Patricia Vandenberg

Sophienlust Paket 3 – Familienroman


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Frau zu stellen, aber ich würde so gern wissen, ob die gnädige Frau wiederkommt.«

      »Wir lassen uns scheiden«, entgegnete Clemens mit finsterem Gesicht.

      »Sie lassen sich scheiden?«, wiederholte Marianne erschüttert. »Das ist sehr traurig für das Kind.«

      Clemens erwiderte nichts darauf, sondern sagte nur: »Ich fahre jetzt los. Besorgen Sie auf alle Fälle alles, was Oliver benötigt. Kaufen Sie auch Süßigkeiten und ein hübsches Stofftier.« Er drückte ihr einen größeren Geldschein in die Hand.

      Traurig blickte Marianne ihm nach. Es ist schon manchmal ein Kreuz auf der Welt, dachte sie aufseufzend und ging dann in Olivers Zimmer, um alles für die Ankunft des Jungen vorzubereiten.

      Clemens fiel es schwer, sich auf das Fahren zu konzentrieren. Er fuhr auch viel zu schnell. Aber er wollte die ganze unleidliche Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringen.

      Als er von der Autobahn abbog, bewegten ihn die zwiespältigsten Gefühle. Er würde nun, nach so vielen einsamen Wochen, Gesa wiedersehen. Würde er auch die Kraft aufbringen, in seinen Entschlüssen hart zu bleiben? Er durfte nicht nachgeben.

      *

      Gesa spielte mit Oliver auf dem Kinderspielplatz. Heidi und Vicky waren ebenfalls anwesend. Andreas war mit den anderen Kindern zu den Koppeln gelaufen. Er hatte alle Aufregungen und auch die Magenverstimmung inzwischen gut überstanden.

      Oliver hatte plötzlich keine Lust mehr, Sandkuchen zu backen. »Mutti, ich möchte auch zu den Pferden«, erklärte er.

      »Ich auch«, schloss sich Heidi seiner Bitte an.

      »Dann kommt.« Gesa wischte den Sand von den Kinderhänden und führte die Kinder an der Hand. Seit dem frühen Morgen war sie von einer quälenden Unruhe befallen. Sie wusste, dass Clemens ein Mann von schnellen Entschlüssen war. Vermutlich würde er noch an diesem Tag nach Sophienlust kommen.

      Deshalb war Gesa auch nicht einmal überrascht, als Oliver sich plötzlich von ihrer Hand losriss und rief: »Mutti, Mutti, sieh doch! Das ist Vatis Auto!« Ehe sie ihn zurückhalten konnte, lief der Junge davon.

      Gesa blieb wie angewurzelt stehen. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Am liebsten hätte sie die Flucht ergriffen. Aber sie wusste, dass sie ihrem Schicksal nicht entrinnen konnte.

      Gesa stand noch immer an derselben Stelle, als Clemens mit Oliver an der Hand aus dem Haus kam.

      »Mutti, da ist Vati.«

      Olivers Augen leuchteten so glücklich, dass Clemens sich grausam vorkam, weil er die Absicht hatte, das Kind von seiner Mutter zu trennen.

      »Oliver, ich muss mit Mutti allein sprechen«, erklärte er.

      »Komm, Oliver, wir suchen nach den anderen«, forderte Heidi den Jungen auf.

      Nur widerstrebend folgte Oliver seiner kleinen Freundin. Dann aber dachte er an Andreas. Ihm wollte er sofort von seinem großen Glück erzählen. Nun war er ganz sicher, dass Andreas für immer mit ihm beisammenbleiben würde.

      *

      Gesa und Clemens standen einander gegenüber. Beide waren noch zu erregt, um etwas sagen zu können. Fast war Gesa sicher, dass Clemens sich anders besonnen und ihr verziehen hatte. Aber schon wurde sie eines Besseren belehrt.

      Kalt sagte Clemens: »Guten Tag, Gesa. Es ist für mich keine angenehme Überraschung, dich hier zu sehen.«

      »Guten Tag, Clemens.« Gesas Lippen bebten, als sie hinzufügte: »Warum quälst du mich so?«

      »Weil es unverantwortlich ist, dass du nach Oliver gesucht hast.« Während er sie anklagte, konnte er aber nur denken: Wie schön sie ist. Ich liebe sie mehr denn je.

      Schwester Regine erschien oben auf der Freitreppe. »Frau Wendt, Sie werden am Telefon verlangt!«, rief sie. »Dr. Hoffmann möchte Sie sprechen.«

      Gesa zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Dann rief sie zurück: »Bitte, bestellen Sie ihm Grüße und richten Sie ihm aus, dass ich später zurückrufen werde.«

      »Gut, Frau Wendt.« Die Kinderschwester verschwand wieder im Haus, und Gesa und Clemens waren von neuem allein.

      »Wohl ein neuer Verehrer von dir?«, höhnte Clemens. Seine sentimentale Regung war vorbei. »Wie gesagt, ist es brutal von dir, Oliver in neue seelische Konflikte zu stürzen.«

      Gesa riss sich zusammen. Dass Martin ausgerechnet jetzt hatte anrufen müssen, war Pech, dachte sie. Doch zugleich fühlte sie sich bedeutend sicherer in dem Bewusstsein, in dem Arzt einen wirklichen Freund gefunden zu haben.

      »Es war Zufall, dass ich hierhergekommen bin. Ich war wie vor den Kopf geschlagen, als ich Oliver hier fand, aber ich war auch sehr glücklich, ihn endlich wiederzusehen.«

      »Zufall? Das nehme ich dir nicht ab.«

      »Es war wirklich Zufall, Clemens. Warum bist du nur so hässlich zu mir?« Ihre schönen Augen schwammen in Tränen. »Ich habe erfahren, dass Andreas hier ist.«

      »Andreas?«

      »Andreas Hasler ist mein Sohn.«

      »Andreas ist dein Sohn?« Clemens glaubte, einen wüsten Traum zu haben. »Aber so etwas gibt es doch gar nicht. Die beiden Kindern hängen wie Kletten aneinander und …«

      »Ich habe zuerst auch geglaubt, dass es einen solchen Zufall nicht geben kann. Aber es ist wirklich so.« Mit leiser Stimme erzählte sie ihm, wie sie nach Sophienlust gekommen war.

      Clemens brauchte lange, um sich zu fassen. Während des Gesprächs waren sie tiefer in den Park hineingegangen und standen nun vor dem Springbrunnen. Die sprudelnde Fontäne schillerte in allen Regenbogenfarben. Aber Gesa hatte keinen Blick dafür. Sie hatte das Gefühl, dass ihre Füße sie keinen Schritt mehr tragen könnten. Erschöpft sank sie auf die Steinbank.

      Clemens blieb stehen. Er blickte auf Gesa herab. »Dann hast du ja Andreas. Oliver aber gehört mir.«

      »Clemens, bitte, verzeih mir«, bat sie wieder und blickte zu ihm empor. Tränen lösten sich von ihren Wimpern.

      Abrupt drehte er sich um und trat an das Becken des Springbrunnens.

      Gesa presste ihre Handflächen erregt gegeneinander, als sie ihn beobachtete. Er stand nun mit dem Rücken zu ihr. In seinem blonden Haar spielte das Sonnenlicht und ließ es rötlich schimmern. Ihr Herz krampfte sich vor Liebe zusammen. Mit jeder Faser ihres Körpers sehnte sie sich nach ihm, wünschte sich, für immer bei ihm bleiben zu können. »Clemens …«

      »Ich kann dir nicht verzeihen.« Er wandte sich ihr wieder zu. »Ich lasse mich scheiden. Und ich werde Oliver behalten.«

      »Du bist grausam, Clemens. Denk’ doch an das Kind. Wie schön könnte die Zukunft für uns sein. Für uns vier. Oliver hätte einen Bruder.«

      »Nein. Oliver ist noch sehr klein. Er wird dich bald vergessen haben. Wärst du nicht hierhergekommen, wäre das schon früher geschehen. Um weitere solche Zufälle zu verhindern, nehme ich Oliver heute mit nach Hause.«

      »Clemens, das kannst du ihm nicht antun«, flehte Gesa verzweifelt. »Was du vorhast, ist reiner Egoismus. Das ist keine Liebe«, warf sie ihm vor. »Oliver liebt mich. Ich bin seine Mutter. Er ist noch in dem zarten Alter, in dem er eine Mutter braucht.«

      »Das alles ist nur Gerede.« Clemens bohrte seine Hände in die Hosentaschen und ballte sie dort zu Fäusten. Er verstand sich selbst nicht mehr. Gesa hatte ja recht, aber wenn er jetzt nachgab, würde er auch Oliver verlieren.

      »Clemens, dann lass mir den Jungen wenigstens so lange, bis er dem Kleinkindalter entwachsen ist.«

      »Nein. Ich nehme ihn mit nach München. Ich werde dafür sorgen, dass du ihn vorläufig nicht wiedersiehst. Das ist mein letztes Wort.« Er wandte sich um und ließ sie allein.

      Gesa war wie betäubt. Bewegungslos blieb sie sitzen. So bemerkte sie auch Oliver nicht, der plötzlich davonrannte.

      Der