die Tür ist zu«, sagt Mikel Todhunter leise. »Der verfluchte Hund hat mich eingelocht wie einen verdammten, einfachen Cowboy. Was ist, Clem, was hängt da? Ich komme nicht ran.«
»Paß auf«, zischelt Tuttle. »Da hängt ein Colt. Ich habe ihn umwickelt. Ich lasse ihn nach innen schwingen und am Riemen hinab. Paß auf, kannst du ihn verstecken?«
»Wenn ich ihn habe, ja. Laß ihn kommen. Sonst was los?«
Clem Tuttle zaudert. Er kennt Mikel und seine Gemeinheit zu gut. Und dann sagt er leise:
»Wir werden, Old James und ich, gegen Mittag einen Besuch machen. Wir werden Waffen tragen, aber er wird sie uns nicht mit in das Jail nehmen lassen. Mikel, dies ist deine letzte Chance. Nimm den Riemen deiner Hose. Hast du ihn?«
»Ja!«
»Gut«, sagt Tuttle. »Nimm den Riemen, wenn wir mit dir gesprochen haben. Und dann hänge dich auf. Binde ihn an die Käfigstäbe und…«
Er liegt auf dem Dach und sein Flüstern reicht keine vier Schritte weit. Und er läßt sich von Mikel versprechen, daß Mikel alles so tun wird, wie es der alte Mann haben will.
»Mach keinen Unsinn«, warnt ihn Tuttle zischend. »Ein falscher Schritt von dir und der Teufel soll dich holen. Der Alte wird dir dann nicht mehr helfen. Hast du verstanden?«
»Ja, in Ordnung«, flüstert Mikel von unten, und Tuttle schwingt den Riemen hin und her. Zweimal schlägt der Colt an, beim dritten Versuch ist er durch den Spalt.
Und dann läßt Tuttle den Riemen immer tiefer, bis er den Zug an ihm verspürt. Es dauert nicht lange, dann zieht er den Riemen hoch.
»Sei friedlich, und heule ihm etwas vor«, sagt Tuttle warnend. »Benimm dich nicht eine Spur anders als immer. Ich muß weg, es wird hell.«
Er huscht zurück, klettert wieder auf den dicken Ast des Baumes und sieht sich argwöhnisch um. Und dann ist er am Baumstamm herab und gleitet auf dem Hof auf seiner Spur zurück. Hastig verwischt er mit seiner Hutkrempe alle Trittspuren, wechselt wieder über den Zaun und läuft hastig zu seinem Pferd.
Wenig später, der Morgen zieht strahlend über den östlichen Horizont, hängt er im Sattel und prescht, als wenn er den Teufel im Nacken hat, über die Weide davon.
In der Stadt erwacht das Leben, der Doc geht über die Straße und sieht, wie weit offen die Fensterladen des Office sind.
Aus dem Fenster sieht Clanton heraus und blickt auf die Straße. Er sieht den Doc gehen und ruft ihn an.
Sie reden kurz miteinander. Clanton macht die Hintertür des Office vorsichtig auf und blickt in den Hof.
Hastig und sichernd geht er in den Hof, starrt genau unter dem schmalen Loch in der Jailmauer auf den Boden und betrachtet seine Leiter, die am Dach des Stalles am Haken hängt. Er untersucht die beiden Enden der Leiter nach Sandspuren, aber er findet keine. Und Eindrücke unter der Scharte in der Jailmauer findet er auch nicht.
Er geht wieder ins Haus zurück, aber er ist so vorsichtig, die Türen geschlossen zu halten und die Schrotflinte immer griffbereit zu haben.
Wenig später sieht er den Doc zurückkommen und macht das Fenster ein wenig auf. Der Doc bleibt vor ihm stehen, zuckt die Achseln und sagt heiser:
»Ich glaube, unser Freund Walburn wird noch heute sterben. Dieser Narr, ich hatte verboten, ihm Wasser zu trinken zu geben.«
»Yes, und?« fragt Allen Clanton heiser. »Was hat er angestellt?«
»Sie haben nicht an die Kanne auf dem Waschtisch in dem Zimmer gedacht«, sagt der Doc bitter. »Dieser Narr ist trotz der Verletzung im Bett hochgekrochen und hat die Kanne erwischt. Und er hat getrunken. Jetzt liegt er im Bett und hat so hohes Fieber, daß ihm nicht mehr zu helfen ist. Soll er es schlucken, was trinkt er.«
Er sieht sich um, aber die Stadt ist ganz ruhig und auf der Straße kein Flying-H-Reiter zu sehen. Der Doc murmelt leise:
»Er war immer rauh, der alte Bursche. Allen, paß auf, daß er nicht mit seiner ganzen Mannschaft kommt und dich ausräuchert. Sie können von drei Seiten kommen, und du kannst nicht überall hinschießen. Junge, es sieht böse aus, wenn er es rauh macht. Und sicher nimmt er keine Rücksicht darauf, daß du sein Neffe bist. Ich kenne ihn gut genug!«
»Vielleicht sagt er sich langsam, daß Mikel nicht mehr zu bremsen ist, und wird vernünftig«, sagt Allen Clanton grimmig. »Hier ist mein Gesetz. Und ich führe es aus. Er bekommt ihn nur über mich. Tu mir einen Gefallen, geh zu Velopes und sage ihm, er soll mir Frühstück für zwei Mann schicken. Machst du das?«
»Natürlich!«
Der Doc dreht sich um und geht zurück. Es dauert nicht lange, dann brüllt nebenan Mikel Todhunter heulend nach dem Doc. Er jammert wieder über seine brennende Wunde, und Clanton macht grimmig die Zellentür auf.
Mikel liegt auf seiner Pritsche und heult ihn an. Er kreischt vor Wut und Grimm, daß er eingesperrt ist, beschimpft Allen auf die fürchterlichste Art und sagt heiser:
»Du Lump, du willst mein Vetter sein? Der Teufel soll dich holen! Aaah, der Alte wird mit der ganzen Mannschaft kommen. Noch nie hat ein Todhunter im Jail gesessen. Er wird dich in den Straßenstaub hämmern lassen und deinen Qrden von deiner Weste abreißen. Ich sage dir, er holt mich hier raus. Meine Hüfte brennt wie Feuer. Du verdammter Bursche, du hinterhältiger Schuft! Mich umzuschlagen und…«
Allen kommt an das Gitter heran und sagt grimmig:
»Wenn du noch weiter heulst, komme ich herein und werde dich verprügeln. Vielleicht bist du dann endlich ruhig. Willst du essen oder…«
»Aah, verhungern lassen willst du mich auch noch, was?« fragt Mikel giftig. »Du Hundesohn, ich sage dir, bring mir was zu essen, oder ich werde mich beschweren. Und Dad wird dir eine Tracht Prügel geben lassen, daß Clays Prügel dagegen ein Spaß waren.«
Er steht auf und kommt humpelnd und wütend die Fäuste schüttelnd an das Gitter heran.
Allen Clanton starrt auf die Pritsche und blickt unter sie. Er sieht auf die Decke und betrachtet sie genau, er sieht auch unter die Pritsche, aber er braucht nicht zu befürchten, daß Mikel eine Waffe versteckt hat. Er sieht keine und hat ihm alles weggenommen, vom Messer bis zu den Streichhölzern.
Und vielleicht sollte er ganz nach oben in die Düsterheit des Balkenwerkes blicken. Dort liegt, eingewickelt und noch nicht aufgebunden, der eingewickelte achtunddreißiger Colt.
Mikel tobt und flucht. Und Clanton geht aus dem Jail und wartet, bis das Essen kommt. Er nimmt es dem Keeper von Velopes durch das Fenster ab und bringt Mikel eine Portion an das Gitter.
»Los, komm her und iß!« sagt er gallig. »Mikel, mach dir keine Hoffnungen, ehe der Alte dich herausholt, lege ich dich auf die Nase. Und wenn es das letzte in meinem Leben ist, was ich tun kann.«
»Was?« fragt Mikel keuchend. »Du Hundesohn würdest auf einen Gefangenen, der unbewaffnet ist, schießen wollen? Aah, verdammt, hoffentlich schießen sie dich gleich über den Jordan. Verdammter Halunke, laß mich allein essen. Mir wird schlecht, wenn ich dich bloß sehen muß.«
Und dabei lügt er nicht einmal. Er denkt voller Wut und Haß an Allen Clanton, der ihn einsperrte und nicht auf seinen Namen Rücksicht nahm. Es ist das erste Mal, daß Mikel in einem Jail steckt. Und in seinem hochmütigen Verstand ist diese Demütigung schlimmer als eine anständige Tracht Prügel oder seine Verletzung.
Allen Clanton geht brummend aus dem Jail, läßt die Tür aber offen und beobachtet Mikel verstohlen, der sein Essen verschlingt wie ein Wolf.
»Daß du verdammter Mörder auch noch essen kannst«, sagt Clanton bitter, als Mikel nach mehr Fleisch schreit. »Du bekommst nicht mehr, das ist deine Ration. Hör auf zu brüllen, Mikel, ich komme sonst doch noch herein und verprügele dich.«
Mikel flucht heiser und wirft sich auf die Pritsche. Dort bleibt er liegen und beschimpft Allen eine Weile, bis Clanton die Tür zuwirft.
Mikel