das Nahrungsangebot ist einfach zu dominant.

      Die Wesenszüge des Phlegmatikers haben sich manifestiert. Man meint genau zu wissen, wann jemand ein Phlegmatiker ist. Schlägt man das Wort »phlegmatisch« im Duden nach, findet man folgende Bedeutung: »[aufgrund der Veranlagung] nur schwer zu erregen und kaum zu irgendwelchen Aktivitäten zu bewegen; träge, schwerfällig«.

      In der TEM wird der Phlegmatiker als ruhig und gemütlich beschrieben. Er wirkt bedächtig, sachlich und selbstsicher. Nichts wirft ihn so leicht aus der Bahn, er ist nervenstark, stressresistent und anpassungsfähig, dadurch beständig und verlässlich.

      Auch äußerlich kann man den Phlegmatiker, sofern die Merkmale ausgeprägt sind, erkennen. Er hat häufig einen rundlichen, sanften Körperbau, eine große Nase und große Ohren sowie kräftige Ohrläppchen und volle Lippen. Die Wangen sind pausbäckig und die Augenbrauen haben einen kräftigen, wilden Wuchs. Die Hände sind fleischig und füllig.

      Für eine ausführliche Anamnese kennt die TEM einige Zugänge. Betrachtet werden der komplette Körper und seine Ausscheidungen. Die Diagnose von Antlitz, Zunge, Iris, Puls, Urin und Stuhl sind wertvolle Instrumente und bei der Anamnese hilfreich.

      Stuhl, Urin und auch der Körpergeruch werden beschaut und gerochen. Das mag abstoßend, ja eklig klingen. Doch es sagt sehr viel über eine Person aus. Probiere es mal selbst, es muss ja keiner zusehen.

      Auch die Zunge und die Iris, die Regenbogenhaut des Auges, zeigen vieles an. Geübte Diagnostiker können auf einen Blick sehr viel daraus lesen. Auch du.

      Streck dir morgens die Zunge im Spiegel entgegen. Welche Farbe hat sie? Pink, bläulich oder eher weiß? Welche Form hat sie? Ist sie dick und geschwollen oder dünn und spitz? Weist sie Abdrücke der Zähne auf? Welche Oberfläche hat sie? Ist sie eher feucht, trocken, rissig, oder hat sie einen Belag?

      Denk beim Zungezeigen an die Qualitätenmischungen: feucht & warm, warm & trocken, trocken & kalt sowie kalt & feucht. Mit diesem Hintergrundwissen kannst du schon mal deine eigene Zunge über einen längeren Zeitraum gut beobachten. Notiere am besten täglich, was du beobachtest. Mach täglich ein Foto deiner Zunge mit dem Handy, immer zur gleichen Zeit. Für einen besseren Anhaltspunkt notiere auch markante Dinge deiner Ernährung und deines Lebensstils.

      Auch die Pulsdiagnose kennt man in der TEM. Dabei wird nicht die Herz-Kreislauf-Frequenz abgefragt, wie du das vom Sport kennst. Die TEM-Pulsdiagnose gewährt einen Blick auf den Lebensgeist »Spiritus vitalis« und zeichnet ein energetisch-rhythmisches Bild. Man hat dafür auch bildhafte Symboliken gefunden. Es gibt das Schema eines Delfins, eines Leoparden, einer Schlange, eines Schwans und einiger anderer Tiere.

      Mach dir beim Erforschen deines Temperaments nicht allzu viel Stress. Alles braucht seine Zeit. Je mehr du dich mit den Qualitätenmischungen – feucht & warm, warm & trocken, trocken & kalt sowie kalt & feucht – auseinandersetzt, umso mehr wirst du es spüren und dadurch deinen Weg finden.

      Rieche, schaue, höre, schmecke, fühle. Prüfe mit Bedacht. Dann wirst du schließlich herausfinden, was für dich am besten ist. Du wirst erfahren, was du benötigst.

      Für die ganz Eiligen gibt es auch Fragebögen, um das eigene Temperament zu eruieren – einen solchen findest du im Kapitel »Fragen … und TEMperamentvolle Antworten«. Doch Fragebögen allein zeigen dir nicht unbedingt dein wahres Grundtemperament an. Du füllst sie jeweils in einer bestimmten Lebenssituation und Stimmung aus, daher bleiben sie immer nur eine Momentaufnahme deines Temperaments.

      Bei groben Unklarheiten, Symptomen und im Erkrankungsfall ist eine Komplettanamnese bei einem TEM-Arzt oder bei einem Arzt deines Vertrauens sinnvoll und angebracht.

       Die Temperamente auf einen Blick

      In der Temperamentenlehre lassen sich Symptome, Farben, Funktionskreise, Tages-, Jahres- und Lebenszeiten, Elemente, Planeten und vieles mehr festhalten. Seit der Antike wird an und mit diesem System laufend gearbeitet, und es wird immer wieder evaluiert.

      Hier sind markante Aspekte der Temperamentenlehre in einer Tabelle für dich zusammengefasst.

Temperament Sanguiniker Choleriker Melancholiker Phlegmatiker
Qualitäten-Mischung feucht und warm warm und trocken trocken und kalt kalt und feucht
Humores Sanguis/Blut Chole (Cholera) Gelbgalle Melanchole (Melancholera)/ Schwarzgalle Phlegma/​Schleim
Farbe rot