Michaela Hauptmann

Temperamentvoll essen


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an »Ötzi«, der bekanntesten und am besten erforschten Eismumie, zeigen, dass die Ursprünge der europäischen Medizin noch weiter zurückliegen als vermutet. Man fand heraus, dass sich »Ötzi« einer Schmerztherapie unterzogen hatte. Die Lage seiner Tätowierungsmale weisen auf Beschwerden mit dem Rücken, der Galle und der Leber hin. Die Behandlungsmethoden basieren auf einer Energielehre, die mehr als 5000 Jahre zurückreicht.

      Schriftliche Aufzeichnungen belegen, dass die TEM seit mehr als 3000 Jahren in der Gesundheitspflege gelebt und stetig weiterentwickelt wird. Bekannte Vertreter und Weiterentwickler der TEM sind: Avicenna, Hildegard von Bingen mit ihren Schriften und Überlieferungen, aber auch der Arzt und Philosoph Paracelsus, Samuel Hahnemann (Begründer der Homöopathie), Rudolf Steiner (Begründer der Anthroposophie) und Pfarrer Sebastian Kneipp (Begründer der fünf Säulen der Gesundheit: Kräuter, Bewegung, Wasser, Ernährung, Lebensordnung).

      Erst der medizinische Umbruch im 19. Jahrhundert – die Zellularpathologie, die Krankheitslehre, nach der Krankheiten auf Störungen der Körperzellen und ihrer Funktionen basieren – beendete die Ära der TEM als universitäre Medizin.

      Wir leben und arbeiten heute in einem ganz anderen Rhythmus als noch die Generation vor uns. Nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung ist manuell so schwer gefordert wie einst unsere Großeltern und Urgroßeltern. Maschinen, Computer, Tablets, Handys & Co. erleichtern uns die Arbeit – erschweren sie allerdings in anderen Bereichen und bringen neue Herausforderungen mit sich.

      Die Arbeitswelt hat sich massiv verändert. Dies bedingt auch einen veränderten Lebensstil. Ernährung und Bewegung sind nicht mehr unmittelbar miteinander verknüpft. Wir jagen definitiv keinem Mammut mehr hinterher oder flüchten vor wilden Raubtieren. Und trotzdem haben wir diese Prozesse tief in uns abgespeichert – in Stresssituationen zeigt sich das eindeutig.

      Trotz der geänderten Lebenssituation sind viele Anwendungen, Ernährungsgewohnheiten und Rezepte der Volksmedizin und Naturheilkunde weiterhin beliebt. Sie erden, unterstützen, helfen. Sie werden von Generation zu Generation weitergegeben. Traditionelles wird auf heutige Lebensumstände angepasst. Ganz mit dem Gedanken: Altes mit Neuem verbinden.

      Betrachten wir die TEM also als Unterstützung und Basis zur temperamentvollen Gesunderhaltung, zu der jeder seinen eigenen Beitrag leisten kann. Auch du!

      Ziel der TEM-Diätetik ist es, die individuelle Konstitution zu stärken, Dysbalancen auszugleichen und die Selbstregeneration des Körpers zu aktivieren. Die TEM betrachtet dich mit deinem ureigenen Grundtemperament, deiner Konstitution und Gedankenwelt niemals isoliert, sondern immer in Zusammenschau mit deinen Lebensumständen sowie im Wechselspiel von Jahreszeit, Umwelt, Klima und Lebensphase.

      Wie oft hören wir das, wenn unser inneres Ich sagt: »Du sollst gesünder leben, gesünder essen, Sport betreiben. Raus an die frische Luft.« Und, und, und …

      Aber was versteht man unter »gesund«? Eine wirklich gute Frage! Nicht einfach und nicht eindeutig zu beantworten. Ist Salat gesund? Obst, Gemüse, Fleisch, Fisch, Fett, Eier, Milch oder Käse? Wein, Wasser oder Bier? Sauerkraut? Braucht es Bewegung? Sport? Meditation? Oder bloß Ruhe?

      Pfarrer Sebastian Kneipp, ein wesentlicher Weiterentwickler der TEM, hat 1895 in einem öffentlichen Vortrag seinen Zuhörern Folgendes mit auf den Weg gegeben: »Wer gesund leben will und sein Dasein weise genießen will, der muss vor allem geregelt leben – arbeiten, einen Lebenszweck haben. Er muss sich vernünftig ernähren, nicht nur, was die Wahl der Speisen betrifft, sondern auch, was die Zeit des Essens angeht. Er muss Luft und Bewegung suchen, die gehören zu einem guten Gedeihen so notwendig wie die Nahrung selber.« Abhängig von der Tageszeit, Jahreszeit, ob du jung bist oder schon einige Jugendjahre lebst – die Ernährung und auch die Lebensweise gilt es immer anzupassen. Gerade weil sich vieles in der Arbeitswelt, im Alltag geändert hat. Passt das zu dir? Kannst du damit gut leben?

      Dein Alltag hat wesentlichen Einfluss darauf, was »gesund« für dich ist. Wie du siehst, habe ich das Wort »gesund« mit Anführungsstrichen versehen. Denn es ist nicht möglich, eine grundlegende Aussage zu machen, was »gesund« ist – auch wenn es jede Menge Dos and Don’ts gibt. Mal heißt es, Kohlenhydrate seien böse, dann hört man, Fleisch sei ungesund oder nur Rohkost das Wahre. All diese Ernährungsratschläge sind einseitig. Wenn jemand damit gute Erfahrungen gemacht hat, heißt das noch lange nicht, dass auch du damit gute Erfahrungen machen wirst. Und genau deshalb ist mir die Diätetik der TEM so wichtig und wertvoll.

      Die TEM will dich unterstützen, deinen Weg zu finden und zu gehen. Dieses Buch ist gespickt mit vielen kleinen Geschichten aus dem Alltag. Mit Ideen, Vorschlägen und Rezepten. Immer vor dem Hintergrund der Traditionellen Europäischen Medizin. Das Buch soll dir ein klares Bild über deine ganz spezielle gesunde Ernährung und Lebensweise verschaffen.

       Deine erste TEM-Therapeutin: deine Mutter

      Bei allem wissenschaftlichen und medizinischen Hintergrund gibt es eine Person, eine Frau, die uns alle am meisten prägt. Sie ist die, die uns von Beginn an versorgt, umsorgt, ernährt und bekocht: Mutter, Mama oder wie immer du sie auch nennen magst. Du hast ihre Gene, und ihr Mikrobiom war dein erstes. Sie ist daher ohne Frage, ohne jeden Zweifel deine erste Therapeutin.

      Das Wissen von Müttern ist nicht zu unterschätzen. Deine Mutter kennt dich am besten und weiß, was dir guttut, was dich nährt, wachsen und gedeihen lässt – rein intuitiv und mit dem Wissen, das über Generationen weitergegeben und individuell für dich angepasst wurde. Sei es der Schrei nach sauberen Windeln, das Quengeln aufgrund von Hunger, Durst, nach Wärme, der erste Zahn, der erste Liebeskummer. Seit jeher wird vor allem gesundheitliches Wissen, Wissen des Alltags für Körper, Geist und Seele, von Frauen weitergegeben. Frauen repräsentieren das nährende Prinzip – das weibliche Prinzip. Und das füge ich hier als besonders positiven Aspekt ein: Frauen, besonders Mütter, waren geachtet, ihr Wissen und ihre Erfahrung wurden sehr geschätzt. Sie waren es, die die Familie versorgten und gesund erhielten. Und gerade deswegen ist die Emanzipation notwendig und wichtig, um den Wert der Frau in der heutigen Gesellschaft zu festigen, das Wissen zu erhalten und weiterzugeben. Was nicht bedeutet, dass Männer nicht ebenso sorgsam und achtsam sein können. Doch es ist ein tief verankertes weibliches Prinzip, sich zu sorgen. Zu versorgen. Zu pflegen. Zu behüten. Zu beschützen.

      ……………

      Gegensätze ziehen sich an, sagt man. Ob dem wirklich so ist? Oder liebst du eher die Harmonie? Ja, eigentlich ist es sehr schön, wenn alles im Lot ist, doch dann bewegt sich meist nichts. Keine Veränderung. Stillstand. Ich freue mich – meist – über Input. So ein Schubser von außen, von anderen – auch oder gerade dann, wenn er provokant gesetzt ist. Das reizt mich. Bringt mich zum Nachdenken. Ins Tun. Und gibt einfach Schwung.

      Die Temperaturen sind für die TEM ein wesentlicher Faktor: sie beeinflussen unsere Jahreszeiten, den Tag und somit schlussendlich auch uns – dich und die Menschen rund um dich.

      Die Temperamentenlehre – hier steckt das Wort Temperatur schon drinnen – baut auch auf Temperatur auf. Nun, was bedeutet Temperatur? Was hat das mit Ernährung nach der Traditionellen Europäischen Medizin zu tun?

      Die Ernährung der TEM ist eine bewegte Ernährung. Du benötigst je nach körperlicher Verfassung zu unterschiedlichen Tageszeiten, im Jahresverlauf und abhängig davon, wie alt du bist, unterschiedliche Ernährung. Dein Essen tut dir gut, wenn es mal etwas kühler und mal etwas wärmer ist.

      Bevor