Wärme und Trockenheit. Vergleiche es mit einem einfachen Beispiel: Der Griff ins Feuer, auf eine heiße Herdplatte oder ein Sonnenbrand nach einem unkontrollierten Sonnenbad – zuerst ist es heiß und dann wirkt es trocknend. Probiere das aber bitte nicht aus, glaube es einfach! Man muss nicht direkt ins Feuer greifen, um die Dynamik zu erkennen. Feuer bewegt, verändert und verformt Substanz – bis zur Auflösung. Vor allem feuchte Substanz wie Wasser wird verändert. Das Element Feuer steht für den Lebensfunken, die Vitalität.
Das Element Erde, ein beständiges Prinzip
Der trockene und kalte Waldboden vermittelt das Gefühl für dieses Element am besten. Ein Spaziergang durch den Wald, sei es einfach nur so, aus Lust und Laune, oder um Pilze, Kräuter, Beeren oder Holz zu sammeln: Nach einer Weile kehrt das Gefühl des »Beisich-Seins« ein, ein geerdetes Gefühl – man kann plötzlich klar und strukturiert denken. Probleme sind auf einmal ganz klein. Das Element Erde vermittelt uns ein Gefühl der Ordnung. Es stützt uns, gibt Sicherheit und Struktur, Stabilität. Doch der Wald benötigt auch Feuchte und Wärme. Eine Waldlichtung – wunderbar. Die Sonnenstrahlen erwärmen und geben Kraft. Ein kleines Bächlein, Morgentau – Feuchtigkeit gibt dem Nährboden Substanz. So lebt das Element Erde. Eine kleine Dosis macht sehr viel aus. Zeitversetzt und bedächtig.
Das Element Wasser, ein nährendes Prinzip
Die Kräfte des Wasserelements sind kühlend und befeuchtend. Der Sprung in einen See wird zuallererst als kalt und dann erst als nass wahrgenommen. Und dafür musst du gar nicht hineinspringen. Denk an einen klaren Bergsee, in den du einen Fuß hineinstreckst. Oooohh, das ist kalt. Genau, und erst später merkst du die Nässe. Das Element Wasser will belebt werden. Ohne Antrieb von außen ist es passiv, regelrecht träge – man könnte auch beständig sagen. Doch wenn es durch Feuer, durch Wärme bewegt wird, ist es schnell und aktiv. In der Feuchtigkeit des Elements Wasser steckt Leben, sehr viel Leben. Leben entsteht aus Wasser. Doch Obacht, nimmt das Feuer überhand, kann das Element Wasser auch verbrannt werden – sofern Erde und Luft nicht ausgleichen können.
Die Elemente, auch wenn man sie einzeln betrachtet, sind in einer innigen Lebensgemeinschaft – so könnte man es nennen. Das eine braucht das andere und umgekehrt, um den Kreislauf des Lebens aufrechtzuerhalten. Jedes Element sorgt dafür, extreme Eigenschaften anderer Elemente zu dämpfen und auszugleichen. Diese Eigenschaft bezeichnet man als Temperatio. Vom Lateinischen übersetzt bedeutet das »richtige Mischung«. Besser beschreibt es die Bedeutung als »richtiger Zustand« oder »ordnendes Prinzip«. Denn es entsteht keinesfalls eine Vermischung der Qualitäten, sondern ein ausgeglichenes System.
Die Elemente übernehmen immer eine Qualität des vorangegangenen Elements als dominierende Qualität, und so entsteht ein Kreislauf der Elemente:
• Das feuchte und warme Element Luft hat die Feuchtigkeit des Elements Wasser übernommen.
• Das warme und trockene Element Feuer hat die Wärme des Elements Luft übernommen.
• Das trockene und kalte Element Erde hat die Trockenheit des Elements Feuer übernommen.
• Das kalte und feuchte Element Wasser hat die Kälte des Elements Erde übernommen.
Und gegenläufig beeinflussen sich die Elemente natürlich ebenso:
• Wenn das Element Luft Wärme abgibt, nähert es sich dem Element Wasser. Es wird kälter.
• Wenn das Element Wasser Feuchtigkeit abgibt, nähert es sich dem Element Erde. Es wird trockener.
• Wenn das Element Erde Kälte abgibt, nähert es sich dem Element Feuer. Es wird wärmer.
• Wenn das Element Feuer Trockenheit abgibt, nähert es sich dem Element Luft. Es wird feuchter.
Nutzt man die volle Kraft der Qualitäten-Mischung, beeinflussen sich die Elemente kreuzweise:
• Das Element Luft befeuchtet und erwärmt das Element Erde.
• Das Element Feuer wärmt und trocknet das Element Wasser.
• Das Element Erde trocknet und kühlt das Element Luft.
• Das Element Wasser kühlt und befeuchtet das Element Feuer.
Die kreuzweise Beeinflussung der Elemente nutzen wir in der Vier-Temperamente-Küche, doch dazu später mehr.
Sonne, Mond und die Planeten
Die vier Primärqualitäten warm, kalt, feucht und trocken beschreiben nicht nur Energie und Materie, sondern auch Sonne und Mond.
Du fragst dich sicherlich, was auf einmal Sonne und Mond in diesem Kontext zu suchen haben. Nun, dies beruht auf einer Geschichte über die Kosmologie der Germanen. Sie erzählt von einem Geschwisterpaar, das mit Sonne und Mond verglichen wird. Die Götter trennten sie und setzten sie in den Himmel. Ab sofort konnten sie einander nicht mehr erreichen. Durch den Wunsch sich wiederzusehen und den immer wiederkehrenden Versuch sich zu treffen, entstanden Tag und Nacht. Eis und Feuer. Sommer und Winter.
Erst durch diesen sehnlichen Wunsch, sich einander zu nähern, sich wiederzusehen – der ganz dem Aspekt der Polaritätenlehre entspricht –, dem Wunsch nach Gesamtheit und Einheit, entsteht ein Zyklus. Ein Zyklus, der Leben hervorbringt, der Wachstum, Reife und Ernte ermöglicht.
Und da es den beiden Geschwistern ergeht wie Ur-Feuer und Ur-Eis, die sich auch nie begegnen und in stetiger Spannung zueinander stehen, werden beide Urkräfte auf Basis dieser Metapher auch Sonne und Mond zugeordnet.
• Mond – das Ur-Eis entspricht dem lunaren Prinzip
• Sonne – das Ur-Feuer entspricht dem solaren Prinzip
MOND – das lunare Prinzip | SONNE – das solare Prinzip |
Eis, Wasser | Feuer, Hitze |
Materie, Struktur | Energie |
Weibliches Prinzip | Männliches Prinzip |
Nacht | Tag |
Winterhalbjahr | Sommerhalbjahr |
Kalt | Warm |
Feucht | Trocken |
Neben Sonne und Mond sind auch die anderen Planeten in der Traditionellen Europäischen Medizin immer wiederkehrende Symbole. Die Planetenlehre ist ein eigener Anker für die TEM. Pflanzen wurden in ihrer Wirkung den Planeten zugeordnet. Naturvölker, Philosophen, Astrologen und naturheilkundige Menschen beschäftigt diese Materie seit Tausenden von Jahren. Daher denke ich, dass es gut zu wissen ist, dass die Betrachtung der Planeten im Wechselspiel mit der Natur sinnvoll ist und oftmals Rückschlüsse auf Wirkungsweisen gibt. Die Planeten haben einen festen Platz in der TEM, ich möchte dieses Thema hier aber nicht überstrapazieren.
Organisierende Kraft … Spiritus | Seele
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Organisation