Patricia Vandenberg

Dr. Norden Staffel 4 – Arztroman


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für diesen Abend endgültig verabschiedete.

      Wie vom Donner gerührt stand Tatjana in der Backstube und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Ihr verzweifelter Blick hing an der Torte. Der Torte, die sie doch extra für Danny gebacken hatte, um sich bei ihm zu entschuldigen. Und von der nun ein Stück fehlte.

      »Genauso, wie der Kuchen nicht mehr ganz ist, geht es mir, wenn du nicht bei mir bist.« Samten klang Dannys Stimme an ihr Ohr.

      Tatjana war so verzweifelt gewesen, dass sie nicht gehört hatte, wie er hinter sie getreten war. Als er sie sanft an den Schultern fasste und langsam zu sich herumdrehte, fühlte sich Tatjana gemeinsam mit ihm wie in einer Luftblase gefangen. Keiner von beiden hörte mehr ein Geräusch von draußen.

      »Die Torte … sie war für dich … und dann hat Frau Bärwald einfach ein Stück abgeschnitten …«, stammelte sie, um überhaupt irgendetwas zu sagen.

      Doch Danny hörte ihr gar nicht zu. Er schloss sie in seine Arme und zog sie an sich.

      »Ich liebe dich!«, raunte er ihr ins Ohr und knabberte zärtlich daran. »Tu das nie wieder! Hörst du?«

      Vor Glück und Erleichterung schwankte der Boden unter Tatjanas Füßen. Gleichzeitig erwachte der Kobold in ihr zu neuem Leben.

      »Was soll ich nie wieder tun? Frau Bärwald ein Stück von deiner Torte abgeben?«, fragte sie und lächelte ihn so schelmisch an, dass es kein Halten mehr gab.

      »Das auch!«, gab Danny heiser zurück und verschloss ihren Mund mit einem Kuss, den sie nie mehr wieder vergessen würde.

      *

      An diesem Abend wartete Felicitas Norden vergeblich auf ihren Mann. Sie ahnte nicht, dass Daniel vor einem fremden Haus stand und mit sich haderte. Zwei, drei Mal hatte er die Hand gehoben, um auf die Klingel zu drücken, und sie jedes Mal wieder sinken lassen.

      »Warum stellst du dich eigentlich so an? Du bist dir sicher, dass damals nichts passiert ist«, sprach er sich selbst Mut zu. »Wovor hast du Angst?« Die Antwort auf diese Frage brachte die Entscheidung. Auch wenn Wendy ein ungutes Gefühl hatte, gab es keinen Grund, Angst zu haben, und schließlich drückte er entschieden auf den Klingelknopf. Eine Weile passierte gar nichts, und Daniel wollte sich schon abwenden, um in die Klinik zu seiner Frau zu fahren, als Schritte zu hören waren. Gleich darauf öffnete Marion Körber die Tür. Ein Strahlen erhellte ihr immer noch apartes Gesicht.

      »Daniel! Du hast dich nicht verändert.«

      Nur dunkel erinnerte sich Daniel Norden an die Begegnung von damals und hätte sie keinesfalls wiedererkannt.

      »Frau Körber …«

      »Ich bitte dich«, unterbrach sie ihn und lachte auf. »Damals waren wir doch schon weiter. Viel weiter.«

      »Ich weiß gar nicht, wovon Sie sprechen«, setzte er sich energisch zur Wehr. Sein Unwohlsein steigerte sich ins Unermessliche. Welches Spiel spielte diese Frau?

      Doch sein Widerspruch verhallte ungehört.

      »Du musst dich nicht vor mir verstellen, Daniel«, erwiderte Marion weich und nahm ihn sanft am Ärmel. »Du musst keine Angst haben. Ich verrate dich nicht.«

      Unwillig folgte Daniel ihr ins geschmackvoll eingerichtete Wohnzimmer. Es war offensichtlich, dass Marion Körber keine finanzielle Not litt.

      »Was sollten Sie verraten?«, fragte er verständnislos und setzte sich in den Sessel, den sie ihm anbot. Unter normalen Umständen hätte er dieses Haus niemals betreten. Doch er sah nicht die Frau, sondern nur die schwer kranke Patientin. Er sah nur seinen Auftrag als Arzt, den er erfüllen musste. »Es muss sich um eine Verwechslung handeln.«

      Marion hatte sich ihm gegenüber auf die Couch gesetzt. Allmählich verschwand die Freude aus ihrem Gesicht.

      »Aber Daniel, wie könnte ich dich je verwechseln? Kein Mann hat mich je so behandelt wie du. Niemand war so zärtlich und aufmerksam, so gefühlvoll …« Das Ende des Satzes schwebte unausgesprochen in der Luft.

      Allmählich wurde Dr. Norden böse.

      »Frau Körber, das geht jetzt wirklich zu weit!«, verwahrte er sich gegen diese Unwahrheiten. »Ich weiß, dass wir vor vielen Jahren einen netten Abend im Kreise einiger Kollegen verbracht haben. Nicht mehr und nicht weniger. Danach haben sich unsere Wege getrennt. Ich weiß nicht, woran sie sich zu erinnern meinen.«

      Mit jedem Wort wich mehr Farbe aus Marions Gesicht. Ineinander verkrampft lagen ihre Hände in ihrem Schoß.

      »Das ist nicht dein Ernst. Du kannst doch nicht vergessen haben, was zwischen uns passiert ist«, stammelte sie fassungslos. Sie war den Tränen nahe. »Warum bist du dann überhaupt gekommen?«

      Wie sie so vor ihm saß, nicht mehr als ein Häuflein Elend, tat sie Daniel fast leid. Dennoch wahrte er Abstand.

      »Ich bin gekommen, um Sie von der Notwendigkeit einer Operation zu überzeugen«, erklärte er sehr ernst und sachlich.

      Marion sah ihn an. Ihre Unterlippe zitterte.

      »Aber ich … ich habe eine minderjährige Tochter, die niemanden sonst auf der Welt hat. Ich kann sie nicht im Stich lassen.«

      Erleichtert stellte Daniel fest, dass es ihm offenbar gelungen war, das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.

      »Es ist lebensnotwendig, dass Sie sich operieren lassen. Nur dann gibt es eine Chance, dass Sie wieder gesund werden. Das müssen Sie mir glauben.«

      »Glauben?« Marion lachte unter Tränen. »Ich habe dir schon mal geglaubt. Und das ist dabei heraus gekommen.«

      Daniel verstand kein Wort von dem, was sie ihm klarzumachen versuchte.

      »Wie meinen Sie das?«, fragte er irritiert.

      Marion bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Als sie nach einer gefühlten Ewigkeit wieder aufblickte, war ihre Miene erschreckend bitter, der Ausdruck in ihren Augen kalt und hart.

      »Ganz einfach«, sagte sie mit klirrender Stimme. »Ich habe deinen Sohn gesehen. Er hat die Augen meiner Tochter.«

Eifersucht ist eine Sucht

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