ansteckenden Krankheiten zu vermeiden, kann man heute lernen, Stress rechtzeitig zu erkennen und besser mit ihm umzugehen. Und genau das wollen wir Ihnen in diesem Buch schmackhaft machen.
Wie wollen wir das angehen? Wir möchten zunächst einmal darauf aufmerksam machen, welche Stresswarnsignale es gibt, die Ihnen zeigen, dass Sie unter Stress stehen. Wussten Sie zum Beispiel, dass nicht nur der allseits bekannte Bluthochdruck, Zähneknirschen oder Schlafstörungen ein Zeichen von Stress sind, sondern z.B. auch Konzentrations- oder Gedächtnisstörungen, Humorlosigkeit, Entscheidungsschwäche oder Interesselosigkeit? Im nächsten Schritt möchten wir Sie damit vertraut machen, wie Sie stressauslösende Faktoren, wie z.B. bestimmte Verhaltensmuster, selbst reduzieren können – und, als Gegengewicht, stressreduzierende, ausgleichende und aufbauende Verhaltensweisen in Ihr Leben integrieren. Und schließlich möchten wir Ihnen zeigen, wie Sie nicht nur in der realen Welt, sondern auch in ihren Gedanken besser mit Stress umgehen. Konkret: wie Sie Gedanken, die Stress erzeugen, erkennen und letztlich umstrukturieren. Genau die Gedanken also, mit denen wir uns selbst das Leben schwer machen und den Blutdruck in die Höhe treiben.
All dies ist kein Zauberwerk. Es sind viele kleine Schritte, die dabei helfen, vom ersten Tag einer aktiven Stressbewältigung an das Leben (wieder) zu erleichtern.
Das Institut für Mind-Body-Medizin hat ein Programm entwickelt, in dem Stressmanagement in acht Schritten erlernt werden kann. Dieses Programm wird schon seit über 10 Jahren erfolgreich in Form eines Kurses vermittelt, soll aber nun mit diesem Manual auf vielfache Anfrage einen breiteren Leserkreis finden. Aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen haben erneut die Wirksamkeit jenes Ansatzes belegt. Vorbild ist dabei das vor über 20 Jahren eingeführte und seitdem umfassend wissenschaftlich evaluierte Programm zur Mind-Body-Medizin der Harvard Medical School (Prof. Dr. H. Benson), ergänzt durch Elemente der Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) von Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn, das heute in vielen Ländern erfolgreich angewandt wird. So wird dieser Ansatz auch Mind-Body Medical Stress Reduction (MBMSR) genannt.
Das Buch vermittelt praktische Fertigkeiten zur Stärkung der eigenen Gesundheit, der Selbstfürsorge und zum Aufbau eines wirksamen Selbstmanagements. Es ist wie ein Seminar aufgebaut, welches nachweislich die Stressresistenz stärkt sowie Selbstwirksamkeit und Eigenkompetenz erhöht. Im Mittelpunkt stehen dabei die vier zentralen Säulen der Stressbewältigung:
gesundes und stressreduzierendes Verhalten (Behavior),
ausreichend Bewegung (Exercise),
reguläre innere Einkehr und Entspannung (Relaxation) und
gesunde Ernährung (Nutrition).
Diese vier Säulen beziehen sich wohlgemerkt auf den Alltag. Das bedeutet, dass der Leser bzw. Teilnehmer zwar auch Einblicke in die theoretischen Zusammenhänge und wissenschaftlichen Hintergründe der MBMSR bekommt, die Module aber sehr praxisnah und alltagstauglich aufgebaut sind. Weitere Elemente sind soziale Unterstützung sowie Aspekte von Glauben und Zutrauen. Alle Säulen werden durchdrungen von einem gemeinsamen Prinzip, dem der Achtsamkeit. Dieses ist sozusagen das Bindeglied oder auch die Basis, auf der die verschiedenen Säulen fußen. Aus den Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe – das Manual hat amerikanische Wurzeln – ist im deutschsprachigen Raum das Schlagwort „BERN“ bzw. das „BERN-Konzept“ geworden (s. Abb. 1). Unter diesem Begriff bzw. dem konkreten Kurstitel „Gesund im Stress“ ist das zugrundeliegende Kursprogramm auch von den Krankenkassen anerkannt und wird somit im Rahmen der gesetzlichen Primärprävention gefördert (unter den üblichen Voraussetzungen).
Ansatzpunkt dieses Manuals ist einerseits die Befähigung zur ganzheitlichen Gesundheitsberatung im professionellen Kontext, andererseits stellt das Buch ein vollständiges Basis-Curriculum zum Selbststudium für Kursteilnehmer, interessierte Laien und auch für Gesundheitsfachkräfte selbst dar.
Damit richtet sich dieses Buch an all diejenigen, die Lust darauf haben, stressfreier zu leben und die ein systematisches, nachvollziehbares Konzept mit überschaubaren, aufeinander abgestimmten Bausteinen suchen, die einfach im modernen Alltag umzusetzen sind. So nimmt der Praxisteil in diesem Manual auch einen besonders großen Raum ein.
Was wir uns wünschen, ist natürlich, dass Sie das Manual von der ersten bis zur letzten Seite engagiert und aktiv durcharbeiten – und sicherlich haben Sie davon auch den meisten Gewinn. Nichtsdestotrotz sind wir davon überzeugt, dass für jeden Leser „etwas dabei“ ist, eine Übung, ein Impuls, eine Anregung, die allein für sich das Leben bereits entspannter und Sie selbst gelassener macht.
Vielleicht sind Sie jetzt schon mehrfach über Begriffe wie Mind-Body-Medizin und Integrative Gesundheitsförderung gestolpert. Lassen Sie uns auch diese Begrifflichkeiten kurz erläutern.
Die Mind-Body-Medizin kommt aus den USA (genauer: sie wurde an der Harvard Medical School ab den 1970er-Jahren entwickelt und hat sich dann über das ganze Land ausgebreitet) und ist dort mittlerweile im Gesundheitswesen fest etabliert. Dabei geht es darum, den Körper bzw. die individuellen mentalen Fähigkeiten eigenverantwortlich für eine bessere Gesundheit einzusetzen, d.h. Geist und Körper kommen mithin als primäre therapeutische Instrumente zum Einsatz. Die National Institutes of Health (NIH, das amerikanische Gesundheitsministerium) widmen ihr gar eine eigene Abteilung und eine offizielle Definition. Danach wird die Mind-Body-Medizin als eine Medizin verstanden, die auf die Interaktionen und Beziehungen zwischen Gehirn, Geist, Körper und dem Verhalten abzielt sowie auf effektive Mittel und Wege, mit denen emotionale, mentale, soziale, spirituelle und behaviorale (verhaltensbezogene) Faktoren direkten Einfluss auf die Gesundheit nehmen können. Sie ist streng wissenschaftlich untersucht und keinesfalls „esoterisch“ oder „alternativ“. Prof. Dr. Herbert Benson, selbst Kardiologe an der Harvard Medical School, sprach von der Mind-Body-Medizin immer als dritter Säule bzw. als drittem Stuhlbein (eines dreibeinigen Stuhls) im Gesundheitswesen – gleichberechtigt, aber gerade eben nicht alternativ, zu den medikamentösen Ansätzen (gemeint ist das, was der Patient vom Arzt oder Therapeuten zum Einnehmen bekommt, auch ggf. pflanzliche Präparate, Homöopathika o.ä.) oder zu den medizinischen Prozeduren (das, was Arzt, Therapeut oder Behandelnde mit dem Patienten unternehmen, wie beispielsweise eine Operation, Akupunktur oder Körpertherapie). Sie fokussiert auf das Gesunde, auf das, was geht, nicht auf das, was nicht (mehr) geht. Es geht um Potenziale, um Selbstheilungsressourcen und um Selbsthilfe. Wissenschaftlich wird heute häufig von Selbstmanagement und Selbstregulation, neurobiologisch gar von Autoregulation gesprochen. Das erinnert in Teilen sehr an Ansätze unserer europäischen klassischen Naturheilkunde. Und nicht zuletzt daher wird die Mind-Body-Medizin heute häufig zur Naturheilkunde und Komplementärmedizin oder zur Integrativen Medizin gerechnet.
Abb. 1 Säulen der Stressbewältigung – das BERN-Konzept
Integrative Medizin ist eine Herangehensweise an Gesundheit und Heilung, bei welcher der Patient mit individuell zugeschnittenen Programmen für Gesundheit und Wohlbefinden versorgt wird – Gesundheitsprogramme, die so konzipiert sind, dass sie Barrieren und Hindernisse im Heilungsprozess adressieren und den Patienten mit Wissen, Fähigkeiten und Unterstützung ausstatten, damit er besser auf seine körperliche, emotionale, psychologische und spirituelle Gesundheit achtgeben kann. Sie ist, laut Definition, eine hoch-effektive Kombination unterschiedlicher Ansätze und Behandlungsmethoden und basiert auf evidenzbasierter Praxis – aber ist nicht darauf limitiert. Will sagen: Sie hat eine wissenschaftliche Basis.
Wir wollen an dieser Stelle keinen akademischen Diskurs darüber führen, was denn mögliche Unterschiede zwischen Naturheilkunde, Komplementärmedizin, Integrativer Medizin,